Dritter Abschnitt

DIE ANTHROPOLOGIE DER FRANZÖSISCHEN STÄNDE UND GENIES

1. DIE ANTHROPO-SOZIOLOGISCHEN VERHÄLTNISSE IN FRANKREICH

A

us der Darstellung der Rassengeschichte der französischen Nation und des Einflusses der Germanen auf ihre Geschichte und Kultur im Mittelalter geht unwiderleglich hervor, daß die französische Zivilisation ihre anthropologischen Wurzeln in der germanischen Rasse hat. Das wird durch eine Reihe von anderen Untersuchungsmethoden bestätigt, die diesen Nachweis zugleich für die neuere Epoche der französischen Geschichte erbringen. Diese Beweise ergeben sich einmal aus der anthropo-soziologischen Forschung, ferner aus der regionären Statistik der Talente im Vergleich mit der anthropologischen Struktur der einzelnen Provinzen, und schließlich am entscheidendsten aus der Rassen abstammung der Talente.

Was den anthropo-soziologischen Beweis betrifft, so verdanken wir diese Untersuchungen besonders den Arbeiten von Durand de Gros, Lapouge und Collignon. Durch anthropometrische Messungen wurde von ihnen festgestellt, daß innerhalb der französischen Bevölkerung eine anthropologische Sonderung derart besteht, daß die vom Lande in die Städte Einwandernden und die höheren Stände durchschnittlich mehr nordisch-germanische Körpermerkmale aufweisen als die Gesamtbevölkerung.

Durand de Gros fand bei seinen Untersuchungen im Departement Aveyron, daß der dortige Adel heute noch vorwiegend den blonden Typus hat. In den alten Familien der Rouergue herrschen blondes Haar, blaue Augen, weiße Haut und frischrote Gesichtsfarbe vor, während unter der übrigen Bevölkerung nur zwei Blonde auf fünfzig Individuen kommen. Die Gestalt der Edelleute ist schlank und hoch, die der Bauern jedoch meist klein und untersetzt.1 Lapouge berechnet die hellpigmentierten Individuen unter dem Adel von Aveyron auf drei Viertel der Gesamtzahl und bemerkt über den Ursprung derselben: „Dieses Überwiegen der hellen Farben ist um so auffälliger, als dieser Adel nicht direkt von den Germanen herstammt, deren Einwanderung zwar mit großer Wahrscheinlichkeit erwiesen ist, da die germanischen Namen in den mittelalterlichen Akten sehr zahlreich sind. Wie in ganz Frankreich, so ist der neuere Adel das Ergebnis einer Auslese nach der Zeit des Mittelalters, und der größte Teil seiner Familien kann ihren Ursprung nicht über Ludwig XIII. zurückführen“.2

Derselbe Forscher untersuchte 22 Schädel von Edelleuten und 20 von lebenden Bauern derselben Gegend in Notre-Dame de Londres im Departement Hérault. Er fand, daß die ersteren viel mehr langköpfige Individuen zählten als die letzteren.3

Index
Adelige
Bauern
Dolichocephal
65—69
  7,6%
Subdolichocephal
70—74
30,4%
  5%
Mesocephal
75—79
58,6%
25%
Subbrachycephal
80—84
  7,6%
45%
Brachycephal
85—90
15%
Ultrabrachycephal
90—95
10%

Nach demselben Autor besteht in Montpellier ein morphologischer Unterschied zwischen der vornehmen und niederen Bevölkerung, ebenso zwischen der aristokratischen und Bauernbevölkerung in den Landbezirken, indem die ersteren zur Dolichocephalie, die letzteren zur Brachycephalie neigen. Dreißig Schädel dieser Gegend, aus dem 17. und 18. Jahrhundert, welche der aristokratischen Schicht angehörten, waren mit Ausnahme eines einzigen dolichocephal.4

Muffang beobachtete, daß in der Bretagne die von den hellfarbigen Langköpfen bewohnten Gebiete durch Reichtum, intellektuelle und wirtschaftliche Tüchtigkeit sich auszeichnen und daß die hervorragendsten Persönlichkeiten des Departements fast alle aus Gebieten stammen, die von hellfarbigen Dolichocephalen bewohnt sind.5

Was den anthropologischen Unterschied zwischen ländlicher und städtischer Bevölkerung angeht, so fand Durand de Gros (im Jahre 1869) in Rodez bei der Landbevölkerung einen Index von 86,2, bei den Stadtbewohnern 83,2; in Milhou als entsprechende Zahlen 85,8 und 84,1, in St. Afrique 83,4 und 82,1. Lapouge stellte fest, daß in der Bretagne im Canton de Rennes der Schädelindex der städtischen Bevölkerung sich auf 82,8, derjenige der ländlichen sich auf 84,7 belief;6 ferner, daß die Einwanderer nach Montpellier sich von den auf dem Lande ansässig Verbliebenen durch einen 2—4 Einheiten kleineren Index unterschieden.7 Collignon untersuchte in neun Kantonen die städtische und ländliche Bevölkerung auf ihre Schädelform und stellte fest, daß, wie auch der allgemeine Index sein mochte, ob hoch oder niedrig, derselbe in den Städten immer niedriger war.8

Aus den Untersuchungen über die ständische Gliederung Frankreichs nach Einwanderung der Germanen geht aufs deutlichste hervor, daß im Mittelalter die obere Schicht vorwiegend der germanischen Rasse angehörte. Daß noch gegenwärtig eine größere Verbreitung ihrer anthropologischen Merkmale in den höheren Bevölkerungsklassen und in den städtischen Kulturzentren nachgewiesen werden kann, mag zum Teil seine Ursache in einer anthropologischen Kontinuität aus den mittelalterlichen Zuständen haben, zum größeren Teil aber ist es das Ergebnis eines natürlichen Ausleseprozesses. Denn die höheren Schichten des Mittelalters sind meistens verbraucht worden und ausgestorben. Aus dem Einwanderungsstrom in die Städte und durch das Aufsteigen in höhere Stände sind neue Schichten emporgekommen, deren anthropologische Merkmale nicht erst neu erworben wurden, sondern nur durch das Kräftespiel der sozialen Auslese zu verstehen sind. Doch kann heute nicht mehr von einer gesellschaftlich herrschenden germanischen Schicht in Frankreich gesprochen werden.

Bei einer solchen sozial-anthropologischen Zusammensetzung der französischen Bevölkerung dürften auch die Untersuchungen von Interesse sein, welche A. de Candolle über den sozialen Ursprung der Gelehrten in Frankreich angestellt hat. Auf Grund seiner statistischen Untersuchungen fand er, daß von den Mitgliedern der französischen Akademie 23 Proz. aus dem Stande der Arbeiter, Bauern, Unterbeamten, Soldaten usw. hervorgingen, 35 Proz. aus dem Adel und städtischen Patriziat und 42 Proz. aus dem bürgerlichen Mittelstand. Danach hat die zahlreichste niedere Bevölkerungsklasse die wenigsten Talente hervorgebracht, während die sehr wenig zahlreiche Klasse des Adels und Patriziats — man schätzte vor der Revolution den Adel auf etwa 1/200 der Gesamtbevölkerung — sehr viele, ja im Verhältnis die meisten Talente der französischen Nation geschenkt hat.

Diese Unterschiede hängen wohl zum Teil von sozialen Ursachen ab, da die Entwicklungsreize und Entwicklungsmöglichkeiten in den höheren Schichten viel wirksamer sind. Aber die starke Überlegenheit des ersten Standes dürfte auch seine Ursache in anthropologischen Verschiedenheiten haben.

Diese Überlegenheit kommt auch darin zum Ausdruck, daß zahlreiche Männer, die als Genies bezeichnet werden mussen, aus dem Adel hervorgegangen sind, und zwar nicht nur Politiker und Kriegshelden, sondern auch Schriftsteller, Dichter, Philosophen und Naturforscher ersten Ranges. Von 250 französischen Genies, deren Name später aufgeführt wird, sind etwa 60 adeligen Ursprungs. Das sind 24 Proz., während der Adel selbst (vor der französischen Revolution) nur mit 0,05 Proz. an der Zusammensetzung der Bevölkerung teilnimmt. Diese Überlegenheit kann nur anthropologisch verursacht sein. Denn wenn auch Durchschnittstalente, die den handwerksmäßigen Betrieb einer Wissenschaft oder Kunst auszuüben haben, von den sozialen Entwicklungsbedingungen abhängig sind, so gilt das viel weniger für die genialen Menschen, deren Wesen gerade darin besteht, von den Verhältnissen relativ unabhängig zu sein und ein neues Milieu zu schaffen. Dabei sind Überfluß und Reichtum ebenso sehr imstande, die Entwicklung bedeutender Anlagen zu hemmen wie Mangel und Armut.

Ein anderer Weg anthropo-soziologischer Forschung, der über den Zusammenhang von Rasse und geschichtlichen Leistungen Aufklärung geben könnte, wäre eine regionäre Statistik über die Herkunft der Talente. Schon bei einem Überblick über die räumlichen Beziehungen im Ablauf der französischen Geschichte fällt es auf, daß fast alle großen Anstöße und Handlungen vom Osten und Nordosten des Landes ausgegangen sind. In diesen Gebieten spielen sich die wichtigsten Ereignisse ab, von hier ging die Entwicklung des französischen Staates aus, hier bildeten sich die bedeutendsten Kulturzentren, und hier hat sich der größte Reichtum des Landes aufgespeichert.

Da aber Menschen die Geschichte machen, so müßte sich auch zeigen lassen, daß die Bewohner dieser Provinzen eine höhere geistige Energie und Regsamkeit entwickeln. Diese müßte sich in einer überlegenen Anzahl von Genies und Talenten zeigen, und es wäre schließlich zu untersuchen, ob diese Uberlegenheit mit der anthropologischen Struktur der Bevölkerung ursächlich zusammenhängt.

A. Odin hat in seiner „Genèse des grands hommes“ (1895) eine regionäre Statistik der französischen Talente aufgestellt, welche hierüber gute Aufschlüsse gibt. Dieser Gelehrte hat durch mühsame und eingehende Studien die Geburtsorte aller französischen „gens de lettres“ untersucht und mehrere geographisch-statistische Karten entworfen, auf denen die zahlenmäßige Verteilung der literarisch bedeutenden Personen, in Verhältnis zur Bevölkerungszahl gesetzt, auf die einzelnen Provinzen und Departements durch abgestufte Farben übersichtlich dargestellt ist.

Danach kommen 43 Talente auf 100 000 Einwohner in Paris und Genf, 20—42 Talente in Rouen, Caen, Chartres, Orléans, Tours, Troyes, Metz, Chaumont, Dijon, Besançon, Lausanne, Lyon, Marseille, Avignon, Nîmes, Montpellier, Toulouse, während bis 4 oder 5—8 Talente in den Städten des Westens, der Mitte und des Südwestens gezählt werden.

Wird die alte Provinzialeinteilung zugrunde gelegt, so haben auf 100 000 Einwohner hervorgebracht: 43 Talente und darüber die Ile-de-France, 19—42 Talente die Provence, Suisse romande, Bourgogne, Orléans, 12—19 Languedoc, Lyonnais, Franche-Comté, Lorraine, Champagne, Normandie, Maine, Touraine, Anjou, während unter 12 Talente in den Provinzen des Westens, der Mitte und des Südwestens gefunden werden.

