18. Die seelischen Eigenschaften der fälischen (dalischen) Rasse

L e n z¹   findet bei der fälischen Rasse nicht den gleichen Drang in die Ferne wie bei der nordischen, vielmehr ein Haften am Hergebrachten und an der Heimat. Er findet den fälischen Menschen eher noch zuverlässiger als den nordischen, zu Grübelei geneigt, zu „Tiefe“ und „Innerlichkeit“. Noch weniger als der nordische Mensch neige der fälische zur Einfühlung in das Wesen anderer Menschen. Verschlossenheit, ja Starrköpfigkeit kennzeichneten ihn, er neige mehr zu Baukunst und bildenden Künsten als zu Tonkunst und Beredsamkeit. Innerhalb eines Volkes sei er mehr zu wuchtiger Stoßkraft unter Führung nordischer Menschen geeignet als zur Führung selbst. „Allerdings zeigen mehrere der größten Führer der Deutschen einen starken Einschlag der blonden Hünenrasse, z. B. Bismarck und Hindenburg. Gerade wenn die atlantische (fälische) Schwere sich mit der nordischen Kühnheit paart, entstehen Gestalten von megalithischem Ausmaß.“²

K e r n³   hat diesem Bilde weitere Züge hinzugefügt, wovon im folgenden einiges: Der fälische Mensch verstecke sein Inneres, doch ruhe sein Blick bedächtig, freundlich und ohne Neugier auf dem Unterredner. Ruhige Wärme des Gemüts gehe von der fälischen Frau aus. Fälische Knechte eigneten sich besonders gut zum Ochsenlehren, wozu Geduld, Kraft, gutmütige Gewaltsamkeit gehöre. Leicht fühle sich der fälische Mensch zurückgesetzt, doch neige er nicht dazu, sich anderen überlegen zu fühlen. Eine bärenhafte Mischung von wohlwollender Rauheit und trockener Schelmerei kennzeichneten den fälischen Menschen; er sei mehr standhaft als beweglich, mehr in der Abwehr stark als zum Angriff geneigt, mehr gediegen als vielseitig, mehr nüchtern als kühn, mehr freiheitsliebend als herrschsüchtig, mehr gewichtig als schöpferisch. —

Es handelt sich also um eine auch seelisch „schwere“ Rasse, einen auch seelisch minder beweglichen Menschenschlag. Züge wie Angriffslust und Führerdrang fehlen, Züge wie Gediegenheit und unbedingte Zuverlässigkeit, wuchtiges Standhalten und unerschütterlich ruhiges Ausführen gefaßter Entschlüsse treten besonders hervor. Selbst „schwer“, nimmt der fälische Mensch auch das Leben schwer. Nie könnte er leichtsinnig, übermütig, tollkühn werden wie nordische Menschen. Immer beherrscht ihn ein Drang zu Gewissenhaftigkeit und Rechtschaffenheit. Dabei ist er, wenn ihm Unrecht getan wurde, geduldiger als der nordische Mensch, mehr Grübler über das menschliche Treiben um ihn herum, — sofern er nur selbst einen Bereich zur Betätigung seines festen Willens um sich sieht — als der zum Gestalter, „Organisator“ menschlicher Verhältnisse wie zum Staats-

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¹  L e n z  in Baur-Fischer-Lenz, Bd. I, 3. Aufl., 1927.

² Hier könnte man auch Männer wie Washington und Björnson nennen.

³  K e r n,  Stammbaum und Artbild der Deutschen und ihrer Verwandten, München 1927.


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Die fälische Rasse (seelisch)

männischen neigende nordische Mensch. Ist dem nordischen Menschen eine Treue eigen, welche im Grunde zumeist Treue zu sich selbst und um der Selbstachtung willen ist, so kann man beim fälischen Menschen, so wenig entgegenkommend, so verschlossen er sein mag, fast von einem Treuebedürfnis reden, von dem Verlangen, sich einem Vorsatz oder Menschen gegenüber als unbedingt zuverlässig zu bewähren. Daher fand   K e r n   den fälischen Menschen besonders geeignet zum guten Vorsitzenden, Ordnungsbeamten, Vertrauensmann, Schutzmann und Pförtner. Daher auch ein gewisser Schlag des Wirtschaftsführers im rheinisch-westfälischen Industriebezirk, der selbst ruhig-zuverlässig ist und von dem etwas Beruhigendes ausgeht. Das Treuebedürfnis des fälischen Menschen mag öfters von minder rechtschaffenen Menschen ausgenützt werden, die wissen, „was sie an einem solchen Menschen haben“, ohne darin einen Ansporn zu gleicher Zuverlässigkeit zu verspüren.

