Erster Abschnitt

DIE RASSENGESCHICHTE DER FRANZÖSISCHEN NATION

1. GRUNDFRAGEN DER HISTORISCHEN RASSETHEORIE

D

rei Arten der Geschichtstheorie haben sich im Laufe der Zeit herausgebildet, die spiritualistische, die materialistische und die anthropologische.

Die spiritualistische, wohl die älteste von den dreien, ging aus der theologischen Weltbetrachtung hervor. Nach ihr sind die geistigen Kräfte und sittlichen Ideen die entscheidenden Faktoren in der Geschichte. Sofern sie die persönlichen Träger dieser Kräfte besonders hervorhebt, ist sie eine heroische Geschichtsauffassung zu nennen, wie sie von Carlyle, Emerson und Nietzsche vertreten wurde; sofern sie den geistigen Vorgang selbst als das Wesentliche betrachtet, nähert sie sich der Hegelschen Methode, welche die Geschichte in einen logischen Prozeß auflöst.

Die materialistische Auffassung sieht im geographischen Milieu, in der wirtschaftlichen Produktion und in der sozialen Umgebung die Faktoren, welche die Schicksale der Völker und der einzelnen bestimmen. Nach ihr ist der Mensch ein „Produkt der Verhältnisse“.

Die anthropologische Auffassung leugnet keineswegs den Einfluß des physikalischen und sozialen Milieus und die Bedeutung der Persönlichkeiten und der Ideen in der Geschichte, sie begnügt sich aber nicht mit der Annahme dieser materiellen und ideellen Faktoren, sondern sucht die natürlichen Träger und Erzeuger der Geschichte in ihrer verschiedenen Gestaltung als Rasse, Stamm, Familie und Individuum in den Mittelpunkt des historischen Interesses zu rücken. Sie lehrt, daß die geistigen und materiellen Faktoren auf die Menschen selbst, auf ihre Aktionen und Reaktionen bezogen werden müssen, die durch eine bestimmte psycho-physische Organisation naturgesetzlich bedingt sind.

Die anthropologische Betrachtung bezieht sich sowohl auf die allgemeinen Gattungseigenschaften der Menschen, welche die Grundlage der in großen Zügen gleichartigen Entwicklung aller Völker bilden, als auf die speziellen Rasseneigenschaften, welche die verschiedene Höhe und Art der Kultur bedingen. Denn wie sehr man sich auch bemühen mag, für diese Abstände und Unterschiede der Kultur Milieueinflüsse geltend zu machen, so ist doch die Art und Weise, in welcher die Rassen sich dem gleichen Milieu gegenüber verhalten, in großem Maße verschieden. Höchste Kulturleistungen können nur da vollbracht werden, wo günstiges Milieu und hohe Begabung zusammentreffen. So war es in Athen, in Rom, in Florenz. Andererseits sehen wir, daß eine begabte Rasse in einem ungünstigen Klima, wie in Skandinavien, relativ Großes hervorzubringen vermag, in Gesittung und Bildung zum Kreis der höchstzivilisierten Völker gehört, während die minder begabten Türken in einem der herrlichsten Gebiete der Welt ein hindämmerndes Pflanzenleben führen und in halber Barbarei verharren. Jahrtausende lang haben mongolische und schwarze Völker die Schätze der Natur ungenutzt und ungesucht liegen lassen, und erst der weiße Eroberer mußte kommen, um kraft seiner höheren Energie und Intelligenz, mit vollkommeneren Methoden, den Kampf mit der Natur aufzunehmen und neue Quellen des Lebensunterhaltes zu erschließen.

Die ganze Geschichte des Menschengeschlechts ist ein offenkundiger Beweis für die Bedeutung der Rassen in der Kulturentwicklung. Nur Vorurteil und Unwissenheit hat diese Tatsache verdunkelt. Daß die Rassetheorie in der historischen und sozialen Wissenschaft sich nur schwer durchsetzt, hat zum guten Teil seinen Grund darin, daß immer wieder die Begriffe Rasse, Volk und Staat verwechselt werden. Rasse ist eine in ihren leiblichen und geistigen Merkmalen übereinstimmende Lebenseinheit von Individuen gemeinsamer Abstammung; Volk ist eine Sprach- und Sittengemeinschaft, und Staat eine bestimmte Stufe der politischen Organisation. Wir müssen uns aber daran gewöhnen, die Rasse als einen naturwissenschaftlichen Begriff nach den Regeln der zoologischen Forschung aufzufassen. Politische und linguistische Erwägungen haben daraus gänzlich auszuscheiden.

Die Lehre von der Rassengliederung des Menschengeschlechts hat eine hundertjährige Geschichte hinter sich. Linné, Blumenbach, Klemm, Retzius sind wohl diejenigen, denen die Rassenlehre die größten Fortschritte verdankt. Ihre Systeme gründeten sich auf ein oder einige physische Merkmale, wie Hautfarbe und Schädelform; aber inzwischen ist es eine der wichtigsten Erkenntnisse der Anthropologie geworden, daß die Rassen des Menschengeschlechts in bezug auf alle Merkmale einer vergleichenden Untersuchung unterzogen werden müssen. Als wichtigste anatomische Eigenschaften sind zu nennen: 1. Körpergröße, Proportionen, Sitzgröße, Beinlänge, Klafterspannung; 2. Schädel- und Gesichtsform; 3. Pigmentierung von Haar, Haut und Auge; 4. Haarform und Haarverteilung; 5. Gehirnform; 6. atavistische Merkmale. Dazu kommen physiologische Unterschiede, wie Akklimatisationsfähigkeit, Wachstumsschnelligkeit, geschlechtliche Reife, Hautgeruch, und schließlich psychologische Merkmale, deren Erforschung die Aufgabe der Rassenpsychologie ist, derwichtigsten und zugleich schwierigsten Hilfswissenschaft für Geschichte und Soziologie.

Wenn es auch keine „rassereinen Völker“ mehr gibt und vielleicht nie gegeben hat, so hat es doch immer „reine Rasse“ gegeben und gibt es auch heute noch, in einzelnen Individuen, Familien und größeren Gruppen. Relativ rassereine Völker existieren noch in der Gegenwart, z. B. die Schweden und Spanier, da bei den ersteren die nordische, bei den letzteren die mittelländische Rasse überwiegt. Der von den Gegnern so oft gehörte Einwand, daß es rassereine Völker nie gegeben habe und nicht mehr gebe und daß daher der Rasse überhaupt keine Bedeutung beizulegen sei, ist gänzlich unbegründet, da er von falschen methodischen Voraussetzungen ausgeht. Die historische Anthropologie sucht gerade das Übereinanderschichten und das Durcheinanderwürfeln der Rassen und den Einfluß dieser Vorgänge auf die soziale und geistige Entwicklung offenzulegen. Dadurch wird die Fragestellung nicht aufgehoben, wie man meint, sondern nur verwickelter und schwieriger. Denn es könnte ja sein, daß ganz bestimmte Rassenbestandteile im Organismus eines Volkes für seine Geschichte von größerer Bedeutung sind als andere, und daß die Art und Menge der verbundenen Elemente den Gesamtwert des Volkes beeinflußt.

Es ist einleuchtend, daß die Rassen in ihren Merkmalen nicht absolut voneinander geschieden sein können, denn sie gehören alle zur gemeinsamen Gattung des homo sapiens, und die Entstehungs- und Erhaltungsbedingungen auf der Erdoberfläche zeigen trotz vieler Verschiedenheiten doch eine gewisse Gleichheit der Grundbedingungen menschlichen Lebens. Daher kommt es, daß die Rassen in manchen Merkmalen sich einander nähern, sei es daß darin eine größere genetische Verwandtschaft zum Ausdruck kommt, oder sei es daß sie als voneinander unabhängige Analogiebildungen aufzufassen sind. Doch sind viele sogenannte Übergangsmerkmale in den meisten Fällen als Wirkungen der Rassekreuzung aufzufassen, die in vieltausendjährigem Durchdringen eine abgestufte Reihenfolge von zwischenliegenden Eigenschaften herausgebildet hat, die erblichen Charakter angenommen haben. Auf diese Weise entstehen die sekundären oder historischen Rassen, wenn in diesen Kreuzungen eine bestimmte Rasse überwiegt oder bestimmte Merkmale eine besonders starke erbliche Durchschlagskraft bei der Verschränkung der Eigenschaften zutage treten lassen. Durch natürliche und gesellschaftliche Auslesevorgänge können diese Übergangsmerkmale so fixiert werden, daß sie eine einheitliche Rasse vortäuschen. Eine solche sekundäre Rasse ist z. B. die jüdische. Obgleich sie aus drei oder vier Rassenelementen zusammengesetzt ist, besitzt sie doch in der sogenannten hethitischen Physiognomie ein vorwiegendes Merkmal, das sie von den europäischen Rassen deutlich unterscheidet, mit denen sie sonst manche nahen Beziehungen hat. Diese sekundären Rassen bilden die organische Grundlage des Völkerlebens und des Nationalcharakters, der durch soziale Tradition und eigenartige Geschichte zur Ausbildung gelangt.