Fast alle Provinzen und Departements mit einer großen Zahl von Talenten liegen jenseits der Brocaschen Linie, also in der Region, wo die großgewachsenen und blonden Menschen überwiegen. Die von Odin entworfenen Karten lassen aber noch viel deutlicher erkennen, daß diejenigen Gegenden, wo Goten, Burgunder, Franken, Alemannen und Normannen sich angesiedelt haben, die größte Fruchtbarkeit an Talenten zeigen; daß dagegen die von der alpinen und mediterranen Rasse überwiegend bewohnten Provinzen auf eine geringe Prozentzahl herabsinken. Gerade da, wo die Germanen sich am dichtesten ansiedelten, besonders in den Mittelpunkten fränkischer und burgundischer Herrschaft, finden wir die größten Zahlen. Dadurch wird auch die historisch hervortretende Erkenntnis bestätigt, daß von den germanischen Einwanderungen die der Burgunder und Franken die wichstigsten waren.

Die Untersuchungen Odins sind von großem Werte, da sie ohne alle rassetheoretischen Voraussetzungen unternommen wurden. Er selbst bemüht sich vergeblich, geographische und ökonomische Ursachen für diese ungleiche Verteilung der Talente verantwortlich zu machen. Wer aber die Besiedelungsgeschichte Frankreichs durch die Germanen etwas genauer kennt, sieht auf den ersten Blick, daß Odins Karten, ohne daß der Autor selbst daran gedacht hat, den zwingenden Nachweis führen, daß vornehmlich die Germanen der organische Quell der französischen Talente gewesen sind.

Im einzelnen lassen die statistischen Untersuchungen Odins manche merkwürdige Zusammenhänge zutage treten, die von großer kulturhistorischer Bedeutung sind. Es ist einleuchtend, daß die regionäre Verteilung der Talente und diejenige der Rassenmerkmale nicht absolut scharf sich decken, da die gegenwärtige Verteilung der letzteren derjenigen im Mittelalter, infolge des eingetretenen Rassenwechsels, nicht mehr entspricht. Trotzdem ist die Parallelität auch heute noch fast durchgängig nachzuweisen. Nur zwei — scheinbare — Ausnahmen sind zu verzeichnen, die an der belgischen Grenze liegenden blonden Nord-Departements und die dunkelhaarigen Gebiete von Toulouse und teilweise der Provence. Aber jene Departements sind erst relativ spät erworbene niederdeutsche Gebiete, die nicht zum französischen Kulturkreis gehört haben. Und was Toulouse und die Provence anbetrifft, so stammte aus diesen Gebieten zwar eine große Anzahl mittelalterlicher Troubadours und Gelehrten, aber zur Zeit der Renaissance und in der neueren Periode sind in diesen Departements fast keine oder nur sehr wenige Talente geboren worden, während die bedeutenden Männer des neueren Frankreich fast alle jenseits der Brocaschen Linie, im Nordosten, ihren Ursprung haben. Die Blüteperiode der Grafschaft Toulouse und der Provence war die glänzende Periode der gotischen Herrschaft, deren blonde Familien seitdem gänzlich ausgestorben sind, so daß diese Gebiete gegenwärtig zu den dunkelhaarigsten gehören und ein lehrreiches Beispiel von Rassenerschöpfung darbieten.

2. DIE RASSENABSTAMMUNG DER FRANZÖSISCHEN GENIES

Um die Herkunft der Genies zu erforschen, kommt außer der statistischen Methode die genealogische Untersuchung in Betracht, die auf einen rassenhaft verschiedenen Ursprung der Stammväter der Familien zurückführt. Unter den berühmten Männern Frankreichs können dergleichen Feststellungen aber nur bei einer geringen Anzahl gemacht werden, während in Italien solche Fälle häufiger sind und manche Familien genialer Männer bis auf fränkische, langobardische, schwäbische und normannische Vorfahren zurückgeführt werden können.

Die Familie Larochefoucaulds entstammte einem Geschlecht, dessen Stammsitz die kleine Stadt Larochefoucauld unweit Angoulême ist und das einen Ritter Foucauld de la Roche (um 1020) zum Stammvater hatte. Foucauld = Fulkwald. Diese Familie war wohl fränkischer Herkunft. — Fénelons Familie gehörte zu den berühmtesten Geschlechtern des südfranzösischen Adels; ihr Stammsitz war seit dem 13. Jahrhundert das Schloß Salignac in Périgord. Der erste ist Bozon de Salignac, der Baron war. Bozon und Fénelon sind germanische Namen. — Chateaubriands Familie war eine der ältesten der Bretagne, die seit frühen Zeiten den Baronentitel führte, denn 1250 lebte Geoffroy IV., der schon der elfte Baron de Chateaubriand war. Briand = Brandt. — Malherbes Vorfahr war ein Baron de la Haye, der zu den Seigneurs und Baronen gehörte, die Wilhelm den Eroberer nach England begleiteten. Es war eine normannische Familie. — Diejenige Turgots war ebenfalls eine der ältesten Adelsfamilien der Normandie. Turgot ist skandinavisch. — Montesquieu war stolz darauf, von den fränkischen Eroberern abzustammen, und St. Simons Familie rühmte sich der Herkunft von den Karolingern.

Besonders interessant ist die Herkunft der Familie Napoleons. Nach den Forschungen Passerinis9 stammte die korsische Familie von den Bonaparte in Florenz, deren Vorfahren die berühmten Cadolingi, Grafen von Pistoja, waren. Ihr Stammvater ist Guglielmo, genannt Bonaparte, ein Sohn Gianfaldos, der 1260 Ratsherr in Florenz war. 1529 siedelte ein Francesco di Giovanni Bonaparte nach Ajaccio über, von dem die Familie Napoleons abstammte. Die Grafen Cadolingi waren langobardischen Ursprungs. Cadolingi = dsch. Kadeling. Gianfaldo ist zusammengesetzt aus Giano (= Giovanni) und ahd. Faldo; Bonaparte ist eine abgeänderte Form des langobardischen Bonipert.

Diese Familien berühmter Franzosen sind fast die einzigen, die sich bis in ältere Zeit und auf germanische Vorfahren zurückführen lassen. Aber diese genealogische Methode, wie bedeutsam sie auch vom historischen Standpunkt aus sein mag, kann über den Rassentypus später Abkömmlinge nichts Sicheres aussagen, da sie mehr juristischen als anthropologischen Wert besitzt. Denn wir werden später sehen, daß gerade von den genannten berühmten Männern nur Montesquieu, Napoleon und Fénelon germanischen Typus haben, während Chateaubriand, Turgot und Malherbe einen Mischtypus zeigen und Larochefoucauld eines von den wenigen französischen Genies ist, die schwarze Haare, braune Augen und braune Haut hatten.

Die einzige sichere Methode, über die Rassenabstammung der Genies Klarheit zu schaffen, ist die anthropologische Genealogie, d. h. die Feststellung ihres physischen Typus und die Zuteilung zu einer der Rassen, die auf Grund der anthropologischen Geschichte Frankreichs in Betracht kommen.

In dieser Hinsicht ist die kleine Arbeit bemerkenswert, die Lapouge im Jahre 1887 in der „Revue d’Anthropologie“ über die Entvölkerung Frankreichs veröffentlicht hat. Er weist auf Grund von Porträtstudien darauf hin, daß die meisten berühmten Franzosen den dolichocephalen, in der Mehrzahl zugleich blonden Typus zeigen, während nur wenige den mehr oder minder reinen brachycephalen Typus haben.

Um über den physischen Typus der französischen Genies gründliche und genaue Feststellungen zu machen, habe ich denselben bei 250 berühmten Personen untersucht, die seit Ausgang des Mittelalters in Politik, Kunst und Wissenschaft sich ausgezeichnet, also im wahren Sinne des Wortes die neuere französische Geschichte gemacht haben. Zu diesem Zwecke wurden ausgedehnte biographische und ikonographische Studien unternommen. Gegen tausend Bände Lebensbeschreibungen, so ziemlich alles wichtige biographische Material, das ich in der Königlichen Bibliothek in Berlin und in der Nationalbibliothek in Paris auftreiben konnte, habe ich in bezug auf anthropologisch verwertbare Nachrichten durchsucht. Die ikonographischen Studien erstreckten sich zum Teil auf die 2000 Bände umfassende Sammlung der Nationalbibliothek von Bildnissen berühmter Personen aller Zeiten und Völker, von der ich etwa 100 Bände mit Porträts von Franzosen durchmustert habe. Es sind meist Holzschnitte und Gravüren, darunter auch farbige nach Originalporträts. An diesen Bildnissen kann natürlich nur Kopf- und Gesichtsform festgestellt werden, dieses aber um so besser, da von den meisten Personen mehrere, zum Teil zahlreiche Porträts vorhanden sind, die verschiedene Kopfstellungen darbieten.

Wo biographische Nachrichten und die genannten Gravüren nicht ausreichten, da mußte das Studium der farbigen Originalporträts einsetzen. Diese sind in Frankreich in ungemein großer Zahl vorhanden, wenn ich recht einschätze, in größerer Zahl selbst als in Italien. Sie befinden sich meist in Paris, im Louvre, Musée Carnavalet, ferner einige in der École polytechnique, im Musée Dupuytren, in der Bibliothek des Konservatoriums, der großen Oper und des Théâtre français. Zahlreiche Porträts bergen die Museen von Versailles und Chantilly; die übrigen sind über ganz Frankreich zerstreut, und um diese an Ort und Stelle zu studieren, habe ich auf einer Rundreise diejenigen Städte mit ihren Galerien und Instituten besucht, wo ich vermutete, die gesuchten Bildnisse zu finden, und zwar Rouen, le Havre, Fécamp, Reims, St. Quentin, Cambray, Valenciennes, Sens, Troyes, Langres, Dijon, Lyon, Poitiers, Bordeaux, Toulouse, Narbonne, Montpellier, Aix, Marseille, Nizza. Einige Porträts sind in München, Turin und Florenz, hier besonders im Saal der Selbstbildnisse der Maler. Nicht wenige Porträts befinden sich in Privatbesitz, und diese aufzufinden und zugänglich zu machen, war nicht selten mit den größten Schwierigkeiten verbunden.10

Körperliche Reste von berühmten Personen, z. B. Schädel, standen nicht zur Verfügung. Als merkwürdiges Beweisobjekt muß ich aber eine schöne, lange, blonde Haarlocke erwähnen, welche E. Renan im 8. Lebensjahr abgeschnitten wurde, und die von seiner Tochter, Frau Professor Psichari in Paris, sorgfältig aufbewahrt wird. Auch sind einige Totenmasken und Totenbüsten vorhanden, so von Napoleon, Hugo, Mirabeau, Sainte-Beuve, Béranger.