Mag der fälische Mensch in Haltung und Auftreten mindestens fürs Erste abweisend, sehr abwartend, ja mißtrauisch-verschlossen, klotzig und starrköpfig erscheinen, oder vermag er auch auf höherer Gesellschaftsstufe, wo das flüssigere nordische Vorbild der Haltung gilt, kaum seine wenig verbindliche Gemessenheit, Abgeschlossenheit, ja rauhe Würde, einem etwas beweglicheren Geiste anzupassen, so verrät der fälische Mensch doch bei vertrauterem Umgang bald, daß er wärmer und gutmütiger ist als der nordische, zugleich rauher und herzlicher. Wärmer ist der fälische Mensch auch in seinem Glaubensleben; die „warmherzige Hingabe an die Welt des Überirdischen“, welche   W i l d h a g e n¹   beim Niedersachsen findet, beim Engländer vermißt, mag hauptsächlich dem fälischen Einschlag im niedersächsischen Stamme zuzuschreiben sein.² Erscheint der nordische Mensch auch im Glaubensleben mehr von Willen durchdrungen, so der fälische mehr von Gemüt. Ist der nordische kühner, so der fälische innerlicher. Erscheint der nordische als vordringend, dem Neuen und Fremden mehr zugeneigt und damit immer wieder als Gestalter neuer Gedanken, vor allem in Naturwissenschaft, Technik und Staatsleben, so der fälische Mensch als besonders beharrend, ja bis zum Eigensinn und bis zur Querköpfigkeit beharrend. Er kann sich gegen Menschen und Gedanken sperren mit einem felsigen Trotz, der lange unter scheinbarer Langmut verborgen bleiben kann, ehe er wuchtig hervorbricht. Während die kühne Willenskraft des nordischen Menschen mehr im Angriff erscheint, so die trotzige Willenskraft des fälischen mehr in der Abwehr.³ Der Hofschulze in   I m m e r m a n n s   „Der Oberhof“ zeigt fälische und fälisch-nordische Züge seelischen Verhaltens; fälische Züge zeigt Meister Anton in   H e b b e l s   „Maria Magdalene“.

Hauptsächlich innerhalb der fälischen Rasse finden sich die Menschen, die in jeder Hinsicht „nicht vergessen können“. Fälische Menschen stehen anderen

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¹  W i l d h a g e n,  Der englische Volkscharakter, 1925.

² Einem Einschlag, der im Angelsachsentum geringer ist, obschon es aus dem gleichen deutschen Nordwesten stammt, da eben die nach den britischen Inseln ausgewanderten Germanen anscheinend eine nordischere Auslese darstellten, die Seßhafteren gleichen Stammes eine fälischere Auslese.

³ Das bekannte Wort des in der Hauptsache wohl fälisch-ostischen Luther vor dem Reichstag zu Worms scheint mir von echt fälischem Klang zu sein.


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Die fälische Rasse innerhalb des Volkslebens

gerne bei, wenn die anderen nicht darum bitten; sie selbst lassen sich aber kaum einmal helfen. Wucht bezeichnet wie leiblich so auch seelisch das Bild der fälischen Rasse. Ihr eignet etwas Urtümliches. Man vermeint beim Betrachten des leiblich-seelischen Bildes der fälischen Rasse beinahe die Abstammung dieser Rasse von einem Menschenschlag der Altsteinzeit, von irgendwelchen „Riesen der Vorzeit“ zu empfinden.¹

Bei solchen seelischen Zügen der fälischen Rasse wird man vermuten dürfen, daß sie innerhalb des deutschen Volkes am ehesten im Bauernstande, vor allem im Großbauernstande und auch im Gutsbesitzertum sich wohl fühlt — dies vielleicht der Hauptgrund der Erhaltung und Reinerhaltung der fälischen Rasse seit dem Zeitabschnitt ihrer Stammrasse, der Rasse von Cro-magnon. Es hat auch den Anschein, als sei die fälische Rasse in den deutschen Landschaften, in denen sie verhältnismäßig stärker vertreten ist, viel mehr auf dem Lande ansässig als in der Stadt wohnhaft.

Unter den Bildern schöpferischer Menschen findet man ziemlich häufig solche, die einen Menschen mit stärkerem fälischem Einschlag darstellen. Daraus muß, wie aus dem seelischen Verhalten fälischer Menschen, auf eine bestimmte Bedeutung der fälischen Rasse für die Völker, unter denen sie vertreten ist, geschlossen werden.

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¹ Es ist wahrscheinlich die Rasse, welche die Landsknechte gestellt hat, die das Zweihänderschwert handhaben konnten. Dazu gehörten sehr hochgewachsene, bis zu 2 m hohe Männer, mit breitem, festem Stand.


Abb. 377. Achtzigjährige aus dem westfäl. Dorfe Westünnen bei Hamm, die meisten vorw. fälisch oder fälisch-nordisch, einige vorw. nordisch


Hans F. K. Günther, Rassenkunde des deutschen Volkes (München: J. F. Lehmanns Verlag, 1934), S. 241-243, 273.

This work was digitalised by Karl Earlson
2003


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