Früher war man der Ansicht, und es gibt auch heute noch Autoren, die daran glauben, daß die körperlichen Merkmale der Rassen in kurzer Zeit durch Milieueinflüsse umgewandelt werden könnten. So vertraten manche die Meinung, daß aus Langköpfen in historischer Zeit Rundköpfe hervorgegangen seien; daß die helle oder dunkle Pigmentierung jeweilig von der Höhenlage des Wohnorts, daß die Schädelform von der Art der vorherrschenden Beschäftigung der Rassen abhängig sei und daß die Kultur als solche das Gehirn breiter mache. Manche Beobachtungen über die geographische Verteilung der Pigmentmerkmale und die in einzelnen Ländern Europas eingetretene Verdrängung von Langköpfen durch Kurzköpfe scheinen für eine solche Ansicht beweisend zu sein. Aber viele andere Beobachtungen widersprechen dieser Auffassung, und heute hat sich fast allgemein die Überzeugung Bahn gebrochen, daß die Rassen Dauertypen sind und den äußeren Milieueinflüssen kraft ihrer ererbten Energie widerstehen. Diese Beständigkeit der Rassenmerkmale ist natürlich nur eine bedingte und gilt nur für historische Zeiten, während innerhalb biologischer Perioden das große Gesetz der Entwicklung seine Gültigkeit behält. Aber seit der diluvialen Epoche müssen die Menschenrassen in ihren wesentlichen Merkmalen als konstante Typen angesehen und als solche in die Tafeln der Geschichte eingetragen werden.

Die Hypothese von der schnellen Wandelbarkeit der physischen Merkmale hat ihren Grund in der traditionellen Verwechslung von Rasse und Volk. Die tatsächlich vorkommenden Veränderungen in der körperlichen Struktur eines Volkes sind aber auf ganz andere Ursachen als Einflüsse des Milieus oder der natürlichen Differenzierung zurückzuführen, sondern auf das völkergeschichtlich so bedeutsame Prinzip des Rassenwechsels, der durch Rassenkreuzung und natürliche Auslese hervorgerufen wird. Gobineau, Durand de Gros, Lapouge, Penka, Collignon, Wilser, Ammon haben diesen Rassenwechsel bei den europäischen Völkern durch eine Reihe exakter Untersuchungen und scharfsinniger Betrachtungen aufgehellt. So ist in Frankreich an Stelle der blonden und brünetten Dolichocephalen ein kurzköpfiger Typus getreten, und in Indien ist der ursprünglich nordische Typus der Arier, wie Uifalvy gezeigt hat, durch Vermischung mit Dravidas fast ganz verschwunden.

Die historische Anthropologie hat bei zahlreichen Völkern einen derartigen Rassenwechsel aufgedeckt und zugleich erkannt, daß dieser anthropologische Faktor einen entscheidenden Einfluß auf die Geschichte der Nationen, auf die Blüte und den Verfall ihrer Kultur ausübt. Die Lehre von der Rassenstruktur und Rassengeschichte der Völker ist daher ein unerläßlicher Gesichtspunkt für den Geschichtstheoretiker, der die Ursache und Gesetze des historischen Werdens und Vergehens erkennen will.

Wohl sträubt sich das Vorurteil dagegen, daß die geistige Kraft und geistige Freiheit durch Knochenbau, Hautfarbe und Gehirnmasse bedingt sein soll. Und doch ist es ein Gesetz der organischen Schöpfung, daß die psychische Leistungsfähigkeit der Lebewesen durch die Höhe ihrer körperlichen Differenzierung begrenzt ist. Auf diesem Gesetz beruht der große Wert der Anatomie und Physiologie der Rassen, da sie die natürlichen Ursachen für ihre ungleich großen und ungleich gearteten Seelenanlagen verständlich machen. Eine Reihe solcher Beziehungen zwischen Rassenphysis und Rassenpsyche sind schon aufgedeckt oder mindestens sehr wahrscheinlich gemacht worden, in erster Linie Beziehungen zwischen Schädelgröße und Begabung, zwischen Schädelform und seelischer Eigenart, zwischen Geschlechtsreife und geistiger Entwicklung.

Ein Beispiel möge diesen Satz erläutern, nämlich die Frage, in welchen morphologischen und physiologischen Vorzügen die größere Leistungsfähigkeit der blonden weißen Rasse begründet ist. Die Ursache liegt, kurz ausgedrückt, in ihrer vollkommneren psychophysischen Organisation. Diese Rasse besitzt den durchschnittlich größten und kräftigsten Körperbau und verbindet damit eine Proportion der Glieder, die, nach dem goldenen Schnitt gemessen, zugleich eine zweckmäßige Verteilung der Massen und ein ästhetisches Ideal verwirklicht. Sie hat das durchschnittlich größte Gehirn und namentlich ein stark entwickeltes Vorderhaupt, das der Sitz der höheren geistigen Funktionen ist. Die helle Komplexion, weiße Haut, blauen Augen, blonden Haare sind nicht ein zufälliges Ausschmückungsstück der Natur, sondern der Ausdruck einer besonders günstigen Ökonomie in den Vorgängen des organischen Stoffwechsels. Bei der Heranzüchtung dieser Rasse hat das Zurücktreten des Pigmentes dem Aufbau des Gehirns gedient, und während bei den farbigen Rassen der starke Pigmentgehalt einen intensiven Stoffverbrauch verursacht, kommt er bei der hellen Rasse dem Gehirn- und Nervenleben zugute.1

Außerdem ist die späte Entwicklung der Pubertät zu nennen, die bei der hellen Rasse auf das Wachstum der intellektuellen Energie günstig einwirkt. Früh eintretende Geschlechtsreife ist dagegen eine wichtige Ursache der geistigen Minderwertigkeit der Negerrasse. Bis zur Geschlechtsreife ebenso geistig regsam oder gar noch regsamer als gleichaltrige Kinder der weißen Rasse, steht ihr Verstand im wahren Sinne des Wortes still, sobald die Pubertät eingetreten ist. Dieser Unterschied zeigt sich, wenn auch in geringerem Grade, sogar zwischen den brünetten und blonden Typen. Da aber Geschlechtsleben und geistige Fähigkeiten aufs innigste verknüpft sind, so ist es leicht verständlich, daß das Wachstum der Intelligenz durch die frühe Sexualreife und die darauf gerichtete Konzentration der Affekte gehemmt wird. Das langsamere Wachstum und die spätere Reife, habe ich anderswo bemerkt, ist die physiologische Ursache dafür, daß die Menschen der nordischen Rasse länger jugendlich bleiben. Die Farbigen und Brünetten werden früher alt und sind schneller erschöpft, während die Blonden bis ins höhere Alter köperliche Rüstigkeit und geistige Spannkraft bewahren können. In der Jugend ist der Mensch empfänglich und schöpferisch, und weil der blonde Mensch mit einem ausgebildeten Organismus ins tätige Leben tritt und weil seine Jugend länger dauert, ist seine Rasse an geistigen Taten und Schöpfungen allen anderen überlegen.

Es ist daher nicht zu verwundern, wenn in den Schulen die dunklen Brachycephalen und die dunklen Dolichocephalen durchschnittlich bessere Zensuren erlangen als die blonden Langköpfe, wie aus den Untersuchungen von Muffang, Ammon, Röse und anderen hervorgeht, denn in der Schule entscheidet mehr der Fleiß und die Frühreife als die angeborene Begabung. Aber alle diese Autoren stellen übereinstimmend fest, daß die Blonden in den geistigen Anlagen und Fähigkeiten jenen überlegen sind, die zu einer Zeit schon geistig selbständig werden, wo diese noch von der physischen Entwicklung in Anspruch genommen sind. Aber wenn sie heranwachsen, kommen ihre angeborenen höheren Anlagen zur vollen Entfaltung, und stellen sie unter den genialen Personen, auch in den vorwiegend brünetten Ländern, die überragende Mehrzahl dar.