Über eine Anzahl berühmter Franzosen, die der jüngst vergangenen Generation angehören, habe ich von Zeitgenossen und Verwandten ausführliche Auskunft erhalten, so über Thiers, Thierry, Guizot, Mignet, Sainte-Beuve, Renan, Taine, Mérimée, Flaubert, Zola, Garnier, Delacroix, Puvis de Chavannes, George Sand, Flourens, Millet, Cl. Bernard, Becquerel, Gay-Lussac, Massé, Adam, Thomas.11

In allen Fällen kam es darauf an, wenn irgend möglich, mehrere Porträts untereinander und mit den biographischen Nachrichten zu vergleichen. Auf diese Weise konnte der physische Typus bei den allermeisten der 250 Franzosen ganz oder zum größten Teil festgestellt werden, so daß der Rassetypus deutlich zu erkennen ist. Nur bei einer kleinen Zahl fehlen alle Untersuchungsmittel oder sind sie in nicht genügender Menge vorhanden. Es ist seltsam, zu beobachten, daß die Zeitgenossen von manchen berühmten Männern, selbst in umfangreichen Biographien, nicht ein einziges Wort über ihre körperliche Erscheinung berichten. Und meist ist es so, daß, wenn der erste Biograph nichts darüber schreibt, alle folgenden auch davon schweigen. So berichten die Zeitgenossen nichts, auch gar nichts, über die äußere Person von Pascal, P. Bayle, Bernardin de St. Pierre; andere Biographen ergehen sich in allgemeinen Ausdrücken, die anthropologisch keinerlei Wert besitzen. Da lesen wir z. B. von erhabenen Stirnen, wallenden Haaren, leuchtenden Augen, milden Blicken usw. Einige Beispiele dieser Art möchte ich anführen. Von Racine heißt es: „Er hatte eine mittlere Gestalt, seine Gesichtszüge waren angenehm, sein Blick offen, seine Physiognomie milde und lebhaft.“ Über Foucault berichtet sein Schüler Lissajou, daß er schwach und zart gebaut, seine Gestalt wenig hoch, der Kopf klein, die Stirn wenig entwickelt, die Augen in ihrer Sehweite ungleich und seine Gesundheit sehr schwächlich war. Oder hören wir, was Madelaine über den Musiker Le Sueur sagt: „Sein Äußeres war würdevoll und anmutig, die Hülle einer außerordentlichen Seele. Er bewahrte bis an das Ende seiner Laufbahn einen Charakter von Schönheit, reich an Adel. Das Porträt Ciceros, wie es uns überkommen ist, macht den Eindruck, als wenn ihm unser berühmter und großer Zeitgenosse zum Vorbild gedient hätte.“ Bekannt ist die Schilderung, die Meister von Diderot gegeben hat: „Der Künstler, welcher das Ideal zum Kopf eines Aristoteles oder Platon gesucht hätte, würde schwerlich einen besseren modernen Kopf als den Diderots dazu gefunden haben.“ Schließlich erfährt man, daß seine Nase von männlicher Schönheit und der Ausdruck der Augen sanft und gefühlvoll war.

Auch die Porträts lassen in bezug auf manche Merkmale, wie die Haarfarbe, zuweilen im Stich, wenn die Personen in höherem Alter mit grauen und weißen Haaren dargestellt sind, Perücken tragen oder die Haare gepudert sind. Doch haben die Perücken meist diejenige Farbe, die dem natürlichen Haar entspricht, wie aus dem Vergleich mit biographischen Nachrichten hervorgeht. Nur bei Lafontaine ist dieser Punkt zweifelhaft; ich habe vier Bildnisse mit blonden oder rötlichen und zwei mit schwarzen Perücken gesehen. Welche Haarfarbe er in Wirklichkeit gehabt hat, ist daher ungewiß. Widersprechend sind auch die biographischen Nachrichten über Jeanne d’Arc, deren Haarfarbe von den Zeitgenossen bald als dunkel, bald als rötlich angegeben wird. Ein Bildnis aus dem Jahre 1581 im Museum zu Orléans zeigt kastanienbraune Haare und blaue Augen, ein noch älteres im Museum zu Versailles blonde Haare. Doch dürften diese Bildnisse kaum ikonographischen Wert besitzen; eine sichere Feststellung des physischen Typus der „Pucelle“ ist daher unmöglich.

Was die weiße Puderung anbetrifft, so war es bei frei hängenden Locken oder lose aufgebundenen Haaren Sitte, nur leicht anzupudern, so daß die natürliche Haarfarbe zu erkennen bleibt, z. B. die blonden Haare bei Voltaire, Greuze, Boucher, Cochin. Ein anderes Hilfsmittel ist die Farbe der Augenbrauen. Auf den Bildnissen der vorhin Genannten sind die Augenbrauen deutlich blond; auch die Bildnisse von Lavoisier, Laplace, Fontenelle, Pigalle und anderen zeigen blonde Augenbrauen; ihre weiß gepuderten Haare sind daher wahrscheinlich auch blond gewesen, zum mindesten nicht dunkel, zumal die anderen physischen Merkmale, hohe Gestalt, blaue Augen, Gesichtsbildung und Teint, den blonden Typus verraten. Bei anderen weiß gepuderten Haaren ist die natürliche schwarze Farbe aus den dunklen Augenbrauen und den schwarzen Bartstoppeln mit großer Sicherheit zu erschließen, so daß man z. B. unbedenklich annehmen kann, daß Chardin, Beaumarchais, Monge, De La Tour dunkle, wohl schwarze, und Diderot braune Haare gehabt hat.

Was die Anzahl der untersuchten Personen betrifft, so hatte ich zuerst die 100 berühmtesten vorgenommen. Ich fand aber bald, daß in diesen Grenzen die Auswahl recht schwierig war, so daß der Vorwurf der Willkür oder des Vorurteils leicht erhoben werden konnte. Schließlich schwoll die Sammlung auf 250 der bedeutendsten Personen an, die sich in Politik, bildender Kunst, Wissenschaft, Musik und Dichtkunst ausgezeichnet haben, und wenn man vielleicht auch in bezug auf die Wahl des einen oder anderen verschiedener Meinung sein mag, so kann dies doch nicht entscheidend sein, da wohl kaum einer fehlt, der für die politische und geistige Entwicklung des neuen Frankreich von besonderer Bedeutung gewesen ist. Von den Lebenden habe ich nur drei unter diese Zahl aufgenommen, Rodin, Saint-Saëns und Berthelot, deren Leistungen und Werke schon historisch geworden sind.

Zu diesen 250 französischen Genies gehören:

1. Staatsmänner und Kriegshelden: Colbert, Coligny, Constant, Carnot, Danton, Desmoulins, Fleury, Henri IV., Karl der Kühne, Lafayette, Louis XIV., Louvois, Malesherbes, Marat, Mazarin, Mirabeau, Napoleon, Necker, Richelieu, Robespierre, Saint-Just, Sieyès, Sully, Talleyrand, Turgot, Turenne, Vauban.

2. Philosophen: Bayle, Cabanis, Charron, Condillac, Condorcet, d’Alembert, Diderot, Fontenelle, Gassendi, Helvétius, Lamettrie, Larochefoucauld, Malebranche, Montaigne, Pascal, J. J. Rousseau, Vauvenargues, Voltaire.

3. Naturforscher: Ampère, Arago, Becquerel, Bernard, Berthelot, Berthollet, Biot, Broca, Buffon, Chaptal, Cuvier, Decandolle, Dupuytren, Flourens, Foucault, Fourcroy, Gay-Lussac, Geoffroy Saint-Hilaire, Lagrange, Lallemand, Lamarck, Laplace, Lavoisier, Leverrier, Magendie, Mariotte, Maupertuis, Monge, Palissy, Paré, Pasteur, Regnault, Réaumur.

4. Historiker und Soziologen: Barante, Bodin, Comte, Fourrier, Gobineau, Guizot, Mably, Maistre, Michelet, Mignet, Montalembert, Montesquieu, Proudhon, Renan, Royer-Collard, L. Saint-Simon, Cl. H. Saint-Simon, Taine, Thierry, Thiers, Villemain, Volney.

5. Dichter und Schriftsteller: Augier, Balzac, Beaumarchais, Béranger, Bernardin de Saint-Pierre, Boileau, Bossuet, Châteaubriand, A. Chénier, J. M. Chénier, P. Corneille, Th. Corneille, Crébillon, Delavigne, Delille, Dumas père, Dumas fils, Fénelon, Flaubert, Gautier, Gresset, Hugo, Labruyère, Lacordaire, Lafontaine, Lamennais, Lamartine, Lesage, Malherbe, Marmontel, Marivaux, Mérimée, Molière, Musset, Rabelais, Racine, Regnard, Ronsard, Rouget de Lisle, J. B. Rousseau, Sainte-Beuve, Stendhal, Vigny, Zola.

6. Maler: Berjeon, Boucher, Bouguereau, Bourdon, Callot, Carrière, Chardin, Chènavard, Clouet, Cochin, Courbet, Corot, Coypel, David, Delacroix, Desportes, Fantin-Latour, Flandrin, Fragonard, Français, Girodet, Greuze, Ingres, Jouvenet, Lancret, Latour, Largillière, Laurens, Lebrun, Legros, Lorrain, Manet, Meissonier, Mignard, Millet, Monet, Moreau, Nanteuil, Nattier, Natoire, Oudry, Philippe de Champaigne, Poussin, Puvis de Chavannes, Prudhon, Rigaud, Th. Rousseau, H. Vernet, Vouet, Watteau.

7. Architekten und Bildhauer: Attiret, Bouchardon, Carpeaux, Chapu, Corneille v. Clève, Coustou, Coysevox, David d’Angers, Delorme, Desjardins, Ducercaux, Garnier, Girardon, Goujon, Guillain, Houdon, Lerambert, Lescot, Mansard, Pater, Perrault, Percier, Pigalle, Pilon, Puget, Regnaudin, Rodin, Rude, Soufflot, Vignon, Viollet-le-Duc.

8. Musiker: Adam, Auber, Berlioz, Berton, Bizet, Boieldieu, Chopin, Couperin, Gounod, Gossec, Grétry, Lesueur, Massé, Méhul, Rameau, Saint-Saëns, Thomas, Vieuxtemps.

9. Frauen: Corday, Jeanne d’Arc, Lafayette, Roland, Sand, Sévignée, Staël, Vigée-Lebrun.

In meiner Arbeit über den Einfluß der germanischen Rasse auf die italienische Renaissance habe ich die einzelnen Personen ausführlich beschrieben und überall die biographischen und ikonographischen Nachweise genau angegeben. Eine solche Darstellungsweise ist auf die Dauer für Verfasser wie Leser gleich ermüdend und langweilig. Es genügt, diese Untersuchungsart an einem Beispiel zur Prüfung gestellt zu haben. Ich begnüge mich hier mit einem mehr summarischen Verfahren indem ich nur historisch oder anthropologisch merkwürdige Personen individuell beschreibe und nur bei besonders wichtigen Punkten das Beweismaterial näher bezeichne. Im folgenden gebe ich zuerst die Beschreibung einer Anzahl von blonden Typen, dann von gemischten und brünetten Typen und schließlich eine statistische Übersicht über die zahlenmäßigen Verhältnisse der einzelnen anthropologischen Merkmale, die bei den französischen Genies gefunden werden.

