Vierter Abschnitt

DIE BEDEUTUNG DER GERMANEN IN DER WELTGESCHICHTE

1. DIE RENAISSANCE IN ITALIEN

D

en anthropologischen und ideellen Spuren der germanischen Stämme in den romanischen Ländern nachzugehen, ist eine ebenso schwierige wie reizvolle Aufgabe. Bisher hat man wohl die Meinung gehabt daß in die mittelalterlichen Staatseinrichtungen und in die Sprachen der Romanen germanische Elemente eingedrungen sind; man gibt auch zu, daß die entartete Römerwelt durch die germanische Rasse aufgefrischt oder verjüngt wurde, ohne freilich näher darüber nachzudenken, wie eine solche Auffrischung und Verjüngung physiologisch vor sich geht; aber daß die geistige Wiedergeburt dieser Völker den Germanen verdankt wird, und daß die meisten ihrer genialen Männer von ihnen abstammen, diese Erkenntnis will sich nur langsam Bahn brechen und begegnet den sonderbarsten Vorurteilen, die der Unwissenheit und nicht selten dem mangelnden guten Willen zur Wahrheit entspringen.

Die Ergebnisse der vorliegenden Forschungen über den Einfluß der germanischen Rasse auf die Geschichte und Kultur Frankreichs dürften diesen Vorurteilen den letzten Stoß versetzen. Aber diese Ergebnisse stehen nicht vereinzelt da. Aus denselben anthropologischen Wurzeln ist auch die Wiedergeburt Italiens und Spaniens hervorgewachsen. Und wenn wir in allen drei romanischen Ländern dieselben Kräfte wirksam sehen, dürfte damit die weltgeschichtliche Bedeutung der germanischen Rasse so sicher begründet sein, daß an der Wahrheit dieser Theorie nicht mehr gezweifelt werden kann.

Unwiderleglich sind die Tatsachen, die aus der Geschichte Italiens für diese Auffassung erbracht werden können. Wie ich in meinem Werk über „Die Germanen und die Renaissance in Italien“1 gezeigt habe, kann für dieses Land in ähnlicher Weise wie für Gallien der Nachweis geführt werden, daß der Untergang der römischen Macht und Kultur seine wesentliche Ursache in dem Aussterben der großgewachsenen blonden Menschen hatte. Schon Caesar erwähnt mehrfach die geringe Körpergröße der Römer, die „brevitas Romanorum“, im Vergleich mit den Galliern, welche indes zu jener Zeit, wie gezeigt wurde, schon weniger groß und blond als die Germanen waren. In der Kaiserzeit war das Militärmaß bis auf 1,48 m gesunken und das blonde Haar verschwunden, wie das Beispiel des Kaisers Majorianus zeigt, von dem Procop berichtet, daß sein Haupthaar „bei allen Menschen berühmt war, weil es blond war“, und wie die zur Kaiserzeit von den Frauen geübte Mode beweist, sich das Haar blond zu färben. Überhaupt beschreibt Tacitus und mehr noch Procop und Ammian das körperliche Aussehen der Germanen, ihre hohe Gestalt und die blonden Haare, mit dem Gefühl der Bewunderung und dem Eindruck des Fremdartigen, so daß zu ihrer Zeit die reinen und unvermischten Merkmale der nordischen Rasse in Italien fast unbekannt gewesen sein müssen.