Ist es nun ein Gesetz der Psychophysik, daß die geistigen Leistungen an die Differenzierung der physischen Organisation gebunden sind, und ist es eine unzweifelhafte Tatsache, daß die Rassen innerhalb historischer Zeit als organische Dauertypen betrachtet werden müssen, so ergibt sich daraus der Schluß, daß innerhalb der für die Geschichte in Betracht kommenden Zeit auch die angeborene psychische Energie im wesentlichen sich gleich geblieben ist. Dies wird durch eine objektive Erforschung der kulturellen Leistungen der einzelnen Rassen auf das deutlichste erwiesen. Dabei sind natürlich die Begriffe der Rassenstufen und der Kulturstufen wohl zu unterscheiden. Alle Rassen beginnen mit einfachen und rohen Zuständen der Gesellschaft und des Geistes, alle machen ein Stadium der Wildheit durch, eine geringe Zahl betritt den Weg des Fortschritts, und nur wenige erheben sich zu den Höhen der Zivilisation. Wir finden die Neger zu allen Zeiten auf fast der gleichen Stufe der Gesittung und Bildung, während die Arier in allen ihren Zweigen zu der obersten Stufe vorgerückt sind. Die gelbe Rasse nimmt eine mittlere Rangstufe ein, während die mittelländische Rasse sich der arischen nähert, aber ihre Höhe nicht erreicht. Die historische Zeit kennt nur eine Rassenentfaltung. Die „Geschichte“ der Rassen gleicht dem „Leben“ des Individuums. Was auch alles den äußeren Einflüssen zugerechnet werden mag, es bleibt bei beiden, bei Rasse und Individuum, ein bedeutungsvoller, in den meisten Fällen ausschlaggebender Rest, der nur auf die angeborenen und ererbten Kräfte und Eigenschaften zurückgeführt werden kann.

Die ökonomische und soziale Auffassung der Geschichte, die dem Milieu und der Masse eine entscheidende Rolle zuschreibt, ist daher im höchsten Grade einseitig und willkürlich. Milieu und Masse sind nur Bedingungen und Mittel der Geschichte. Die Geschichte selbst wird von Rasse und Genius erzeugt. Für die geistige Entwicklung ist dies eine so selbstverständliche Wahrheit, daß es sich nicht lohnt, jene proletarische Theorie ernsthaft zu erörtern, welche die Genies zu einem „Produkt der Verhältnisse“ erniedrigt.

In den meisten Fällen ist es der Beruf des Genies, gegen das Milieu, gegen die Masse und die Verhältnisse sich durchzusetzen und ein anderes Milieu und neue Verhältnisse zu schaffen. Auch in der politischen Geschichte wirken die Massen nur elementar, sie bedürfen der überlegenen Führer, die sie organisieren und erleuchten. Aber Masse und Masse ist nicht dasselbe, auch ihre Brauchbarkeit und Energie ist abhängig von der Rassenstruktur des Volkes, zu dem sie gehören.

2. DIE EUROPÄISCHEN MENSCHENRASSEN

Linné war wohl der erste, der den eigentlich europäischen Menschen (Homo europaeus L.) nach körperlichen und geistigen Merkmalen vom Amerikaner, Asiaten und Afrikaner abgrenzte. Er schrieb ihm gelbe Lockenhaare und blaue Augen zu. Blumenbach fand aber, daß es dem Europäer nahestehende Typen gibt, die nicht unter die anderen Gruppen eingereiht werden können, und schuf so den Begriff der „kaukasischen Rasse“ zu der auch die Nordafrikaner und die Vorderasiaten gerechnet wurden.

In der Folge war es nun das Bemühen der Anthropologen, die kaukasische Rasse näher zu zergliedern und in ihrem Kreise mehrere Varietäten aufzudecken. Der erste bedeutende Fortschritt in dieser Hinsicht ging von G. Klemm aus, der das ganze Menschengeschlecht in aktive und passive Rassen einteilte und bei der aktiven Rasse zwei besondere Gruppen unterschied, „zwei Hauptgeschlechter, die nebeneinander bestanden haben, ein dunkelhaariges mit schwarzen Augen und ein lichthaariges mit blauen Augen“. Doch ist er der Meinung, daß, wenn auch die Brünetten das numerische Übergewicht haben, „die blonden Stämme ihnen überall Bahn gebrochen, ein geistiges und sittliches Übergewicht gehabt haben und daß ihnen die Pflege des Fortschrittes der Menschheit vorzugsweise anvertraut zu sein scheint“.2 Diese brünetten Stämme der aktiven Rasse in Südeuropa, Nordafrika und Vorderasien wurden später von Broca und Huxley als homo mediterraneus bezeichnet.

Klemm machte ferner auf ein drittes Rassenelement in Europa aufmerksam, auf das schon Linné hingewiesen und das er homo alpinus genannt hatte. Er schreibt: „Auch Europa hatte eine passive Urbevölkerung, deren Überreste sich noch hier und da unter dem Landvolke nachweisen lassen. In den nach Norden zurückgedrängten Finnen, in den Bretons, den Iren und vielleicht den Slaven dürften Reste der passiven Urvölker sich nachweisen lassen, welche von den aus Asien gekommenen griechischen und germanischen Heldenscharen unterjocht wurden.“ Das niedere Volk in ganz Europa soll nach seiner Ansicht der passiven Rasse angehören.3

Wenn es auch heute gewiß ist, daß die germanischen und griechischen Heldenscharen aus Europa selbst stammen und im Gegenteil jene passive Urbevölkerung aus Asien herrührt, so hat doch Klemm das große Verdienst, als erster die drei europäischen Rassen deutlich unterschieden zu haben, die wir heute als homo europaeus, homo mediterraneus und homo alpinus bezeichnen. Pruner-Bey nannte die letztere auch „mongoloid“, eine Bezeichnung, die einige Berechtigung für sich hat und auch heute noch gebraucht wird.

In der Folge hat die von A. Retzius begründete Schädelmessung die genannten drei Typen noch genauer charakterisiert. Danach ist die nordische und mittelländische Rasse langköpfig, die alpine Rasse rundköpfig. Somit sind in Europa drei gut zu unterscheidende Rassen anzunehmen, deren physische Merkmale sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:

1. Homo europaeus, großgewachsen, schmaler langer Schädel, ebensolches Gesicht, blonde, weiche, oft gelockte Haare, blaue Augen, rosig-weiße Hautfarbe.

2. Homo mediterraneus, kleine oder mittlere Körpergröße, langköpfig und langgesichtig, schwarze Haare, braune Augen, braune Haut.

3. Homo alpinus, mittlere Gestalt, runder Kopf, breites Gesicht, schwarze Haare, braune Augen, gelbe oder braune Haut.

Alle diese Merkmale schwanken um einen mittleren Wert, doch ist die Variationsbreite bei den einzelnen verschieden groß. Was z. B. die Körperlänge anbetrifft, so ist in Süditalien, wo die mediterrane Rasse überwiegt, die durchschnittliche Größe etwa 160 cm. Ob es unter ihr reinrassige Individuen gibt, die 170 bis 180 cm Körperlänge besitzen, ist nicht sicher festgestellt. Manche Araber scheinen diese Größe zu erreichen, aber bei den Mediterranen Südeuropas sind sie jedenfalls sehr spärlich vertreten. Nach Ammon überschreitet der mediterrane Typus Europas selten 162 cm. Und in den meisten Fällen haben wir in großgewachsenen, dunkelpigmentierten Menschen Mischprodukte mit der nordischen Rasse zu sehen, namentlich wenn noch andere Zeichen der Mischung zu erkennen sind.

Die Verwandtschaft des alpinen Typus mit den echten Mongolen Asiens ist noch ein dunkles Problem. Besonders ist die Frage von Bedeutung, ob der alpine Typus ursprünglich geschlitzte Augen, gelbe Haut und straffe Haare gehabt, oder ob er diese Eigenschaften durch uralte Mischungen mit der mittelländischen Rasse verloren hat. Wahrscheinlich ist er eine rundköpfige Rasse selbständiger Bildung. Denn wenn der alpine Typus Schlitzaugen gehabt hätte, müßten diese auch heute noch häufiger als Rückschläge auftreten, und wenn in Europa hin und wieder solche gefunden werden, sind sie wohl eher als seltene Analogiebildungen oder als spätere mongolische Importe anzusehen, die aus Ungarn, Ostrußland oder der Türkei stammen.