3. DIE BLONDEN UND BRÜNETTEN TYPEN

Ein typischer Vertreter der germanischen Rasse war Lafayette. Sein Biograph J. Cloquet schreibt über ihn: „Lafayette hatte eine hohe und gut gegliederte Gestalt, sein Kopf war groß, das Gesicht oval und regelmäßig, seine Stirn hoch und offen; seine Augen, die eine blaugraue Farbe hatten, waren groß und von schön geschwungenen blonden Brauen überragt, seine Nase war adlerförmig, der Teint hell und die Wangen leicht gerötet.“ Andere biographische Nachrichten und die Bildnisse zeigen außerdem, daß sein Haar blond oder blond-rötlich war. — Eine ähnliche Gestalt hatte Voltaire. Daß er hoch gewachsen und hager war, ist die einzige Nachricht, welche die zahlreichen Biographen über ihn geben. Sein bestes Porträt befindet sich im historischen Museum zu Versailles, das ihn als jungen Menschen in der Mitte der Zwanziger darstellt. Er hatte ein auffallend langes und schmales Gesicht, hellblaue Augen und blonde Haare, wie die leicht gepuderten Locken erkennen lassen. Auch die Augenbrauen sind deutlich blond. Im Musée Carnavalet befindet sich ein ähnliches Porträt, das ihm seltsamerweise braune Augen gibt, aber das Versailler sowie zahlreiche andere Bildnisse lassen keinen Zweifel darüber, daß er blaue Augen gehabt hat. — Der berühmte Chirurge und Augenarzt Dupuytren war von hoher und kräftiger Gestalt, er hatte blaue Augen, einen weißen Teint, der an den Wangen leicht sich rötete, blonde Haare und die Gesichts- und Schädelbildung der nordischen Rasse. Über ihn besitzen wir ein genaues Sektionsprotokoll, danach war die Schädellänge 19,2 cm, die Schädelbreite 14, der Index also 73. Daß er dolichocephal war, geht auch aus der Nachricht hervor, daß das Hinterhaupt sehr stark entwickelt war. Übrigens zeichnete sich Dupuytren als Kind durch eine so außerordentliche Schönheit aus, daß er zweimal von Fremden entführt wurde. — Das gerade Gegenteil eines schönen Menschen war Danton. Er hatte eine athletische Gestalt von 195 cm Höhe, blaue Augen und höchstwahrscheinlich blonde Haare, da auf seinem Porträt mit weißgepuderten Haaren die Augenbrauen blond sind. Sein Gesicht war häßlich gebildet und durch Pockennarben entstellt. Dagegen zeigt seine blauäugige Mutter, deren Bildnis im Museum zu Troyes sich befindet, ein regelmäßig gebildetes Gesicht mit feinen Zügen. — Denselben Typus wie Lafayette, Voltaire usw., nur in individuellen Zügen abweichend, besaßen viele andere, z. B. Gassendi, Ronsard, Bossuet, Malebranche, Leverrier, Lavoisier, Laplace, Flaubert (einen „echten Wikinger“ nennt ihn sein Biograph Faguet), Puvis de Chavannes, Mignet, Th. Rousseau, Berlioz, Gounod, Berthollet, Manet.

Blondhaarig, blauäugig und mittelgroß waren z. B. Montesquieu, Bizet, Massé, Auber, Chopin, Proudhon, Cuvier, Renan, Fantin-Latour, Bernardin de Saint-Pierre, Béranger.

Auch einige unter mittelgroße oder kleine Gestalten dieser Art sind aufzuführen. In erster Linie muß hier Napoleon genannt werden. Von ihm gibt es zahlreiche Porträts, die von Legros, Greuze, Gérard und anderen gemalt sind. Berühmt sind die Bildnisse von Legros, die Napoleon als Lieutenant-Colonel darstellen. Auf diesen hat er helles, aschblondes, wallendes Haar, auf anderen ist es mehr rötlich oder dunkelblond; offenbar hatte er jene Spielart des Blonden, die je nach der Beleuchtung heller oder dunkler erscheint. Die Augen waren blau, das Gesicht lang und schmal, ebenso die leicht gebogene Nase. Was die Form seines Schädels anbetrifft, so hat man aus Napoleons Feldhut im Berliner Zeughaus schließen wollen, daß er ein Rundkopf gewesen sei. Aber abgesehen von den großen methodischen Bedenken, aus der Form eines steifrandigen Hutes auf die Schädelform seines Trägers schließen zu wollen — nach meinen Beobachtungen entstehen dabei die gröbsten Irrtümer —, lassen die zahlreichen Büsten sowie Porträts, die den Kopf in den verschiedensten Stellungen zeigen, keinen Zweifel darüber aufkommen, daß Napoleon einen schmalen Schädel gehabt hat. Dies geht überdies aus seiner Totenmaske aufs deutlichste hervor, die einen Teil des Schädels mitumfaßt. Die Langschädeligkeit Napoleons wird auch dadurch sehr wahrscheinlich gemacht, daß seine Heimat Korsika von allen Departements Frankreichs den niedrigsten Index, 76,93, hat. Zeitgenossen berichten aus seiner Offiziers- und Konsularzeit, daß seine Haut gelb gewesen und er wie eine häßliche Kröte ausgesehen habe. Doch wurde er in jenen Jahren von heftigen Fiebern heimgesucht und litt er an einer Hautkrankheit. Als er später gesund wurde, nahm seine Haut die natürliche marmorweiße Farbe wieder an, die der ganzen Familie eigen war. Seine Gestalt war unter mittelgroß; sie ist nicht etwa durch Mischung mit der kleinen brünetten Rasse entstanden, sondern die ganze Gestalt Napoleons macht, ähnlich wie diejenige des blonden Raffael, den Eindruck einer „grazilen Variation“ der nordischen Rasse. Seine physischen Eigenschaften hat er vornehmlich von seinem Vater ererbt, während seine Mutter eine hohe Gestalt, braune Haare und braune Augen hatte. Napoleons Geschwister zeigen teils den blonden, teils einen Mischtypus.

Über den Typus von Montaigne sind wir durch biographische Nachrichten und Bildnisse genau unterrichtet. Er war etwas untermittelgroß, aber stark gebaut, seine Haut frisch-rot, die Augen blau, die Haare blond. Der Bart soll nach der Angabe eines Biographen kastanienbraun gewesen sein. Doch zeigt das älteste Bildnis, das im Musée Chantilly ist, neben rötlich-blonden Haaren und Augenbrauen auch einen blonden Bart, immerhin ist der Bart etwas dunkler als das Haar. — Klein von Gestalt war auch der blonde, blauäugige David d’Angers. Sein Rückgrat war gebeugt, die rechte Schulter hoch, und die Kopfbildung macht den Eindruck einer rachitischen tête carrée. Seine pathologische Körperbildung ist derjenigen von Kant sehr ähnlich. — Sein großer Vorgänger Houdon war ebenfalls klein, der Teint frisch-rot, die Augenfarbe blau. Der Kopf hatte die Bildung der nordischen Rasse, war aber, wie ein Biograph berichtet, im Verhältnis zu seiner Statur ungemein groß. Der große Schädel und die kleine Gestalt waren daher wahrscheinlich ein Ergebnis abnormen Wachstums.

Es folgen einige großgewachsene, blonde und blauäugige Gestalten, die in anderen Merkmalen eine leichte Mischung mit der brünetten Rasse erkennen lassen. Dahin gehört Molière mit seinem bräunlichen Teint und dichten schwarzen Augenbrauen, Mérimée und wahrscheinlich auch Jules de Maistre, beide mit ebenfalls schwarzen Augenbrauen, doch ist bei letzterem die Haarfarbe nicht bekannt.

Eine leichte Mischung mit brünetter Rasse zeigen auch die großgewachsenen, weißhäutigen Blonden mit braunen Augen, die ich in Frankreich viel häufiger gefunden habe als unter den berühmten Männern Italiens. Als Beispiele seien angeführt: P. Corneille, dessen blonder Bruder Thomas dagegen blaue Augen hatte; Mirabeau mit seiner Hünengestalt und seiner blonden Löwenmähne (sein grazil gebauter Vater, dem er sonst sehr ähnlich sieht, hat blaue Augen); Lamartine, von dem der Biograph als „einem edlen Kind mit blonden Haaren“ spricht (die später dunkelblond-rötlich wurden), ferner Legros, Condorcet, Pascal, Clouet. Hohe Gestalt, blaue Augen und braune Haare hatten Taine und Thomas, dabei mittlere Größe Lagrange, wahrscheinlich auch Chaptal und Magendie.

Einen sonderbaren Mischtypus stellte V. Hugo dar. Er hatte blonde Haare, rosig-frischen Teint, braune Augen, kleine Gestalt, enorm großen Kopf mit breitem Schädel, breitem Gesicht, doch großer, leicht gebogener Nase. Daß Hugo „blond und rosig“ war, bezeugt Th. Gautier, der darüber betrübt war und tief bedauerte, daß der Fürst der romantischen Poesie nicht dunkelhaarig und bleich war. Die kleine Gestalt ist in diesem Falle offenbar Erbteil des homo alpinus.

Hohe Gestalt in Verbindung mit braunen Augen, braunen Haaren, hellem Teint und Gesichtszügen der nordischen Rasse finden wir bei Boieldieu, Condillac, Gobineau, Turgot, Diderot (das Ebenbild Goethes) und Th. Gautier, dessen Gesicht aber breit ist und die Züge des homo alpinus trägt.

Eine Kombination von großer Gestalt, blauen Augen, hellem Teint und schwarzen Haaren zeigen Rude, Beaumarchais, Malherbe, Millet, Poussin, doch hatte der letztere bei schwarzem Haar einen hellblonden Bart. Garnier hatte dagegen dunkle Gesichtsfarbe und helle, blaugrüne Augen. Großgewachsene Mischlinge mit braunen Augen, schwarzen Haaren und meist hellem Teint waren z. B. Richelieu, Arago, Royer-Collard, der im übrigen seiner blauäugigen Mutter glich; vielleicht gehören hierhin auch Monge, Marivaux und Buffon, der einen auffallend frischen Teint und schwarze dichte Augenbrauen besaß, die ein Erbteil und Stolz der Familie waren, doch ist die Farbe der Haare nicht bekannt. Courbet hatte eine sehr hohe Gestalt, schmales Gesicht, konisch geformten Schädel, schwarze Haare und schwarzen Bart, doch war der Bart in jungen Jahren, als er zu sprossen begann, hellblond, wie sein Porträt im Louvre zeigt, das unter der Bezeichnung l’homme à la ceinture bekannt ist.

Eigenartige Mischlinge waren Descartes, Marat, Stendhal und andere. Descartes hatte eine etwas unter mittelgroße Gestalt, dunkelbraune Haare, helleren Bart, graue Augen mit schwarzen Punkten, in der Jugend einen blassen Teint, der später rosig wurde und im Alter gelbliche Färbung annahm. Das Gesicht war lang und die Nase groß. — Marat war klein, hatte grau-gelbe Augen, braune Haare, schwarzen Bart, einen blassen, bleifarbenen Teint, ein breites Gesicht mit Adlernase. — Stendhal war mittelgroß, sein Haar und Bart dunkelbraun, der Teint frisch-rot, das Gesicht breit, die Nase schmal und gebogen. Wenn man mit dieser Beschreibung von M. R. Colomb das Reliefporträt vergleicht, das David d’Angers angefertigt hat, muß der Schädel breit, aber zugleich sehr lang gewesen sein. — Zola hatte eine etwas untermittelgroße Gestalt, das Haupthaar war dunkelbraun, der Bart kastanienbraun, um den Mund heller und rötlich, Teint blaß, Augen braun. — Carpeaux war mittelgroß, Haupthaar schwarz, Bart braun, Augen braun, Teint blaß, doch war das Haar in der Jugend lichtbraun. — Colbert hatte dunkle (schwarze oder dunkelbraune) Haare, hellen Teint, kleinen hellblonden Bart, braune Augen und schwarze Augenbrauen. Andere Glieder seiner Familie waren blond und blauäugig. — Klein, schwarzhaarig mit blasser Hautfarbe waren Guizot und Thiers, der erstere mit einem schmalen, der letztere mit einem breiten Gesicht.