Mit dem Eindringen der Germanen begann eine anthropologische Umwandlung der italienischen Bevölkerung. Schon unter Caesar, mehr noch unter Augustus gab es Germanen im römischen Heer. Dies nahm im 3.—5. Jahrhundert allmählich so sehr zu, daß die meisten Heeresabteilungen und ihre Anführer germanischer Abkunft waren. Seit Marcus Aurelius wurden mehrere Male ganze Völkerschaften als Kolonen in verödeten Gegenden Oberitaliens angesiedelt. Dann folgte die Eroberung durch die Heruler, Goten, Langobarden, Franken und Normannen. Aus den Nachrichten des Procop können einwandfreie Beweise erbracht werden, daß die Goten in ihrer Mehrzahl nicht aus Italien vertrieben wurden oder untergegangen sind, wie man gewöhnlich annimmt, sondern daß sie sich namentlich in Toskana erhalten haben. Die Langobarden verbreiteten sich bis ins spätere Mittelalter von Norden her einzeln oder in Gruppen über ganz Italien bis nach Sizilien. Die Römerzüge der deutschen Kaiser brachten außerdem fränkische, sächsische und schwäbische Krieger und Edelleute nach Italien, von denen nicht wenige dort blieben und den Grund zu manchen berühmten italienischen Familien legten.

Die Germanen schufen in Italien einen neuen Herrenstand. Sie waren die Eroberer, die Kriegerkaste, die Besitzer des größeren Teiles von Grund und Boden. Schon früh sehen wir in Militär- und Staatsstellen germanische Konsuln, Patrizier, Kaiser und — Päpste: Stilicho, Arbogast, Ricimer, Belisar und Papst Pelagius II. (578—599), der gotischen Ursprungs war. Er war der Vorgänger Leos, des letzten Römers auf dem Stuhle Petri, des letzten großen Römers aus altem Geschlecht, dessen die Geschichte gedenkt. Wie früh schon die Bevölkerung der Stadt Rom von germanischen Einwanderern durchsetzt war, ersieht man aus den Konsularlisten in der Chronik des Bischofs Marius Aventicensis. Hier treten schon im 5. Jahrhundert germanische Namen auf, und zwar 456 Consul Ricimer, 460 Dagalaifus, 467 Ermanrica, 470 Illone, Theodorico, 475 Jordano, 489 Albino, 500 Theudoro, Ariobinda, 535 Belisar. Nach der Vernichtung der Gotenherrschaft durch die Byzantiner treten die germanischen Namen in Rom zurück; griechische Namen treten in den Vordergrund, während im 8. Jahrhundert, nach dem Einfall der Langobarden, die germanischen Namen wieder zunehmen und Papsttum und Senat in germanische Hände übergehen.

Die Germanen legten den Grund zum feudalen Adel und städtischen Patriziat, dem Träger und Erzeuger der italienischen Kultur des Mittelalters. Von sehr vielen Adelsfamilien wissen wir, daß sie nach langobardischem, fränkischem, sächsischem oder normannischem Recht lebten. Langobardischen Ursprungs waren z. B. die Este, Pallavicini, Trevisani, Malaspina, Massa, Trinci, Candiani, Collalto, Pio da Carpi, Conti della Gherardesca, Ottoni da Matelico, Guadagni, Ricasoli, Passerini, Manfredi; fränkische Vorfahren hatten die Alberti, Grimaldi, Cantelmi, Berardenga; salischer Abstammung waren die Camposampieri, normannischer die Filangieri. Andere sind aus Deutschland eingewandert, wie die Chiaramonti, Sclafani, Cornari (ursprünglich Corner = Körner), Mansi, Roncioni, Altemps, Ordelaffi, Pallavicini, Lotteringhi, Montefeltro, Gambara, Adorno, Guidi, Smeducci, Riccardi. Von zahlreichen Adelsfamilien zeigen die erhaltenen Porträts, daß sie den blonden Typus besaßen, wie die Sforza, Bentivoglia, Altoviti, Panciatichi, Ricasoli, Brignole, Spinola, Este, Colonna, Sanvitale, Corsini, Strozzi, Barberini, Pico, Della Rovere, Rospigliosi, Gonzaga, Capello, Malatesta, Farnese und viele andere.

Bei dem Vorherrschen des blonden Typus in der kulturtragenden Schicht der Bevölkerung ist es daher nicht zu verwundern, daß in der Poesie der Trovatori, in den Werken Dantes und Petrarcas der blonde Mensch das Ideal physischer Schönheit darstellt, und daß die ganze Malerei des Mittelalters und der Frührenaissance von demselben künstlerischen Empfinden beseelt ist.