Wilser schreibt indes dem homo alpinus straffe Haare zu, und Ammon teilt mir mit, daß er bei den badischen Untersuchungen bei relativ rassereinen Individuen dieses Typus hartes, drahtartiges Haar gefunden habe.

Alle drei Typen kommen in Europa rein oder gemischt vor, und zwar scheinen manche Kreuzungen bis in die Urzeiten zurückzureichen, so daß im Laufe der Jahrtausende durch natürliche Auslese und Anpassung bestimmte Mischtypen sich erblich gefestigt haben. Ammon hat in besonders lehrreicher Weise die Verschränkung der Eigenschaften bei der Kreuzung der blonden und alpinen Rasse beschrieben und dabei drei Abstufungen unterschieden. Danach sind bei der ersten Art die Körperformen und die Farbenmerkmale verschränkt; es kommen also beispielsweise hochgewachsene Leute mit Langköpfen vor, die dunkle Haare und Augen haben, andererseits kleine und rundköpfige Leute mit blauen Augen und blonden Haaren. Die zweite Stufe tritt ein, wenn zusammengehörige Gestaltsmerkmale oder wenn zusammengehörige Farbenmerkmale voneinander getrennt und mit fremden vereinigt werden. Es erscheint z. B. hoher Wuchs mit Rundköpfigkeit, Kleinheit mit Langköpfigkeit, blaue Augen mit dunklen Haaren usw. Die dritte Art ist bezeichnet durch Übergangsstufen der einzelnen Merkmale. Zwischen den blauen und braunen Augen bilden sich hellere und dunklere graue oder grünliche, zwischen den blonden und schwarzen Haaren braune und rote in verschiedenen Schattierungen, und an den Körpergrößen, Kopf- und Gesichtsformen, Nasen usw. tritt ebenfalls eine Bildung von Zwischenstufen durch Verschmelzung ursprünglich verschiedener Elemente zutage.4

Von besonderer Bedeutung ist es, unter diesen Kreuzungsprodukten die sogenannten pseudobrachycephalen, d. h. die falschen Kurzköpfe von den eigentlichen Rassebrachycephalen zu trennen, obgleich sie durch den gewöhnlichen Kopfindex in keiner Weise zu unterscheiden sind. Diese falschen Kurzköpfe können in zweifacher Weise entstehen, einmal, indem durch die Verbindung des kurzen und langen Schädels der erstere das Hinterhaupt verliert, dabei aber selbst schmal bleibt. Ein typisches Beispiel hierfür bietet die Kopfbildung von F. Nietzsche. Oder es verbindet sich die Länge des einen Schädels mit der Breite des anderen, wodurch eine Kopfbildung entsteht, die zugleich breit und lang oder eury-dolichocephal ist. Die breiten Langschädel, die sehr häufig vorkommen, treten auf den Indexlisten als „Brachycephale“ auf und erwecken dadurch die falsche Vorstellung, als ob die Brachycephalen einen größeren Schädelumfang und ein größeres Gehirn hätten als die Dolichocephalen nordischer Rasse.5

Bei der Kreuzung der alpinen und blonden Rasse besitzen nicht alle Merkmale dieselbe erbliche Durchschlagskraft. Nach Lapouge vererbt sich z. B. das lange Gesicht besser als der lange Schädel, die schmale Stirn besser als das Hinterhaupt, die hellen Augen eher als das helle Haar und der helle Bart eher als das Haupthaar.

Ähnlicher Art sind die Kreuzungen zwischen der nordischen und mediterranen Rasse; nur sind hier die Mischprodukte nicht so mannigfaltig, da Kopf- und Gesichtsform, sowie die Proportion der Glieder sich gleich sind, und nur die Körpergrößen und die Pigmentverhältnisse sich verschränken können. Unter den Kreuzungen sind besonders die schon erwähnten großgewachsenen Individuen mit ganz oder teilweise dunklem Pigment zu nennen, die man in Südfrankreich, Spanien und Italien antrifft.

Wie tiefgehend die Kreuzungen zwischen der blonden und brünetten Rasse sein können, zeigt z. B. eine familien-anthropologische Beobachtung, die zur Beurteilung der großgewachsenen brünetten Individuen besonders lehrreich ist. Es handelt sich dabei um eine etwas übermittelgroße Gestalt mit schwarzem Haar und Bart, dunkelbraunen Augen und mattem Teint, so daß jedermann den Betreffenden für einen echten Südländer halten würde. Deutet aber schon die übermittelgroße Gestalt und der etwas aufgehellte Teint auf eine Kreuzung mit der nordischen Rasse hin, so zeigt die Schädelmessung, daß die betreffende Person den großen dolichocephalen Schädel des germanischen Vaters geerbt hat, während das dunkle Pigment von der grazil gebauten mediterranen Mutter herrührt.

Repräsentanten dieses Mischtypus sind z. B. Ariosto und Velasquez, die beide aus germanischen Familien stammten; beide hatten dunkle Haare und dunkle Augen, aber eine hohe Gestalt, der erstere einen auffallend weißen, der letztere einen frisch-roten Teint. Erben solche Mischlinge von der brünetten Rasse auch noch den dunklen Teint, so wird die Feststellung des nordischen Bestandteiles in ihrem Organismus äußerst schwer, wenn in solchen Fällen der Typus der Eltern unbekannt ist und wenn Angaben über Kopfgröße fehlen oder sonstige Zeichen der Mischung, z. B. in der Jugend helleres Haar, nicht mehr festgestellt werden können.

Es gibt manche Anthropologen, die einige der genannten Mischtypen, die in größerer Zahl auftreten und sich erblich fixiert haben, für selbständige Rassen halten. Diese Auffassung ist ganz unbegründet. Wer sich mit Familienanthropologie und anthropologischer Genealogie beschäftigt, kann immer und immer wieder feststellen, daß wir es in ihnen mit einer Kreuzung und Festigung der Merkmale verschiedenrassiger Vorfahren zu tun haben.

Die Veränderungen, denen die europäischen Rassen im Laufe der Zeiten unterworfen waren und die man auch noch gegenwärtig in den Familien beobachten kann, sind demnach im wesentlichen durch Kreuzungen bedingt. Doch gibt es auch gewisse Veränderungen, die durch das Milieu hervorgerufen werden, aber nicht derart, wie die Anhänger der Lehre von der Veränderlichkeit der Rassen meinen, sondern es sind ganz bestimmte Vorgänge pathologischer Art, der Ernährung und des Klimas, die gewisse Wandlungen hervorrufen und deren Wirksamkeit in engen Grenzen sich bewegt. Es handelt sich dabei um Körpergröße, Kopfform und Hautfarbe.

Nach den Untersuchungen von Fürst und Retzius ist die durchschnittliche Leibeslänge in Schweden, wo die nordische Rasse vorherrscht, etwa 170 cm. Natürlich gibt es unter den rassereinen Blonden auch größere und kleinere Individuen. Gräberfunde sprechen dafür, daß dies schon in älteren Zeiten vorkam, und bei Gregor von Tours und Paulus Diaconus finden wir Notizen, wo hin und wieder ein Franke oder Langobarde als klein und unansehnlich geschildert wird. Die Zahl der kleinen Varianten kann aber zunehmen durch schlechte Ernährung, gestörtes Wachstum infolge Rachitis oder Zwergwuchs, durch veränderte Bedingungen der sozialen und natürlichen Auslese, die grazile und schwach gebaute Individuen überleben und sich vermehren lassen. Es ist einleuchtend, daß bei einem großgewachsenen Jäger- und Kriegerstamm, der in eine höher differenzierte Gesellschaftsstufe übergeht, die Körperlänge keine große Rolle mehr spielt und durch psychische Selektion auch kleinere, schwächere und gar kranke Varianten fortgezüchtet werden. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn wir unter den blonden Genies kleine Gestalten finden, deren Wachstum durch Krankheit gehemmt wurde, wie bei Kant, Menzel, David d’Angers, oder wenn wir unter ihnen kleine und grazil gebaute Gestalten antreffen, wie Raffael und Napoleon.