J. J. Rousseau hatte eine mittlere Körpergröße, schwarze Haare, braune Augen, bräunlichen, aber doch aufgehellten Teint, so daß die Wangen frisch-rot waren. Fast die gleiche Kombination der Eigenschaften findet man bei Frau Staël, deren „Teint mehr braun als frisch war, doch immerhin gerötet und beim Sprechen sich belebend“.

Mit diesen Typen nähern wir uns immer mehr Vertretern der brünetten Rasse, deren Kombination von schwarzen Haaren, braunen Augen und braunem Teint ich bisher nur bei Larochefoucauld und Delacroix gefunden habe, von denen der erstere mittelgroß, der letztere übermittelgroß war. Andere Glieder der Familie Larochefoucaulds zeigen den blonden Typus. Ob auch Balzac und Claude Lorrain hierhin gehören, ist nicht gewiß, da ich über ihre Hautfarbe nichts Sicheres finden konnte.

Bei einigen reicht das vorhandene ikonographische und biographische Material nicht aus, um ihren Typus genau festzustellen. Von Cabanis wird z. B. nur berichtet, daß er mittelgroß war und einen blassen Teint hatte. Farbige Bildnisse gibt es nicht (soweit mir bekannt), doch fand ich im Cabinet d’estampes der Nationalbibliothek eine schöne Gravüre mit einem schmalen, edel geformten Gesicht. — Über Ampère wissen wir nur, daß er von hoher Gestalt war, einen blassen Teint hatte, über den eine leichte Röte flog; nach seiner Büste im Museum zu Lyon hatte er eine nordische Kopfbildung. — Geoffroy St. Hilaire war schlank und groß und hatte hellen Teint. Heim hat von ihm ein sonst wenig bekanntes schönes Bildnis in schwarzer Kreide überliefert, das sich im Louvre befindet. Das Gesicht ist lang und schmal, das Reliefbildnis von David d’Angers zeigt außerdem einen langen Schädel. Farbige Bildnisse gibt es nicht, doch ist er höchst wahrscheinlich lichthaarig gewesen, da die erwähnte Kreidezeichnung von Heim das leicht gelockte Haar ganz hell wiedergibt, und weiße oder gepuderte Haare ausgeschlossen sind. — Über Lamarck gibt es nicht eine einzige verwertbare biographische Nachricht, auch habe ich kein farbiges Bildnis finden können, doch gibt es zahlreiche Gravüren, die echte nordische Kopf- und Gesichtsbildung erkennen lassen. Er stammte väterlicher- und mütterlicherseits aus alten Seigneurs-Familien der Picardie, und es ist daher sehr wahrscheinlich, daß er germanischer Abkunft war. — Von Lamettrie ist nur eine einzige Gravüre auf uns gekommen, die ein langes Gesicht mit langer Nase zeigt, ebenso von Lancret, dessen Gesicht außerordentlich schmal war. — Über Watteau berichten die Zeitgenossen, daß er eine mittlere Gestalt und schwache Konstitution gehabt hat. Drei Selbstbildnisse, die ihn in verschiedenem Lebensalter darstellten, sind verschollen. Doch sind Gravüren von ihnen erhalten, die ein auffallend langes Gesicht und eine schmale, leicht gebogene Nase erkennen lassen. Vielleicht hatte er braune Augen. — Über P. Bayle gibt es keinerlei anthropologisch verwertbare Nachrichten; sein Ölbildnis von C. von Loo und dessen Kopien sind verschollen; trotz großer Bemühungen konnte ich nicht die geringste Spur davon entdecken.

Während wir über Madame de Sévignée genau unterrichtet sind, haben wir über Madame Lafayette nur die Notiz, daß sie eine sehr hübsche Frau gewesen sei. Das am besten beglaubigte Bildnis ist eine Gravüre von Ferdinand, auf der sie ein länglich-ovales Gesicht und eine schmale etwas hervorragende Nase zeigt Ein farbiges Porträt befindet sich in Versailles, doch wird es für unecht gehalten. Falls es echt ist, war sie blondhaarig und blauäugig wie Madame de Sévignée.12

Von Pilon, Lescot, Delorme, Ducerceaux sind nur Gravüren vorhanden, ebenso von Vignon, dem Erbauer der Madelaine-Kirche. Sie zeigen die Gesichtszüge der nordischen Rasse, weiteres ist über sie nicht bekannt.

Alle bisher genannten Personen sind Vertreter der drei europäischen Rassen oder ihrer Kreuzungen. Bei zwei französischen Talenten haben wir auch eine Beimischung von Negerrasse festzustellen, bei den beiden Dumas. A. Dumas père hatte einen Neger zum Großvater. Er war von großer Gestalt, hatte schwarzes krauses Haar und hellblaue Augen. Die Gesichtszüge, namentlich die dicken Lippen, verraten noch deutlich das Negerblut. A. Dumas fils, dessen Mutter eine Jüdin war, läßt in den leicht gekräuselten Haaren und in den etwas dicken Lippen noch Nachwirkungen der Rasse seines Urgroßvaters erkennen; im übrigen war er großgewachsen, blond und blauäugig.

4. ÜBERSICHT ÜBER DIE ANTHROPOLOGISCHEN MERKMALE DER GENIES

Im folgenden gebe ich eine Übersicht über die anthropologischen Merkmale, über Körpergröße, Kopf- und Gesichtsform, Hautfarbe, Haar- und Augenfarbe, die bei den französischen Genies festgestellt wurden.

1. KÖRPERGRÖSSE

Hohe oder übermittelgroße Gestalt (d. h. über 170 cm): Ampère, Arago, Attiret, Augier, Beaumarchais, Becquerel (über 175 cm), Berlioz, Bernard, Berthollet, Biot, Boieldieu, Bossuet, Buffon (178), Carnot, Carrière, Coysevox, Condé, Condillac, P. Corneille, Corot, Courbet, Danton (195), David, Decandolle, Delacroix, Diderot, Dumas père, Dumas fils, Dupuytren, Fénelon, Flaubert, Flourens, Fontenelle, Français, Garnier, Gassendi, Gautier, Gay-Lussac, Geoffroy St. Hilaire, Girardon, Géricault, Goujon, Gounod, Henri IV., Lafayette, Lamartine, Laplace, Largillière, Lavoisier, Legros, Leverrier, Louis XIV., Maistre, Malebranche (195), Manet, Mazarin, Mérimée, Mignard, Mignet, Millet (175), Mirabeau, Molière, Monge, Montalembert, Musset, Necker, Perraud, Poussin, Puvis de Chavannes, Rameau, Richelieu, Royer-Collard (176), Th. Rousseau, Rude, Taine, Talleyrand, Thomas, Turgot, Vauban, Vieuxtemps, Vigny, Viollet-le-Duc, Voltaire.

Mittelgroß (um 170 cm): Auber, Bizet, Boileau, Broca, Cabanis, Carpeaux, Charron, Châteaubriand, Chopin, Cuvier, Fantin-Latour, Fourrier, Greuze, Lafontaine, Larochefoucauld, Lesage, Lorrain, Massé, Michelet, Manet, Montesquieu, Proudhon, Racine, Regnault, Renan, Robespierre, J. J. Rousseau, Saint-Saëns, Sainte-Beuve, Mme. Staël, Stendhal, Thierry, Turenne, Watteau.

Klein oder unter mittelgroß: Adam, Balzac, Chapu, Comte, David d’Angers, Descartes, Foucauld, Fragonard, Gossec, Guizot, Houdon, Hugo, Lamennais, Latour (168), Marat (162,5), Meissonier, Montaigne, Napoleon, Pasteur, Sand, Thiers, Villemain, Zola (165).

In Zahlen ausgedrückt, ergibt sich, daß 84 hohe Gestalt, 34 mittelhohe und 24 untermittelgroße oder kleine Gestalt besaßen. Die Anzahl der kleinen Individuen ist sehr gering, auch glaube ich, daß, wenn von den 250 Talenten insgesamt die Körpergröße bekannt wäre, ihr verhältnismäßiger Anteil noch mehr sinken würde. Denn wenn die Biographen auch sonst nichts über die äußere Gestalt berichten, so pflegt die kleine Körpergröße immer von ihnen erwähnt zu werden. Die übrig bleibenden sind sehr wahrscheinlich zum größten Teil mittelhohe oder große Gestalten gewesen.

2. KOPF- UND GESICHTSBILDUNG

Da von allen behandelten Genies Porträts, wenn auch von einigen nur in Form von Gravüren, vorhanden sind, so sind wir über die Gesichtsbildung von allen anthropologischen Merkmalen am besten orientiert. Schmale und lange Gesichtsform finden wir bei der überwiegenden Mehrzahl. Um so mehr fallen die wenigen mit breiten Gesichtern auf, wie Gautier, V. Hugo, Cl. Lorrain, Corot, Stendhal, Thiers, Sainte-Beuve, Broca, Marat, Monge, Ingres, Balzac. Was die Schädelform anbetrifft, so haben wir hierüber wenige unmittelbare Zeugnisse. Den Index kennen wir nur von Dupuytren (73); von Montesquieu wird berichtet, daß er einen sehr schmalen Kopf hatte; ebenso wurde mir von verschiedenen Seiten mitgeteilt (unter anderen von Professor Ribot), daß Renan dolichocephal war, was durch seine Photographien, auf denen er mit nach vorne gesenktem Haupte dargestellt ist, bestätigt wird. Auch über Comte wird berichtet, daß sein Kopf eine ovale Form hatte. Die Totenbüsten von Napoleon und Béranger lassen deutlich erkennen, daß sie dolichocephal waren. Im übrigen dürfen wir nach den Regeln anthropologischer Wechselbeziehungen mit großer Sicherheit annehmen, daß zu den langen und schmalen Gesichtern auch ebensolche Schädel gehören, namentlich wenn die betreffenden Personen zugleich blond und großgewachsen sind. Sehr wahrscheinlich sind aber auch breite Langköpfe unter ihnen zu finden. Besonders breite Schädel besaßen Broca, Sainte-Beuve, Hugo, Thiers, Marat, und zwar scheinen die beiden letzteren echte Kurzköpfe gewesen zu sein, während die ersteren einen breiten, aber zugleich langen Schädel besaßen, denn die Biographen sagen von Hugo, daß er eine „tête énorme“, und von Sainte-Beuve, daß er eine „grande tête rousse“ gehabt habe. Beide waren blond, Sainte-Beuve hatte zudem eine große Nase, „un nez curieux“, wie mir sein langjähriger Sekretär Troubat mitteilte. Wahrscheinlich hatten auch Balzac, Monge und Ingres einen breiten Schädel. Breites Gesicht mit Stumpfnase, wie es bei dem alpinen Typus vorherrscht, habe ich nur bei Balzac und Gautier gefunden, von denen der letztere aber durch die hohe Gestalt und braunen Haare seine Mischlingsnatur verrät. Zola hatte ein langes und schmales Gesicht, aber eine breite Stirn, und als er später volle Wangen bekam, machte sein Gesicht den Eindruck einer breiten Bildung. Mirabeau macht auf seinen Bildnissen ebenfalls den Eindruck eines breiten Gesichts, aber dies ist offenbar durch die dicken fleischigen Wangen bedingt, da seine Totenmaske ein sehr langes und ziemlich schmales Gesicht erkennen läßt.