Der Einfluß der germanischen Sprache zeigt sich namentlich in dem starken Überwiegen ihrer Personennamen. Germanische Familiennamen finden wir in großer Zahl, besonders beim Adel, z. B. Guidi, Strozzi, Pazzi, Trinci, Landi, Spada, Riccardi, Cantelmi, Smeducci, Arcimbaldi, Steni, Litta, Ottoni, Tiepolo, Corsini, Ansaldi, Guadagni, Guinigi, Gonzaga, Manso, Manfredi, Grimaldi, Isimbardi, Pico, Vendramin, Gambara, Mansi, Alberti, Oldofredi, Altieri, Suardi, Alberti, Sismondi, Alamanni, Orlandini, Gherardi, Dandolo, Ghisi, Grimanni, Erni, Mannini, Bembi, Benzoni, Gozzi, Ordelaffi, Arringhieri usw.

Bei diesem Vorherrschen germanischer Namen ist es nicht auffallend — obgleich viele gelehrte Leute über meine Behauptung den Kopf geschüttelt und italienische Kritiker sich darüber belustigt haben —, daß fast alle großen Männer Italiens, sowohl des Mittelalters als der Renaissance und der neueren Zeit, germanische Familiennamen tragen: Giotto (Jotte), Dante Alighieri (Aigler), Ghiberti (Wilbert), Brunelleschi (Brünell), Donatello Bardi (Barth), Masaccio Guidi (Wiede), Boccaccio (Buchatz), Leonardo Vinci (Winke), Raffael Santi (Sandt), Tiziano Vecellio (Wetzell), Michelangelo Buonarroti (Bohnrodt), Guicciardini (Wichert), Jordano Bruno (Braun), Tasso (Dasse), L. B. Alberti, Raimundi, Raibolini, und von den neueren z. B. Leopardi (Leipert, Lippert), Benzo di Cavour (Benz), Manzoni (Mantz), Garibaldi (Kerpolt), Donizetti (Dönitz), Verdi (Werth), Gioberti (Hubert), Aleardi (Allert), Alfieri (Elfer).2

Auch gibt es in Italien eine nach Hunderten zählende Menge germanischer Ortsnamen, von Kastellen, Dörfern und Weilern, meist in Norditalien, aber auch in Mittel- und Süditalien. Der Merkwürdigkeit halber erwähne ich nur, daß der Name der fruchtbaren Brianza zwischen Como und Mailand nichts ist als grm. Branda, dsch. Brandt, fr. Briand, und daß die berühmte Brera in Mailand ihren Namen von dem „Brachland“ hat, auf welchem der Palast erbaut wurde.

Natürlich kann der germanische Personenname allein über die Rassenabstammung nichts besagen, aber die anthropologische Untersuchung des physischen Typus stellt unzweifelhaft fest, daß die meisten großen Genies Italiens germanischer Abkunft sind. Dem blonden Typus gehörten an: Giotto, Dante, Donatello, Masaccio, Leonardo, Raffael, Botticelli, Tizian, Galilei, Tasso, Columbus, von den neueren Morgagni, Alfieri, Volta, Foscolo, Leopardi, Garibaldi, Cavour, Bellini, Rossini, Donizetti, Canova, Manzoni, während nur wenige einen Mischtypus zeigen, wie Michelangelo, Ariosto, Machiavelli, Palestrina, Verdi.

Für die Familien einzelner genialen Männer ist sogar ihre germanische Herkunft genealogisch bezeugt: Michelangelo, Vallisneri, Mirandola, Aquino waren langobardischer, Tasso burgundischer, Alberti fränkischer, Telesio schwäbischer, Bruno sächsischer, Cavour deutscher, Filangieri normannischer Herkunft.