Die Beeinflussung der Körpergröße durch gute oder schlechte Ernährung ist vielfach übertrieben worden. Gewisse Beobachtungen zeigen allerdings, daß günstige Ernährung das Wachstum fördert, aber nur innerhalb geringer Grenzen. Gegen diesen Einfluß spricht die Erfahrung, daß in denselben Familien nicht selten kleine und große Kinder vorkommen, die unter denselben Ernährungsbedingungen aufwachsen und fast immer auf kleine oder große Vorfahren zurückweisen. Es gibt ferner nicht den geringsten Beweis dafür, daß die Menschen in Südeuropa sich schlechter ernähren als die in Skandinavien. Bei statistischen Untersuchungen zeigt sich vielmehr, daß in demselben Gebiet, wo die blonde und brünette Rasse zusammen wohnen, je nach der Häufigkeit der korrelativen Rassenmerkmale die Körpergrößen verschieden sind. Auch im Norden sind die Brünetten durchschnittlich kleiner und im Süden die Blonden durchschnittlich größer. Die Ernährung kann nur die Wachstumsgeschwindigkeit, aber nur wenig die Wachstumsgröße beeinflussen, die in erster Linie eine angestammte Eigenschaft ist.

Veränderungen am Schädel können durch Knochen- und Gehirnkrankheiten hervorgerufen werden, besonders durch Rachitis und Wasserkopf, die eine „pathologische Brachycephalie“ erzeugen. Wenn auch das Genie keineswegs ein Produkt der Entartung ist, wie Lombroso meint, so findet man bei ihnen doch nicht selten abnorme Kopfformen, wie bei Michelangelo, Camoëns, Kant, Schopenhauer, Wagner.

Einen gewissen Einfluß muß man dem Klima in bezug auf die Hautfärbung zuschreiben. Doch ist diese Einwirkung eine sehr bedingte. Hier möchte ich auf die interessanten Beobachtungen Ammons verweisen, die er bei den Besuchern von Sonnenbädern gemacht hat. Danach verhält sich die Haut verschieden gegen den Einfluß der Sonnenstrahlen. Einige werden rasch gebräunt, manche bis zu dem Grade, daß sie ungefähr die Farbe der Singhalesen annehmen, während andere trotz häufigen Besuches diese dunkle Farbe nicht erreichen und eine gewisse Zahl fast unverändert bleibt. Dabei kam es sogar vor, daß Brüder, allerdings solche von verschiedener Komplexion, die beide ursprünglich weißhäutig waren, sich ganz ungleich verhielten, indem einer weiß blieb, während der andere tief braun wurde, eine Erscheinung, die nur so zu erklären ist, daß ein latenter Rassenunterschied in der Beschaffenheit der Haut vorhanden war, der erst unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen in die Erscheinung trat.6

Bisher nahm man an, daß bei den Mischungen zwischen dem blonden und brünetten Typus die weiße Haut eine besonders starke Durchschlagskraft besitze, um so das starke Überwiegen der hellen Haut gegenüber den dunklen Haaren und Augen bei den Mischlingen zu erklären. Aus diesem Grunde entstand der irrtümliche Begriff der „weißen Rasse“, der in abgestuften Schattierungen die ganze brünette Bevölkerung Nordafrikas und Vorderasiens umfassen sollte. Aber „die Sonne bringt es an den Tag“. Ammon ist der Ansicht, daß von den Weißhäutigen kaum die Hälfte sich nicht in der Sonne bräunt, so daß bei den anderen eine mischfarbene Haut anzunehmen ist, die nur aufgehellt, aber nicht eigentlich weiß ist.

Ein letztes wichtiges Ergebnis der anthropologischen Forschung besteht darin, daß der homo europaeus mit der reinen und unvermischten arischen Rasse identisch ist. Diese Rasse ist nicht aus Asien eingewandert, sondern in Nordeuropa entstanden und heimisch. In ihrem Kreise ist die arische Kultur und arische Sprache geschaffen und durch Wanderungen und Unterjochungen auch auf fremde Rassen übertragen worden. So haben die Inder, Armenier und Perser heute nur noch wenige Bestandteile nordischer Rasse, obgleich sie eine arische Sprache reden. Anderseits gibt es kleinere Abteilungen des homo europaeus, die in fremden Rassen aufgegangen sind und ihre Sprache ganz oder teilweise verloren haben. Dies scheint namentlich bei den ältesten Wanderzügen der Arier geschehen zu sein, die sich schnell mit der eingeborenen Bevölkerung vermischten. So ist es wahrscheinlich bei den Sumeriern im Zweistromland, den Tamenhu in Ägypten, den Amoritern in Palästina, bei den Pelasgern, Etruskern, Finnen und Turaniern der Fall gewesen. Ein Beispiel aus neuer Zeit ist die Magyarisierung von Germanen und Slaven in Ungarn.

3. DIE VERTEILUNG DER ANTHROPOLOGISCHEN MERKMALE IN FRANKREICH

Nach den einleitenden Ausführungen über die Grundfragen der historischen Rassetheorie und die Menschenrassen Europas können wir dazu schreiten, die anthropologische Struktur und Geschichte Frankreichs näher zu betrachten. Die ältesten zu­sammenfassenden Arbeiten über diesen Gegenstand sind Brocas „Recherches sur l’ethnologie de la France“, die 1859 erschienen sind, und Lagneaus „Notice questionnaire sur l’anthropologie de la France“ aus dem Jahre 1861. Beide Arbeiten sind mehr ethnologisch als anthropologisch, sie zählen die zahlreichen Stämme und Völker auf, die im Laufe der Jahrtausende in Frankreich eingewandert sind, ohne genügend zu betonen, daß die meisten dieser Völker und Stämme keinerlei Rassenunterschiede besaßen, sondern der einen oder anderen der drei europäischen Menschenrassen angehörten, so daß dadurch die anthropologische Struktur der Bevölkerung wenigstens der Art nach nicht verändert wurde. So brachten die Einwanderungen der Phöni­zier und Karthager mediterrane Elemente, welche die einheimi­schen nur numerisch verstärkten, so fügten die verschiedenen Stämme der Germanen zu etwa vorhandenen Resten blonder Gallier eine neue Menge Menschen von gleicher Körperbeschaffenheit hinzu. Wenn daher auch Frankreich eine besonders starke Einwanderung und Mischung von Stämmen und Völkern erfahren hat, so ist die Zusammensetzung und Mi­schung der Rassen doch im wesentlichen dieselbe wie in den übrigen Ländern Europas.

Die Arbeiten von Broca und Lagneau zeigen auch insofern Mängel, als zu ihrer Zeit die Stellung der Kelten oder Gallier im System der Rassen noch zweifelhaft und hart umstritten war. Einen fortgeschritteneren Standpunkt nimmt Mortillet in seiner „Formation de la nation française“ ein, die 1897 zuerst erschien, aber nach der rassenanthropologischen Seite noch mancherlei Lücken erkennen läßt und namentlich den „grands blonds dolichocéphales aux yeux bleus“ wenig gerecht wird.

Die besten Belehrungen über Verteilung und Geschichte der Rassen in Frankreich findet man in Ripleys „Races of Europe“, in Kraitscheks „Menschenrassen Europas“ und besonders in dem Aufsatz von Lapouge über „Die Rassengeschichte der französ­ischen Nation“.7

Über die gegenwärtige Verteilung der anthropologischen Merkmale in Frankreich sind wir durch die Untersuchungen von Broca, Collignon, Bertillon, Lapouge, Topinard und anderen hinreichend unterrichtet, und zwar sowohl über die Verteilung der Körpergrößen wie der Kopfformen und der Pigmentverhältnisse. Broca hat gut orientierende Karten über die regionäre Verteilung der Körpergröße, Bertillon über diejenige des Kopfindex und Topinard über die Haar- und Augenfarben entworfen.

Was die Körperlänge anbetrifft, so unterscheidet Broca drei Zonen, die nordöstliche, wo die Gestalt sehr groß ist, eine zweite, die von der Normandie bis nach Burgund sich ausdehnt, wo die Leibeslänge etwas geringer ist als in der ersten, und eine dritte Zone, die von den Departements des Südens, des zentralen Frankreich, des Westens und Nordwestens gebildet wird. Wenn man vom Departement Ain eine Linie zieht, die nach Nordwesten bis an die Grenze der Departements Manche und Ille-et-Vilaine aufsteigt, so läßt diese Linie eine deutliche Scheidung zwischen der groß- und kleingewachsenen Bevölkerung Frankreichs erkennen.8

Eine gewisse Parallelität mit der Verteilung der Körpergrößen bildet diejenige der Farbenmerkmale, der hellen und dunklen Haare und Augen. Wie Topinards Karten deutlich zeigen, ist der Nordosten, überhaupt das ganze Gebiet, das östlich der Brocaschen Linie liegt, viel reicher an hellen Elementen als de Südwesten.