3. HAUTFARBE

Bei der überwiegenden Mehrzahl ist der Teint hell, entweder blaß-weiß oder rosig-weiß. Blassen Teint hatten z. B. Cabanis, Ampère, Guizot, Mérimée, Thiers, Gautier. Ein frischer rosiger Teint wird besonders gerühmt von Montaigne, Charron, Beaumarchais, Flaubert, Gossec, Bizet, Vigny, Buffon, Massé, Decandolle, Malebranche, Malherbe, Turgot. Auffallend frisch-rot war die Gesichtsfarbe bei Corot und Renan. Besonders weißen Teint besaßen Napoleon („marmorweiß“) und Proudhon („weiß wie Kreide“). Madame Sévignée hatte „einen bewundernswerten Teint, von einem Glanz und einer Frische, wie man sie nur beim Erwachen der Morgenröte über die schönsten Frühlingsrosen sich ausbreiten sieht“. Madame de Staël war „mehr braun als frisch“, doch war ihr Teint so aufgehellt, daß die Wangen gerötet waren. Eine ähnliche Gesichtsfarbe hatte J. J. Rousseau. Ein brauner oder gelblicher Teint ist nur von sehr wenigen berichtet von Molière, Louis XIV., Garnier, Delacroix, Larochefoucauld, G. Sand.

4. HAARFARBE

Helle Haare (hell- bis dunkelblond, rötlich): Auber, Augier, Barante, Berjeon, Béranger, Berlioz, Bernardin de St. Pierre, Berthelot, Berthollet, Berton, Bizet, Bouchardon, Boucher, Bourdon, Bossuet, Bouguereau, Callot, Carnot, Carrière, A. Chénier, J. B. Chénier, Chènavard, Clouet, Chopin, Cochin, Condé, Condorcet, Coligny, Th. Corneille, P. Corneille, Corneille v. Clève, Corday, Couperin, Coypel, Coysevox, d’Alembert (?), Danton, J. L. David, David d’Angers, Delavigne, Desjardins, Desportes, Dumas fils, Fantin-Latour, Fénelon, Flandrin, Flaubert, Flourens, Fontenelle, Fourcroy, Français, Gassendi, Geoffroy St. Hilaire (?), Géricault, Girardon, Girodet, Gossec, Goujon, Gounod, Gresset (?), Grétry, Greuze, Guillain, Helvétius (?), Hugo, Henri IV., Jouvenet, Karl der Kühne, Lacordaire, Labruyère, Lafayette, Mme. Lafayette (?), Lallemand, Lamartine, Largillière, Laurens, Laplace, Lerambert, Lebrun, Legros, Leverrier, E. Lesueur, Malebranche, Manet, Mansard, Massé, Mazarin, Mérimée, Mignard, Mignet, Mirabeau, Montesquieu, Molière, G. Moreau, Napoleon, Nanteuil, Pater, Paré, Pascal, Percier, Proudhon, Prudhon, Puvis de Chavannes, Pigalle (?), Rabelais, Rameau (?), Regnard, Regnaudin, J. B. Regnault, Robespierre, Mme. Roland, Ronsard, Th.Rousseau, J. B. Rousseau, Sainte-Beuve, Saint-Just, L. Saint-Simon, Cl. H. Saint-Simon, Mme. Sévignée, Sully, Talleyrand, Turenne, Vauban, Vigée-Lebrun, H. Vernet, Vieuxtemps, Vigny, Viollet-le-Duc, Voltaire, Vouet.

Mischfarbene Haare (braun verschiedener Art und Kombination von blond und schwarz): Adam, Becquerel, Bernard, Biot, Boieldieu, Broca, Carpeaux, Chaptal, Chapu, Colbert, Condillac, Corot, Courbet, Decandolle, Descartes, Desmoulins, Diderot, Gay-Lussac, Gautier, Gobineau, Ingres, Lagrange, Lamennais, Louis XIV., Louvois, Magendie, Marat, Meissonier, Méhul, Michelet, Monet, Pasteur, Poussin, Puget, Perrault, Racine, Rouget de Lisle, Rigaud, Sand, Saint-Saëns, Stendhal, Taine, Thomas, Thierry, Turgot, Zola.

Schwarze Haare: Arago, Balzac, Beaumarchais, Chardin (?), Dumas père, Garnier, Guizot, Latour, Larochefoucauld, Lorrain, Malherbe, Millet, Monge, Montalembert, Richelieu, Rude (?), Royer-Collard (?), J. J. Rousseau, Staël, Thiers.

Unter den Schwarzhaarigen sind alle diejenigen aufgezählt, die schwarzes Haupthaar haben. Manche von ihnen mögen in der Jugend vielleicht hellere Haare oder einen helleren Bart gehabt haben und müßten dann in die zweite Abteilung eingereiht werden. Von Rousseau ist bekannt, daß er auch in der Jugend dunkle Haare hatte; auch schwarzen Bart besaßen Beaumarchais, Millet, Malherbe, Richelieu, von den anderen ist die Bartfarbe nicht bekannt.

Demnach finden wir 130 mit hellen, 46 mit mischfarbenen und 20 mit schwarzen Haaren.

5. AUGENFARBE

Helle Augen (blau, blaugrau, blaugrün): Auber, Augier, Attiret, Barante, Beaumarchais, Berjeon, Berlioz, Bernard, Berthelot, Berthollet, Berton, Bizet, Boucher, Bouchardon, Bourdon, Bouguereau, Bossuet, Broca, Carnot, Carrière, Chaptal, Chardin, Charron, Chènavard, A. Chénier, J. M. Chénier, Chopin, Cochin (?), Coligny, Condé, B. Constant, Corday, Th. Corneille, Corneille v. Clève, Couperin, Coustou, Coypel, Coysevox, Crébillon, Cuvier, J. L David, David d’Angers, Danton, Delavigne, Delille, Desjardins, Desportes, Dumas père, Dumas fils, Dupuytren, Fantin-Latour, Flaubert, Flandrin, Fleury, Flourens, Fontenelle, Fourcroy, Fourier, Fragonard, Français, Garnier, Gassendi, Géricault, Girardon, Girodet, Gounod, Gossec, Gresset, Grétry, Guillain, Helvétius, Henri IV., Houdon, Jouvenet, Karl der Kühne, Labruyère, Lacordaire, Lafayette, Mme. Lafayette (?), Lafontaine, Lagrange, Lallemand, Lamennais, Laplace, Largillière, Latour, Lavoisier, Lebrun, Lesage, Lerambert, Lesueur (Maler), Lesueur (Musiker), Leverrier, Louis XIV., Mably, Magendie, Maistre, Malebranche, Malherbe, Malesherbes, Manet, Mansard, Maupertuis, Marmontel, Méhul, Mérimée, Mignard, Mignet, Millet, Molière, Montaigne, Montalembert, G. Moreau, Musset, Nattier, Nanteuil, Napoleon, Natoire, Oudry, Pater, Paré, Palissy, Pasteur, Percier, Pigalle, Philippe de Champagne, Poussin, Proudhon, Puvis de Chavannes, Regnard, Regnault, Regnaudin, Renan, Robespierre, Roland, Mme. Roland, Ronsard, Rouget de Lisle, J. B. Rousseau, Th. Rousseau, L. Saint-Simon (Duc), Sainte-Beuve, Saint-Just, Sévignée, Sieyès, Soufflot, Saint-Saëns, Taine, Talleyrand, Thomas, Turenne, Vauban, Vernet, Vigée-Lebrun, Vieuxtemps, Vigny, Viollet-le-Duc, Voltaire, Vouet.

Mischfarbene Augen: Fénelon hat auf seinen Bildnissen in München und Versailles (von Vivien) das linke Auge fast blau (blaugrau), während das rechte mehr bräunlich (graubraun) ist. Fast die gleiche Augenfarbe hatte d’Alembert (nach seinen Porträts im Musée Carnavalet und in Versailles in der salle des académiciens). Descartes hatte graue Augen mit schwarzen Punkten; Marats Augen waren graugelb, ähnlich, aber etwas dunkler waren diejenigen von Prudhon und Cl. H. Saint-Simon.

Braune Augen: Adam, Arago, Balzac, Becquerel, Boileau, Boieldieu, Buffon, Carpeaux, Condillac, Condorcet, Châteaubriand, Corot, Courbet, Clouet, Decandolle, Delacroix, Desmoulins, Diderot, Gay-Lussac, Gautier, Guizot, Gobineau, Greuze, Hugo, Ingres, Lamartine, Larochefoucauld, Louvois, Legros, Marivaux, Meissonier, Michelet, Mirabeau, Monet (?), Monge, Pascal, Perrault (?), Puget, Racine, Rameau, Richelieu, Rigaud, J. J. Rousseau, Royer-Collard, Staël, Sand, Stendhal, Thierry, Thiers, Turgot, Villemain, Zola.

Die Augenfarbe konnte von 218 Personen festgestellt werden, und zwar zeigten 160 helle, 52 braune und 6 mischfarbene Augen.

Aus dieser Statistik ergibt sich ein starkes Überwiegen der nordischen Rassenmerkmale, der hohen Gestalt, schmalen Gesichtsbildung und hellen Farben; und fassen wir den Typus der einzelnen Personen nach den vorwiegenden anthropologischen Merkmalen ins Auge, so ergibt sich als Schluß: Die überwiegende Mehrzahl gehört der nordischen (germanischen) Rasse an, dann folgt eine geringere Anzahl von Mischlingen, die teils mehr der nordischen, teils mehr der brünetten Rasse sich nähern, schließlich eine sehr kleine Anzahl, die man der alpinen oder mediterranen Rasse zuschreiben muß. Da bei den 250 Individuen nicht alle in Betracht kommenden Merkmale festgestellt werden konnten, ist ein zahlenmäßiges Verhältnis der drei Typen untereinander nicht ganz genau auszurechnen. Aber aus den Prozentualzahlen der anthropologischen Merkmale kann immerhin mit großer Gewißheit geschlossen werden, daß ungefähr 70—75 Proz. dem germanischen, 20—25 Proz. dem gemischten und 5 Proz. dem brünetten Typus angehören. Damit ist nicht gesagt, daß die Individuen der ersten Gruppe alle der germanischen Rasse eigentümlichen Merkmale rein und unvermischt besitzen. Es kann sich hierbei nur um relativ reine Rassetypen und um das Vorherrschen einer bestimmten Zusammenordnung der Eigenschaften handeln. Dasselbe ist auch bei der dritten Gruppe der Fall. Während in der ersten Gruppe etwa 115—120 Personen mit blonden Haaren und blauen Augen, in der zweiten Gruppe etwa 30 mit mischfarbenem Haar und braunen Augen, können in der letzteren nur 10 festgestellt werden, die zugleich schwarze Haare und braune Augen haben, und nur 2, die eine Kombination von schwarzen Haaren, braunen Augen und unvermischtem braunen oder gelblichen Teint aufweisen, nämlich Larochefoucauld und Delacroix. Rousseau und Staël stehen diesem Typus nahe, doch mögen auch noch einige andere mehr diese Kombination der physischen Merkmale gehabt haben.