In meiner Arbeit über Italien habe ich den physischen Typus der berühmten Italiener auf Grund von umfangreichen Forschungen nach Bildnissen und Lebensbeschreibungen im einzelnen geschildert. Hier kann nur das allgemeine Ergebnis meiner Studien über die Anthropologie des italienischen Genies wiedergegeben werden. Nach dem gegenwärtigen Stande meiner Forschungen verteilen sich die anthropologischen Merkmale bei den italienischen Genies in folgender Weise: 1) Fast alle sind von Gestalt groß oder mittelgroß. Beispiele von Großgewachsenen sind Petrarca, Boccaccio, Tasso, Columbus, Galilei, Leonardo, Tizian, Ariosto, Verdi, Volta, Rossini, Segantini; mittelgroß sind Dante, Machiavelli, Garibaldi; unter mittelgroß nur sehr wenige: Raffael, Mazzini, Mercadante. 2) Die meisten haben weiße oder rosig-weiße Haut, nur sehr wenige einen braunen Teint. 3) Helle Augen haben etwa 105, mischfarbene 6 und braune 18 Personen. 4) Blonde Haare wurden festgestellt bei etwa 75, mischfarbene, d. h. braune verschiedenen Grades oder kombiniert aus dunkel und blond, bei 25 und schwarze bei 15 Personen.

Aus dieser Statistik ergibt sich ein unbestreitbares Überwiegen der nordisch-germanischen Rassenmerkmale. Die Kombination von schwarzen Haaren und braunen Augen findet sich höchstens bei 10 Personen (darunter Verrocchio, Ariosto, Lorenzo, Vico, Bernini, Malpighi, Romano, Cherubini, Mazzini), während die Kombination von schwarzen Haaren, braunen Augen, braunem Teint nur bei Mazzini und Bernini festgestellt werden kann; doch war des ersteren Haut so aufgehellt, daß die Wangen ein frisches Rot zeigten, und Bernini hatte eine hohe Gestalt, die ein Erbteil nordischer Rasse sein könnte. Hierhin gehört vielleicht auch Verrocchio, der den Eindruck des homo alpinus macht.

Bemerkenswert ist, daß unter 23 großen Männern des neuen Italien, deren Haarfarbe bisher festgestellt werden konnte, 14 blonde, 7 braune und nur 2 schwarze Haare gehabt haben. Blond sind Cavour, Garibaldi, D’Azeglio, Alfieri, Foscolo, Aleardi, Filangieri, Mamiani, Gioberti, Troya, Volta, Rossini, Donizetti, Bellini; braunhaarig Guerrazzi, Manzoni, Leopardi, Rosmini, Canova (oder dunkelblond?), Spontini, Verdi; schwarzhaarig Cherubini und Mazzini. Helle Augen haben: Cavour, D’Azeglio, Foscolo, Manzoni, Leopardi, Aleardi, Filangieri, Rosmini, Mamiani, Gioberti, Troya, Galvani, Volta, Appiani, Canova, Rossini, Donizetti, Bellini, Mercadante, Viotti, Piccini, Crispi; mischfarbene Augen: Garibaldi, Verdi; braune Augen: Mazzini, Cherubini, Spontini, Cimarosa.

Es sind unter ihnen also 61 Proz. Blonde, während die Bevölkerung Italiens gegenwärtig nur 7,5 Proz. Blonde hat oder vielmehr nur 3 Proz. unter den Erwachsenen, da jene Zahl aus Rekrutierungsstatistiken, also von etwa 20 Jahre alten Jünglingen herrührt, nach den Untersuchungen von Pfitzner aber die endgültige Haarfarbe erst um das vierzigste Lebensjahr eintritt und die Zahl der Blonden in diesem Zeitraume um mehr als die Hälfte zurückgeht.