Der mittlere Kopfindex der französischen Bevölkerung beträg etwa 83,7. Danach wäre Frankreich von einer brachycephalen Bevölkerung bewohnt. Aber der Durchschnittsindex gibt keine Auskunft über die genaue Verteilung der absoluten Kopfmaße, denn nur aus diesen kann auf die wirkliche Gestalt der Schädel geschlossen werden. Unter einer hochgradig brachycephalen Bevölkerung kann ein mehr oder minder großer Prozentsatz von schmalen Langköpfen sein, wodurch der Gesamtindex nur um zwei oder drei Einheiten herabgedrückt und so ein niederer Grad der Brachycephalie vorgetäuscht wird. Die ins einzelne gehende Sonderung der Kopfmaße läßt aber erkennen, daß wir in Frankreich zwar vorwiegend brachycephale, aber auch dolichocephale und dazwischen stehende mesocephale Elemente haben.

Lapouge faßt die Verteilung der Kopfindices in folgender Weise übersichtlich zusammen: „Die Bezirke im Osten und Südosten sind stark rundköpfig, mit einem Index von 86—88 in den Vogesen, im Jura, in Savoyen. Die innere Hochebene ist nicht minder brachycephal, besonders in Lozère und den benachbarten Departements, bis zum Südabhang der Cevennen, wo der Index gleichfalls zwischen 86 und 88 liegt. Man kann sagen, daß das längliche Dreieck zwischen Meurthe und Mosel im Norden, Hoch-Savoyen und Gers im Süden und Südwesten durchweg ausgesprochen rundköpfig ist; der Index sinkt in diesen Gebieten selten unter 84, mit Ausnahme einer Brücke zwischen dem Becken der Rhône und dem des Allier. Ein anderer Herd der Rundköpfigkeit liegt in der Bretagne, der Vendée, der oberen Normandie, doch steigt der Index kaum über 84 und fällt sogar an der Küste (in Finisterre und Morbihan) bis auf 82. Die südlichen Departements bilden ein Gebiet niedriger Indices, wo die Brachycephalie von Ost nach West abnimmt. Am Fuße der Alpen finden wir 83, an dem der Ostpyrenäen kaum 79. Ein anderes solches Gebiet liegt zwischen dem Herde der Rundköpfe im Innern, der Bretagne und dem Golf von Gascogne. Ein dritter Herd niedriger Indices umfaßt die Täler der Seine, Somme und Schelde, d. h. die große Ebene von Nordfrankreich und ihre nächste Nachbarschaft gegen Süden und Osten. In diesem Gebiet ist der Index seit dem Mittelalter nur um eine oder zwei Einheiten gestiegen, auf der Hochebene des inneren Landes dagegen um zehn; das bedeutet einen Rassenunterschied, der vor einigen Jahrhunderten noch nicht bestand“.9

Während die Verteilung der Körperlängen und der Farbenmerkmale in einem korrelativen Zusammenhang stehen, ist ein solcher zwischen diesen Merkmalen und der Kopfform nur teilweise festzustellen. Die Ursache liegt darin, daß wir es in diesen statistischen Übersichten mit drei Rassen zu tun haben, deren Merkmale sich zum Teil aufheben, mit einer großgewachsenen blonden und langköpfigen Rasse und zwei kleingewachsenen dunkelhaarigen Typen, von denen der eine brachycephal, der andere dolichocephal ist. Der letztere (homo mediterraneus) sitzt vornehmlich im Südwesten, erstreckt sich aber teilweise auch nach Norden und Osten und ist in ganz Frankreich vereinzelt anzutreffen. Der homo alpinus sitzt im Zentrum und in der Alpenkette, erstreckt sich aber von hier durch den ganzen Nordosten, wo er mit dem homo europaeus die verschiedenartigsten Kreuzungen eingeht und, wie schon erwähnt, die falschen Kurzköpfe und die breiten Langköpfe hervorruft. Viel deutlicher würden diese Zusammenhänge hervortreten, wenn nicht nur Durchschnittsmaße, die leicht irreführen, sondern auch die Zahl der reinen und gemischten Typen, sowie die absoluten Kopfmaße miteinander verglichen werden könnten.

Die regionäre Verteilung der Rassenmerkmale in Frankreich ist nicht zu allen Zeiten dieselbe gewesen; denn in geschichtlichen wie vorgeschichtlichen Perioden waren wohl dieselben Rassen vorhanden, aber ihr zahlenmäßiges und regionäres Verhalten war ein anderes. Es liegt außer dem Bereich dieser Arbeit, die anthropologische Urgeschichte Frankreichs einer näheren Darstellung zu unterziehen. Nur sei bemerkt, daß in älteren Perioden außer den genannten drei Hauptrassen noch der tiefstehende Neandertalmensch beinahe über ganz Frankreich verbreitet war, ferner eine negerartige Rasse, die Rasse von Mentone. Beide Typen sind ausgestorben. Von manchen Anthropologen werden, zum Teil auf Grund von nur spärlichen Funden, noch andere Varietäten angenommen, aber sie scheinen entweder Kreuzungsprodukte oder pathologische Bildungen zu sein.

Die großgewachsenen Dolichocephalen, die schon in der Urzeit auftraten, wurden in historischer Zeit durch zwei neue Wellen dieser Rasse vermehrt, durch die Gallier und die Germanen, doch hat Lapouge nachgewiesen, daß schon vor den Galliern eine arische Rasse vorübergehend in Gallien gesessen hat, die er nach den Sprachresten den Umbrern zuschreibt. Überhaupt scheint Gallien das Durchgangsland für die von Norden nach der apenninischen Halbinsel vordringenden Italiker gewesen zu sein.

Die Kolonisationen der Phönizier und Griechen, die Eroberung durch die Römer, die Einfälle der Araber usw. haben auch nur die gleichen Rassenelemente ins Land gebracht, die schon vorhanden waren. Es ist daher gänzlich unbegründet, von einem „Rassenchaos“ in Frankreich zu reden und dies zum Vorwand zu benutzen, um die Bedeutung der Rasse für die Kultur zu diskreditieren.

Während die Herkunft der Dolichocephalen ziemlich geklärt ist, bietet diejenige der Brachycephalen ein sehr schwieriges und verwickeltes Problem. Die Urbevölkerung Europas ist dolichocephal, sowohl der Neandertalmensch als der homo mediterraneus und europaeus. In der neolithischen Periode tritt der brachycephale Mensch auf, zuerst vereinzelt und wenig zahlreich, dann aber an Menge immer mehr zunehmend. Eine Eigentümlichkeit seiner räumlichen Verbreitung ist, daß er im Osten Europas stärker vertreten ist, nach Westen hin sich wie ein Keil bis Frankreich vorschiebt und die Inseln und Halbinseln von ihm fast frei bleiben. Diese räumliche und zeitliche Ausbreitung macht es fast zur Gewißheit, daß diese Rasse nicht in geschlossenen selbständigen Wanderungen nach dem Westen gekommen ist, sondern im Gefolge anderer Stämme immer wieder eingeschleppt wurde, wenn auch vereinzelt geschlossene Züge vorgekommen sein mögen, wie die Lappen in prähistorischer Zeit und später die Hunnen und Magyaren und im Osten von Rußland sitzende Stämme beweisen. Aber der größere Teil ist einzeln oder in Gruppen nach und nach im Gefolge indogermanischer Stämme, von Galliern, Germanen und Slaven mitgebracht worden, die sich Jahrhunderte lang in Osteuropa und an der asiatischen Grenze aufgehalten haben, bevor sie nach Westen zogen. Obgleich diese brachycephale Rasse zur Zeit der Römer in Gallien sicher vorhanden war, so wird sie von den antiken Schriftstellern doch nicht erwähnt. Diese Elemente gehörten zum Sklavenstand und zogen daher nicht die besondere Aufmerksamkeit der Römer auf sich. Das gegenwärtige Vorherrschen dieser Rasse ist auf eine fortschreitende starke Vermehrung im Lande selbst zurückzuführen, was diejenigen nicht wundern kann, denen aus Darwins Forschungen bekannt ist, wie leicht und schnell eine Tierrasse die andere verdrängen kann. Doch handelt es sich hier weniger um ein aktives Verdrängen als um ein mechanisches Ausfüllen der Lücken, die in den Schichten der Gallier und Germanen unabwendbar eintraten.