5. DIE RASSENENTARTUNG DER FRANZÖSISCHEN NATION

Der Verfall der römischen Macht und Kultur in Gallien und das Wiedererwachen des politischen und geistigen Lebens, nachdem die eingewanderten Germanen neue soziale und ideelle Voraussetzungen einer höheren Kultur geschaffen, beweist auf das deutlichste, daß ein in seinem innersten Mark entartetes und heruntergekommenes Volk nicht wieder aus sich selbst heraus sich verjüngen kann, sondern daß zur nationalen Wiedergeburt eine lebensfrische, bisher kulturell geschonte Rasse erforderlich ist. So lange ein Volk noch gesunde Reserveschichten einer begabten Rasse in sich birgt, kann es sich wieder emporheben; sind auch sie erschöpft, dann ist der endgültige Verfall unabwendbar.

Dieses Gesetz des Völkerlebens führt unvermeidlich zur Wiederholung der Schicksale, die Rom und Griechenland und andere antike Staaten erfahren haben. Und wenn nicht alles trügt, so machen sich in Frankreich seit einem halben Jahrhundert bedenkliche Anzeichen eines Niederganges bemerkbar, der von französischen Politikern und Soziologen immer wieder festgestellt, in seinen Ursachen jedoch falsch gedeutet wird.

Was dem anthropologisch geschulten Forscher beim Überblick über die französische Geschichte in erster Linie auffällt, das ist ein merkwürdiger Rassenwechsel, der seit dem Mittelalter, namentlich aber in den letzten drei Jahrhunderten, immer mehr fortschreitet und der die Verdrängung der langköpfigen Rasse durch die kurzköpfige zum Ziele hat. Doch macht sich dieser Wechsel mehr in den niederen als in den oberen Schichten bemerkbar, und namentlich in denjenigen Departements, in denen die germanische Rasse sich nicht als Bauernbevölkerung ansiedelte, sondern nur eine dünne Herrenschicht bildete.

Wie früher erwähnt wurde, waren die Brachycephalen schon in vorhistorischen Zeiten da, scheinen dann aber zur Zeit der Gallier zurückgedrängt und bis ins Mittelalter nur in einzelnen Distrikten stärker vertreten gewesen zu sein. Seit dem Ausgang des Mittelalters verbreiteten sie sich über fast ganz Frankreich, und in den letzten Jahrhunderten bekamen sie sogar das Übergewicht, so daß heute Frankreich nach der durchschnittlichen Form der Köpfe als ein brachycephales Land, wenn auch niederen Grades, bezeichnet werden muß. Um nur einige Beispiele zu erwähnen, so fand Lapouge im Departement Aveyron, daß die prähistorischen Schädel einen Index von 71,4—73,3, die römischen von 77,3, die des Mittelalters von 78,6, vor hundert Jahren von 84,2, im Jahre 1869 von 85, und 1889 sogar von 86 zeigten. In anderen Gebieten, wie im Seinebecken, hat sich der Index seit dem Mittelalter nur um ein bis zwei Einheiten erhöht, während das Zentrum Frankreichs, der Hauptsitz der alten Kelten, gegenwärtig einen Index von 86—88 aufweist.

Diese Erscheinung des Rassenwechsels, das Zurückweichen der Langköpfe vor den Kurzköpfen, wurde auch in Deutschland, Österreich, Italien, Belgien und Rußland festgestellt. Ihr von Jahrhundert zu Jahrhundert zunehmender Anteil an der Gesamtbevölkerung erklärt sich hauptsächlich durch stärkere Vermehrung, durch passives Nachrücken und mechanisches Ausfüllen der Lücken, die in den Schichten der herrschenden Dolichocephalen entstanden. Das Aussterben der großgewachsenen blonden Rasse ist ein Schicksal, das mit ihrer sozialen Herrschaftsstellung und ihren psychologischen Eigenschaften unlösbar verknüpft ist. Sie ist eine Wanderrasse der ausgesprochensten Art. Der Trieb in die Ferne, der kriegerische Wagemut, die kulturelle Pionierarbeit entzieht ihre Elemente der Heimat. Schon vor einem Vierteljahrhundert schrieb Lapouge: „Der blonde und dolichocephale Typus ist es, den wir bei den Nachkommen unserer alten Ansiedler auf den Antillen, in Kanada und Transvaal wiederfinden.“ Die Kanadier französischer Herkunft haben eine Körpergröße von 173 cm, die also den Durchschnitt in Frankreich weit übertrifft; die in Amerika eingewanderten Franzosen zeigen 36,4 Proz. blonde Haare und 70,7 Proz. helle Augen, darunter 44,3 Proz. blaue. In ganz Frankreich gibt es nicht einen einzigen Bezirk, in dem ein so starkes Vorherrschen blonder Elemente festgestellt werden kann.13

Aber die blonden Langköpfe wandern nicht nur ins Ausland und in die Kolonien, sondern auch in die Städte. Wo beide Rassen auf dem Lande untereinander vermengt wohnen, da bilden die städtischen Mittelpunkte mit ihrem gesteigerten Wettkampf und der Möglichkeit, in höhere Stände aufzusteigen, das Ziel ihrer Wanderungen, wie durch zahlreiche Untersuchungen von Lapouge, Collignon, Ammon und anderen gezeigt worden ist. Darauf beruht die schon erwähnte anthropologische Tatsache, daß die Städter einen durchschnittlich niedrigeren Index zeigen als die Landbevölkerung der umliegenden Bezirke. Durch zahlreiche genealogische Forschungen ist aber festgestellt, daß die Städte „die Menschen verzehren“, und die Familien der höheren Stände nach mehreren Generationen mehr oder minder schnell auszusterben pflegen.14

Das Erlöschen der blonden Geschlechter ist ferner durch ihre kriegerischen Eigenschaften verursacht. Die germanischen Eroberer waren die herrschende Schicht, und das ganze Mittelalter hindurch haben die Kämpfe der Territorialfürsten untereinander, die Kreuzzüge, der hundertjährige Krieg, die Albigenser- und Hugenottenkriege und schließlich die Eroberungszüge Napoleons die Reihen der Blonden gelichtet. Nach Prutz fielen in der Schlacht bei Crecy 1600 Barone und 4000 Edelknappen, so daß es kaum ein adeliges Haus in Frankreich gab, das nicht eines oder mehrere seiner Glieder zu beweinen hatte. Bei Maupertuis deckten 2400 Edle den Boden. Namentlich aber haben die Religionskriege unter den oberen Schichten der Bevölkerung gewütet. Die Lehre der Albigenser hatte sich im Anfang des 13. Jahrhunderts über ganz Südfrankreich, besonders in den großen Städten und bei den adeligen Geschlechtern ausgebreitet. Hunderttausende fielen auf beiden Seiten, ganze protestantische Städte wurden fast ausgerottet, z. B. in Béziers, wo 20 000 Einwohner umgebracht wurden. Das in Toulouse errichtete Inquisitionstribunal übergab viele dem Flammentod, und 1244 wurden die Reste der Albigenser in den Pyrenäen vernichtet. Die Troubadourpoesie erhielt durch diese Verfolgungen ihren Todesstoß. Simmering bemerkt in seinem Werk über die „Provençalische Literatur“, daß der schnelle Verfall derselben bald nach 1200 hauptsächlich durch den blutigen Albigenserkrieg befördert wurde, der die politische Selbständigkeit der Provence vernichtete, deren Reichtum zerstörte, den Adel zum größten Teil ausrottete oder verarmen ließ. In den Hugenottenkriegen hat Frankreich etwa eine Million seiner besten Elemente aus dem Adel und höheren Bürgerstand durch Tod oder Auswanderung verloren. Die Normandie allein wurde von 200 000 Einwohnern verlassen, die Cevennen geradezu entvölkert. Man zählt eine große Liste von berühmten Gelehrten, Schriftstellern und Politikern auf, Nachkommen der Réfugiés, die unter fremden Völkern, in Deutschland, Holland und England, Bedeutendes geleistet haben.

Auch die französische Revolution hat mit ihren Greueltaten unter dem Adel- und Bürgerstand kräftig aufgeräumt. Ich will nicht darauf hinweisen, daß Lavoisier, Chénier, Condorcet, Malesherbes als Opfer fielen, aber bedeutsamer ist es, daß die Führer der Revolution, Menschen von hervorragender Intelligenz und Energie, deren geniale Kraft zu früh und zu unvermittelt zur Macht gelangte, sich und ihre Anhänger gegenseitig ausrotteten. „Mirabeau und Marat“, ruft Lapouge aus, „Danton und Robespierre, Girondisten und Jacobiner — alle waren sie groß! Diese hervorragenden Menschen schickten sich alle gegenseitig auf das Schafott. Das dauerte zwei oder drei Jahre, und in dieser Zeit verblutete fast alles, was es in Frankreich an Seelengröße, Begeisterung und Energie gab, alles, was das alte Régime an Männern hinterlassen hatte.“ — Es ist heute leicht und billig, mit der Miene anthropologischer Aufgeklärtheit diese Greueltaten zu verdammen, aber Adel und Dynastie waren selbst schuld daran, daß dieses Unheil über die Nation hereinbrach. Sie gaben den vorwärtsdrängenden Kräften des politisch erwachenden Bürgerstandes durch gesunde Reformen nicht rechtzeitig nach, und der Adel selbst war im innersten Mark entartet. Seit Carlyle ist es Mode geworden, die ungeheuren Wohltaten, welche die moderne Welt dieser großen Revolution schuldet, in undankbarster Weise zu vergessen; und die gesättigten Existenzen der Bourgeoisie von heute, die nur durch sie zur Herrschaft und Freiheit gekommen sind und sich nun gegenüber der Arbeiterklasse aristokratisch gebärden, haben kein Recht, diese Großtat der Geschichte zu beschmutzen, und eine solche ist und bleibt sie, da sie die moderne Welt unter Schmerzen und Opfern geboren hat.

Die Ehelosigkeit der Priester hat nicht weniger unter der germanischen Rasse in Frankreich aufgeräumt. Schon zur Zeit der Franken und Normannen sehen wir die Abkömmlinge der Barbaren sich eifrig dem Mönchsleben widmen. Könige und Fürsten verschmähten nicht, ins Kloster zu gehen. Die höheren Kirchenstellen waren bis zur Revolution ein Vorrecht des Adels. „Die Auslese durch den Priesterstand hat in Frankreich in einem ganz besonderen Grade dazu beigetragen, den alten Adel auszumerzen, denn in jeder Generation ist die Hälfte der männlichen und zwei Drittel der weiblichen Nachkommen der Kirche geweiht worden. Wenn man die Memoiren des 17. und 18. Jahrhunderts liest, ist man immer wieder darüber erstaunt, wie die Seitenverwandten von allen berühmten Personen in den Klöstern verschwinden“.15

Alle diese Vorgänge trugen dazu bei, in den dolichocephalen Schichten große Lücken hervorzurufen, in welche die in den niederen Ständen vorherrschenden brachycephalen Elemente einrückten. Noch begünstigt wird dieser Rassenwechsel durch sexuale Auslese. Es scheint, als ob die Brünetten sexuell aktiver sind als die Blonden und dadurch ein Übergewicht erlangen. Ferner spricht manche Beobachtung dafür, daß bei der Mischung elterlicher Rasseneigenschaften der Kurzkopf überwiegt. Bei diesen Kreuzungen entstehen auch die falschen Kurzköpfe und die breiten Langköpfe, die in den Indextabellen als „Brachycephale“ aufgeführt werden und dadurch verhängnisvolle statistische Irrtümer hervorrufen. So ist es gewiß, daß die in den französischen Statistiken erscheinenden zahlreichen Brachycephalen in vielen Fällen Pseudobrachycephalen sind, die an sich keineswegs eine Verschlechterung der Rasse bedingen, da die Mischlinge aus beiden Rassen nicht selten sich als ebenso begabt erwiesen haben wie die reinrassigen Blonden. Aber der gesellschaftliche Aussterbeprozeß ist ein allmählicher. Auch die Mischlinge verfallen ihm, wenn die reinrassigen Elemente ausgestorben sind. So schwindet ein anthropologisches Merkmal der höheren Rasse nach dem anderen, bis schließlich nur die aufgehellte Haut an die nordische Blutmischung erinnert und eine „weiße Rasse“ vortäuscht.

Zu dieser rassenanthropologischen Verschlechterung der französischen Nation infolge Aussterbens der germanischen Geschlechter, auf die zuerst Lapouge und neuerdings mit bemerkenswerter Offenheit Baudin16 hingewiesen hat, tritt noch ein biologischer Niedergang, der sich in Abnahme der Bevölkerung, Verschlechterung der Konstitution und größerer Sterblichkeit äußert. Zuerst kam die Idee einer biologischen Verschlechterung der Rasse im Jahre 1854 auf, als die Zahl der Toten die der Geborenen überschritt und ein Defizit von 69 318 festgestellt wurde. In der Folge wurde diese Abnahme der ehelichen Fruchtbarkeit immer größer, z. B. kamen

1800—1805     4,24   Kinder auf eine Ehe
1831—1835     3,47        „      „      „      „
1856—1860     3,16        „      „      „      „

Boudin (ein Arzt) wies dann auf eine Verschlechterung der physischen Konstitution hin, die sich in der Abnahme der Körpergröße und der Militärtauglichkeit zeigen sollte.17

Broca suchte demgegenüber darzutun, daß die Sterblichkeit gesunken, die mittlere Dauer des Lebens zugenommen und daß in den letzten 35 Jahren (bis 1867) die durchschnittliche Körpergröße sich nicht geändert habe. Aber dabei bleibt die Frage noch offen, ob die Körpergröße nicht im Vergleich mit früheren Jahrhunderten abgenommen hat, was sehr wahrscheinlich ist, da mit dem Aussterben der Blonden auch das korrelative Merkmal höherer Körpergestalt schwindet. Umfangreiche vergleichende Untersuchungen sind darüber noch nicht angestellt worden; aber es ist bedeutsam, daß nach den Untersuchungen von Rohan die Pariser von heute um 1 cm kleiner sind als die des Mittelalters. In solchen Bezirken, wo es im Mittelalter nur eine blonde Oberschicht gab, dürfte der Unterschied im Verhältnis noch größer sein. Und abgesehen davon, daß die Zunahme der durchschnittlichen Lebensdauer keineswegs eine Verbesserung der physischen Konstitution in sich schließt, sind die optimistischen Ansichten Brocas in der Folge durch die Tatsachen widerlegt worden. Die auf eine Ehe kommende Kinderzahl ist noch mehr gefallen, nämlich auf 2,7, während sie in England noch 3,7, in Deutschland 4,4 beträgt. Gleichzeitig aber hat die Zahl der Todesfälle zugenommen, und der Überschuß der Geburten ist noch geringer geworden.

Zum Schluß muß noch eine letzte Ursache der Entartung angeführt werden, das im letzten Jahrhundert aufgekommene Zweikindersystem, das nicht nur die eheliche Fruchtbarkeit herabsetzt sondern die Nation auch qualitativ schädigt. Abgesehen davon, daß die rassenanthropologisch besseren oberen Schichten dieses System zuerst und am meisten befolgen, muß bei einer geringen Kinderzahl auch der physiologische Abänderungsspielraum und damit die Möglichkeit der Genieproduktion verringert werden, denn nicht selten sind die dritten, vierten und späteren Kinder besonders gut begabt gewesen. Durch dieses System wird auch ein Mangel an natürlicher Auslese herbeigeführt, da wenige Kinder von den Eltern besser gehütet und gepflegt und auch die schwächlichsten hoch gebracht werden. Aber nur wenige Generationen genügen, um auf diese Weise durch stärkere Erhaltung und Vermehrung der Schwachen eine Herabsetzung der Konstitution herbeizuführen.

Das gleiche System führt zu einer Herabsetzung von Mut und Initiative, da ein oder zwei Kinder verweichlicht und verhätschelt werden, und da das zusammengehaltene familiäre Erbteil gewiß ist, fehlt auch der heilsame Ansporn der Unzufriedenheit und des Mangels. Eine der auffälligsten Folgen dieses Rückganges an Initiative ist der Rückgang der großen wirtschaftlichen Unternehmungen, wofür nichts bezeichnender ist, als die Abnahme des Exports. Denn Frankreich, das im Jahre 1859 in der Reihe der handeltreibenden Völker an zweiter Stelle stand, ist heute in die vierte gerückt.

Aus alledem darf man wohl schließen, daß die französische Nation eine anthropologisch und biologisch Niedergang begriffene Rasse ist. Das bisher so kriegerische Volk wird friedliebend und ruhig, sucht den Frieden fast um jeden Preis. Die große Masse des Volkes nimmt immer mehr den psychischen Charakter des brachycephalen Menschen an. „Der kurzköpfige Mensch“, schreibt Lapouge, „ist mäßig, fleißig oder mindestens sparspam. Er besitzt eine bemerkenswerte Klugheit und läßt nichts im Ungewissen. Zwar fehlt ihm nicht der Mut, wohl aber der kriegerische Sinn. Er hängt an der Heimat und besonders an seinem Geburtsort. Selten ist er ganz unbedeutend, doch seltener erhebt er sich zum Genie. Der Kreis seiner Ideen ist beschränkt, und mit Geduld arbeitet er daran, ihn auszufüllen.“ Natürlich paßt diese psychische Schilderung nicht für die einzelnen Personen, auch nicht für alle Landstriche und alle Schichten, aber sie entspricht dem Gesamteindruck, den das französische Volk in den letzten Jahrzehnten macht.

Die politische Herrschaft ist in Frankreich der germanischen Rasse endgültig verloren; denn sie hat aufgehört, eine sozial herrschende Schicht zu sein. Nicht als wenn germanische Abkömmlinge unter den Staatsmännern des gegenwärtigen Frankreich fehlten, aber in der überwiegenden Mehrzahl sind an ihre Stelle Rundköpfe, Mittelländer und altgallische Mischlinge getreten. Die Abwicklung der Dreyfuß-Affäre hat indes gezeigt, daß die Nation noch großer sittlicher Begeisterung fähig ist, und der Kampf gegen die Kirche und ihre Trennung vom Staat ist ein Unternehmen, um das Frankreich beneidet werden muß. Leider kommt dieser Kampf zu spät und ist er nicht gründlich genug. Es fehlt die Bekämpfung des völkermordenden Cölibats. Ob die Nation noch einmal einen politischen Aufschwung erleben wird, wie zur Zeit Ludwigs XIV. und Napoleons, muß die Zukunft lehren, doch ist es mehr zweifelhaft als gewiß. Indes flüchtet sich das germanische Element in die Regionen der geistigen Welt und sichert der französischen Nation in der Kunst die hohe Stellung unter den Völkern, die sie in Wirtschaft und Politik verloren hat.

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1 Bulletin de la Société d’anthropologie, 1889.
2 Lapouge, Matériaux pour l’anthropologie de l’Aveyron. Bulletin de la Société Languedocienne de géographie, 1898.
3 Lapouge, Crânes de gentilshommes et crânes de paysans à Notre-Dame de Londres. L’Anthropologie, 1892, S. 320.
4 Archiv für Anthropologie, Bd. XXII, S. 291.
5 Muffang, L’anthropologie des côtes du Nord, 1890.
6 Zentralblatt für Anthropologie, I, S. 318.
7 Globus, Bd. LXIII, S. 319.
8 Mém. de la Soc. d’anthropologie de Paris, I, Fasc. 4, S. 125. — Weitere Angaben dieser Art findet man in Lapouges „L’Aryen, son rôle social“, S. 417.
9 L. Passerini, Della origine della famiglia Bonaparte. Memoria storica, 1856.
10 Auf der Ausstellung von Miniaturen und Gravüren des 18. Jahrhunderts, die im Mai 1906 in Paris eröffnet wurde, fand ich manch wichtiges Material, z. B. ein schönes Porträt von Houdon und eins von Mirabeau, das einzige, auf dem die blonden Haare nicht gepudert sind.
11 Allen denjenigen, die mir bereitwilligst mündlich oder schriftlich Auskunft erteilt haben, möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen. Alle Anfragen, die ich nach Spanien gerichtet habe, sind dagegen ausnahmslos ohne Antwort geblieben. Frankreich ist noch immer das Land höflicher und liebenswürdiger Sitten.
12 Daß Mme. Lafayette blond war, wird durch die Gravüren wahrscheinlich gemacht. Denn wie ein Vergleich von biographischen Nachrichten und farbigen Bildnissen mit den Gravüren immer wieder lehrt, kann die Haarfarbe bis zu einem gewissen Grade auch aus den letzteren (ähnlich wie aus Photographien) erschlossen werden. Dunkle Haare sind auch in den Stichen dunkel wiedergegeben, während hell gravierte Haare entweder blonde, ergraute oder gepuderte darstellen können. Blonde Farbe ist nur dann als wahrscheinlich anzunehmen, wenn aus anderen Gründen (Alter, Haartracht) ergraute und gepuderte Haare auszuschließen sind. — Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daß sonst alle meine Angaben über Haarfarbe aus biographischen Nachrichten oder farbigen Bildnissen herrühren.
13 Lapouge, Les sélections sociales, 1896, S. 367.
14 Dieses „Gesetz der Langköpfigkeit der Städter“ hat vielfache Angriffe erfahren; doch so weit ich sehe, beruhen sie zum Teil auf Mißverständnissen. Meist wird nicht beachtet, daß dieses Gesetz nur relative Bedeutung hat, und daß seine Urheber die Gültigkeit desselben nur für solche Gebiete behaupten, wo beide Rassen untereinander vermengt auf dem Lande wohnen und die städtischen Zentren das Ziel einer Wanderungsauslese bilden.
15 Lapouge, Les sélections sociales, S. 273.
16 Baudin hat in einem im „Journal“ veröffentlichten Aufsatz die große Bedeutung der germanischen Einwanderer für Frankreich anerkannt, auf die furchtbare Gefahr hingewiesen, die dem Lande durch das Übergewicht der „lateinischen Rasse“ droht und den Verlust von Elsaß mit seiner vorwiegend deutschen Bevölkerung nicht ohne Grund beklagt. Das französische Volk habe bei nordischer Bluteinführung nur zu gewinnen. Die Annäherung Frankreichs an Deutschland würde verhängnisvoll werden, wenn sie politischer Art sein würde, aber dagegen das größte und wohltätigste Ereignis, wenn sie in Form einer Rassenannäherung sich vollzöge, wenn sie von Familie zu Familie, von Volk zu Volk stattfände.
17 Mém. de la Société d’anthropologie, III, S. 221.

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