4. RASSE UND CHARAKTER DER GALLIER

In Deutschland sowohl wie in Frankreich war man früher gewöhnt, den homo alpinus als „keltischen Typus“, ebenso wie im Osten und in Österreich als „slavischen Typus“ zu bezeichnen. In Wirklichkeit stellte es sich aber heraus, daß die echten geschichtlich auftretenden Gallier oder Kelten und ebenso die Slaven ursprünglich die Gestalt und die Farben des nordischen Menschen gehabt haben, und daß jene brachycephalen Elemente, die sich den Galliern und Slaven beimischten, im Laufe der Jahrhunderte das Übergewicht erhielten, so daß im zentralen Frankreich, dem hauptsächlichen Sitz der Kelten, heute der alpine Typus zur vollständigen Herrschaft gelangt ist. Durch einen Rassenwechsel ohnegleichen waren die echten Gallier verschwunden, und nur ihr Name hatte sich auf die nachrückende anders geartete Unterschicht übertragen. So erschienen dann später dem Volksbewußtsein die Kelten und in ähnlicher Weise die Slaven als ein von dem germanischen stark abweichender Typus.

Wie alle Arier, so stammen auch die Gallier aus Nordeuropa, von wo sie nach Osten bis nach Kleinasien, nach Süden bis nach Italien, nach Westen bis Frankreich, Spanien und England sich ausbreiteten. Im siebenten Jahrhundert v. Chr. drangen sie von Nordosten in das nach ihnen benannte Land ein, das sie vornehmlich in den mittleren Teilen besetzten, während sie im Süden weniger zahlreich waren und im Nordosten schon früh Germanen nachdrängten, die gallische Sprache annahmen. Darauf beruht die Dreiteilung des Landes zur Zeit Caesars, der Aquitanien, das eigentliche Gallien und das belgische Gallien unterscheidet. Im Osten reichte die Grenze bis an den Rhein, an dessen östlichem Ufer die Wohnsitze der Germanen sich ausdehnten.

Bei den griechischen und römischen Schriftstellern erscheinen die Gallier auch unter dem Namen der Kelten und Galater. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß darunter bald einzelne Abteilungen, bald der ganze Völkerstamm verstanden wurde, und daß diese Namen nur verschiedene Aussprachen eines und desselben Wortes sind. Die antiken Schriftsteller entwerfen ein übereinstimmendes Bild von der äußeren Erscheinung der gallischen Rasse. Strabon, Timagenes, Diodor, Dion, Titus Livius, Vergil usw. berichten, daß die Gallier großgewachsen waren, blondes oder rötliches Haar, blaue Augen und weiße Haut hatten. Diese Beschreibungen stammen aus verschiedenen Zeiten und beziehen sich auf die Gallier in Frankreich, in Italien, in den Alpen, die Briten und Kaledonier oder auf die Galater in Kleinasien.10

In den ältesten Zeiten wurden die Gallier und Germanen nicht unterschieden, da außer der körperlichen Erscheinung auch Sprache und Sitten sehr ähnlich waren. Von den Cimbern und Teutonen weiß man nicht, ob man sie als letzte Gallier oder als erste Germanen bezeichnen soll, die in den Gesichtskreis der Römer traten. Den belgischen Galliern schreibt Caesar germanische Abkunft zu, und an der Rheingrenze wohnende gallische Stämme rühmten sich ebenfalls germanischen Ursprungs.

Bekannt ist die Schilderung, die Ammianus Marcellinus von den Galliern entwirft. „Die Gallier“, schreibt er, „sind fast alle hochgewachsen und von weißer Haut, rothaarig und schrecklich durch ihren wilden Blick, streitsüchtig und von hochmütigem Stolze. Denn falls einer, unterstützt durch seine Frau, die blauäugig und stark ist, eine Balgerei anfängt, so kann ein ganzer Haufe von Ausländern nicht dagegen standhalten, namentlich wenn das Weib knirschend mit aufgeworfenem Nacken ihre schneeigen Arme wiegt und, mit Fußtritten untermischt, weitausholende Fausthiebe verteilt, so gewaltig, als wenn es Katapultenschüsse wären. Sind mehrere zusammen, so tönen ihre Stimmen furchtbar und drohend, ob sie böse oder bei guter Laune sind; doch alle sind mit gleicher Sorgfalt geputzt und gewaschen, und man wird in jenen Gegenden, vor allem bei den Aquitanern, keine Frau, mag sie auch noch so arm sein, wie anderwärts in Lumpen sehen. Für den Kriegsdienst ist jedes Alter höchst geeignet, und mit gleich kräftigem Körper wird der Greis zum Heere geführt und der Jüngling; jeder ist bereit, mit den durch Kälte und stete Mühe gestählten Gliedern alle Gefahren zu verachten. Auch hat nie jemand bei ihnen, wie in Italien, um der Aushebung zu entgehen, sich den Daumen abgehauen. Nach Wein ist das Volk begierig, liebt auch mannigfache, dem Wein nachgebildete Getränke, und einige unter den kleinen Leuten taumeln in ewiger Trunkenheit umher.“

Man hat in diesen Sätzen eine reale Schilderung der gallischen Zeitgenossen des Ammianus sehen wollen. Andere, wie O. Seeck, glauben in ihr die deutlichen Anzeichen der starken Germanisierung Galliens im vierten Jahrhundert zu erkennen. „Gallien und die Donauprovinzen“, schreibt er, „hatten die meisten Ansiedler aufgenommen; wer im vierten Jahrhundert dort reiste, konnte daher beim Anblick der Bevölkerung fast meinen, daß er sich mitten im inneren Germanien befände. — Wer erkennt in allen diesen Zügen nicht die Germanen mit ihrem blonden Haar und ihrer hohen Statur, ihrer Kraft und ihrem Selbstgefühl, ihrer Kriegstüchtigkeit und ihrem innigen Familienleben, das die Frau selbst bei den Prügeleien zu treuen und ebenbürtigen Genossen des Mannes macht, aber auch mit ihrer unbändigen Rauflust und ihrem tollen Biertrinken.“

Aber weder die eine noch die andere Auffassung ist richtig. Am Ende des vierten Jahrhunderts konnten die Gallier dieser Schilderung unmöglich noch zum Vorbild dienen. Aber auch keltisierte Germanen sind ausgeschlossen, zumal Ammian auf Aquitanien verweist, wo damals unmöglich so viele germanische Ansiedler sein konnten, die mehr im Nordosten gegen die Rheingrenze hin wohnten. Ammian schildert keineswegs die Gallier seiner Zeit. Es ist bekannt, daß er sein Geschichtswerk später mit allerlei Zitaten ausgeschmückt hat, und dazu gehört auch diese Stelle, die er einem griechischen Schriftsteller Timagenes aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. entlehnt hat, wie von Lapouge gezeigt worden ist.

Doch ist es sehr zweifelhaft, ob auch Timagenes die Gallier seiner Epoche schildert und nicht vielmehr ihr traditionelles Bild aus älterer Zeit wiederholt. Das ist auch bei anderen Schriftstellern und Dichtern, wie bei Strabo und Vergil, der Fall. Heute begegnet uns häufig eine ähnliche Verwechselung der gegenwärtigen Deutschen mit den alten Germanen, während die ersteren doch in ihrem Typus von den letzteren schon stark abweichen.

Über den psychischen Charakter der Gallier sind wir durch die antiken Schriftsteller gut unterrichtet. Kriegerisch, tapfer, aber ohne Ausdauer, stolz und lebhaften Geistes, beredt, schmuckliebend, neuerungssüchtig und wankelmütig, das sind die Eigenschaften, die ihnen immer wieder beigelegt werden. „Die ganze Nation,“ schreibt Strabo, „welche man die gallische oder die galatische nennt, ist voller Kriegslust, mutig, rasch zum Kampf, im übrigen aber nicht ohne Falsch und nicht bösartig. Daher laufen sie, im Zorn gereizt, in Masse zum Kampf zusammen, offen, ohne Vorsicht, so daß sie leicht durch überlegene Kriegskunst zu besiegen sind. Denn wer sie reizt, kann sie, wann und wo und mit welchen Mitteln er will, dahin bringen, sie zu schlagen, wobei ihnen nichts zustatten kommt als Kraft und Kühnheit. Leicht lassen sie sich durch Überredung für das Zweckmäßige gewinnen, so daß sie Bildung und Wissenschaften sich aneignen. Ihre Macht im Kriege beruht auf ihren riesigen Leibern und auf ihrer großen Volkszahl. Gerade vermöge jener Naivität und Offenheit scharen sie sich leicht zu großen Haufen zusammen, denn die Nächsten nehmen stets an dem Gefühl der Kränkung und Rache teil, wenn sich einer von ihnen beleidigt glaubt. Jetzt aber leben sie freilich alle in Frieden, geknechtet und nach den Vorschriften der Römer — obige Schilderung entnehmen wir ihren früheren Zuständen und den ähnlichen heute noch bei den benachbarten und verwandten Germanen fortbestehenden.“

Der römischen Eroberung Galliens durch Caesar folgte schnell eine tief eindringende Romanisierung in Sitten und Sprache, was bei der nahen Verwandtschaft beider Völker leicht erklärlich ist. Die Gallier fühlten sich bald als „Römer“, denn unter Claudius wurde den Vornehmen, unter Galba und Otho allen Galliern das römische Bürgerrecht gegeben. In den letzten Jahrhunderten war Gallien die wichtigste militärische Stütze des Reichs, und hier erhielt sich der letzte Rest römischer Herrschaft bis ins fünfte Jahrhundert. Römische Kunst und Literatur fand weite Verbreitung, und noch im vierten Jahrhundert waren es gallische Redner, welche die Reinheit des Ciceronischen Stils zu bewahren suchten, und in Gallien finden wir die letzten bedeutenden römischen Schriftsteller. Aber auch hier machte sich seit dem dritten Jahrhundert ein auffallender Niedergang bemerkbar, der noch unter den Merowingern fortdauerte und von Fredegar beklagt wird, und den auch die barbarischen Germanen in den ersten Zeiten nicht aufhalten konnten. Dazu bedurfte es der langwierigen Ausbildung einer neuen Nation und Sprache, die erst um das Jahr 1000 in die Erscheinung trat.

Wie man für Italien zeigen kann, daß in den letzten Jahrhunderten des Reichs die blonden und großgewachsenen Geschlechter arischer Rasse ausgestorben waren, so ist ein gleiches anthropologisches Verhalten auch für Gallien nachzuweisen. Schon den Griechen und Römern erschienen die Gallier im Vergleich mit den Germanen als weniger rassereine Vertreter des blonden Typus. Wie Caesar berichtet, waren nach den Äußerungen der Gallier die Germanen Menschen von ungeheurer Körpergröße; die Gallier selbst müssen, danach zu urteilen, in jener Zeit kleiner gewesen sein. Das stimmt auch mit den Skelettfunden überein, denn nach Lapouge zeigen diese keineswegs überall großgewachsene Menschen. Verschiedene Reihen von Skelettfunden an der Marne lassen eine Größe von ungefähr 166 cm erkennen, „und wenn man Individuen von sehr großer Gestalt gefunden hat, so sind sie als individuelle Ausnahmen zu betrachten“.11 Als die Gesandten der Äduer dem Caesar meldeten, daß ganz Gallien in Gefahr sei, eine Beute der Germanen zu werden, fügten sie hinzu, daß diese die Gallier an Roheit, Tapferkeit und Übung in beständigem Kriege überträfen, und daß sie auch an Gestalt, Sprache und Sitte von den Galliern sehr verschieden seien. In gleicher Weise schreibt Strabo, daß die Germanen vor den Galliern „durch größere Wildheit, größeren Wuchs und größere Blondheit sich auszeichneten, während sie sonst an Gestalt, Sitte, Lebensart den Kelten ähnlich seien“ (VII, 1). Merkwürdig ist auch die Bemerkung des Aristoteles, daß die Kinder der Gallier mit „weißen Haaren“ geboren würden. Dies fiel offenbar auf, bemerkt Kraitschek dazu, insofern schon zu seinen Zeiten die hellen gelben Haare der Kinder bei den Erwachsenen nachdunkelten.

Nach Lapouge war in der gallo-römischen Zeit die durchschnittliche Körpergröße — auf Grund von Skelettfunden — noch unter 166 cm herabgesunken, und mit der Abnahme der Körpergröße war auch das blonde Haar mehr und mehr geschwunden. Wir haben darüber eine merkwürdige Nachricht von Sueton in der Lebensbeschreibung des Cajus Caligula, wo es heißt: „Danach wandte er seine Sorge auf den Triumph. Außer den gefangenen oder übergelaufenen Barbaren suchte er aus Gallien die größten Leute, über die — wie er sagte — es sich verlohnte, zu triumphieren, und einige von den Fürsten als Schaustücke für den Triumphzug aus und zwang sie, nicht allein ihr Haar lang wachsen zu lassen und es rötlich zu färben, sondern auch die deutsche Sprache zu lernen und barbarische Namen zu führen.“ Daß Cajus die „größten“ in Gallien zusammensuchen mußte, die es mit den Germanen an Leibeslänge aufnehmen konnten, bestätigt die anthropologisch festgestellte überwiegend kleine Körpergröße der damaligen Gallier, und daß diese größten, die nach den Regeln korrelativer Körpermerkmale noch am ehesten hellfarbig sein sollten, ihre dunklen Haare blond färben mußten, und daß dies sogar den „Fürsten“ befohlen wurde, läßt deutlich erkennen, daß zu jener Zeit selbst die gallische Herrenrasse stark gelichtet war.

Dies ist nicht zu verwundern, denn bei Plutarch liest man, daß Caesar während acht Kriegsjahren über 800 Städte bezwungen, 300 Stämme unterjocht und 3 Millionen Krieger besiegt habe, von denen 1 Million auf dem Schlachtfelde umkamen und 1 Million zu Sklaven gemacht wurden. Wenn diese Zahlen auch übertrieben sind, so kann man doch mit H. Martin im Prinzip annehmen, daß ein Drittel der waffenfähigen Bevölkerung umgekommen und ein zweites Drittel weggeführt worden war.

Was die Schädelformen dieser Epoche anbetrifft, so lag der Index zwischen 75 und 78. Die damaligen Menschen müssen also vornehmlich aus der mediterranen Rasse und ihren nordischen Mischlingen bestanden haben. Obgleich Rundköpfe vorhanden waren, so spielten sie doch keine größere Rolle. Erst in den folgenden Jahrhunderten bis zur Gegenwart treten sie immer mehr in den Vordergrund und beginnen sie, der französischen Nation vorwiegend ihren anthropologischen Charakter zu verleihen.

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1 C. Röse, Beiträge zur europäischen Rassenkunde, 1906, S. 52. — R. Weinberg, Politisch-anthropologische Revue, 1904, S. 505.
2 G. Klemm, Die Verbreitung der aktiven Menschenrasse über den Erdball, 1845, S. 6.
3 G. Klemm, Allgemeine Kulturgeschichte der Menschheit Bd. I, S. 198.
4 O. Ammon, Altes und Neues über die Menschenrassen in Europa. Zeitschrift für Sozialwissenschaften, 1903.
5 Man vergleiche über diese Frage meinen Aufsatz „Über die Beziehungen von Gehirn und Kultur“ in der Politisch-anthropologischen Revue, 1906, Heft 7.
6 Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie, 1905, Heft 11.
7 Beide veröffentlicht in der Politisch-anthropologischen Revue, Jahrg. II, Heft 7, und Jahrg. IV, Heft 1.
8 P. Broca, Sur la prétendue dégénérescence de la population française. Bulletin de l’Académie impériale de médecine, 1867, S. 585.
9 Politisch-anthropologische Revue, Jahrg. IV, S. 34.
10 Ich führe die zahlreichen Zeugnisse nicht einzeln an. Man findet sie zusammengestellt bei Zeuss, Virchow, Penka, Wilser und neuerdings in besonders übersichtlicher Weise in Lapouges L’Aryen, S. 311.
11 G. de Lapouge, L’Aryen, S. 306.

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