Wenn man den Geburtsort der 200 berühmtesten Italiener feststellt, deren Typus untersucht wurde, ergibt eine statistische Übersicht, daß in Norditalien und im oberen Mittelitalien, also in den Gebieten, wo die Germanen sich am dichtesten niedergelassen haben und heute noch die anthropologischen Merkmale dieser Rasse am häufigsten sind, auch die meisten Genies geboren wurden. Diese statistische Untersuchung bekräftigt aufs deutlichste den Beweis, den die Feststellung der individuellen Rassetypen erbracht hat. Es liegt also in Italien eine ähnliche ursächliche Beziehung zwischen anthropologischer Struktur und Genieproduktion vor, wie sie durch die statistischen Karten Odins für Frankreich nachgewiesen wurde.

Bemerkenswert ist, daß Toskana, der Mittelpunkt der italienischen Renaissance, seit 300 Jahren fast gar keine großen Männer mehr hervorgebracht hat, ein deutliches Zeichen von Rassenerschöpfung infolge der intensiven Kultur und Genieproduktion in der vorhergehenden Epoche. Die an blonder Rasse noch reichen Provinzen Venetien, Piemont, Lombardei haben das neue Italien geschaffen und fast alle großen Männer der letzten 150 Jahre hervorgebracht, die — was nicht weniger bemerkenswert ist — zum größten Teil der blonden Rasse angehören. Auf den nördlichen Provinzen beruht die Gegenwart und Zukunft italienischer Kraft und Größe.

2. DIE GOTEN UND SUEVEN IN SPANIEN

Was die Rassengeschichte Spaniens anbetrifft, so ist der Grundstock der Bevölkerung dem mediterranen Typus zuzuschreiben. Während im Südwesten Negerblut zugeströmt ist, finden wir im Nordosten und an der östlichen Küste eine Beimischung des alpinen Typus, wodurch der Schädelindex des sonst langköpfigen Iberers etwas erhöht wird. Der Einfall der Araber hat die anthropologische Struktur des Volkes nicht verändert, da diese ebenfalls dem mediterranen Typus angehören, denselben sogar in reinerer und unvermischterer Form zeigen als die Durchschnitts-Spanier. Die blonden Elemente sitzen vornehmlich im Norden, in Galizien, Asturien, Leon, Navarra und Kastilien. Sie stammen wohl nur in verschwindender Anzahl von den alten blonden Galliern ab, die sich einst mit den Iberern zu dem keltiberischen Stamme vereinigten, sondern sind fast alle als Nachkommen der eingewanderten Germanen zu betrachten, namentlich der Goten und Sueven. Da für Italien und Frankreich das Aussterben der Blonden in den letzten Jahrhunderten des römischen Reiches nachgewiesen werden kann, dürfte ein ähnlicher Vorgang auch in Spanien stattgefunden haben. Dazu kommt, daß die gegenwärtige Verteilung der Blonden mit den historisch nachweisbaren wichtigsten Gebieten der germanischen Ansiedelung übereinstimmt.

Die Eroberung Spaniens durch die Germanen vollzog sich im 5. Jahrhundert. Zuerst wurde das Land von den Vandalen besetzt, und nachdem diese nach Afrika fortgezogen waren, wurde der Nordwestern durch die Sueven erobert und von Südfrankreich her schließlich ganz Spanien der westgotischen Herrschaft unterworfen. Im Jahre 585 wurden die Sueven besiegt, und 620 schreibt Isidor in seiner Chronik von dem König Suintila: „Er zuerst herrschte über ganz Spanien bis zur Meerenge, die an den Ozean führt, was bis dahin keinem Könige zuteil geworden war.“

Die Goten nahmen bei der Landverteilung zwei Drittel des Bodens der Römer in Besitz. Schon unter Eurich hatten sie ein geschriebenes Recht, das aber nicht erhalten ist; die Römer erhielten im Jahre 506 ein besonderes Gesetzbuch, das Breviarium Alaricianum oder Lex Romana Visigothorum. Beide Gesetzbücher wurden später zu einem allgemeinen Landrecht verschmolzen, das in seinen Grundlagen durchaus germanisch ist und bis ins späte Mittelalter Geltung behielt. Unter Rekiswinth wurde das Eheverbot zwischen Römern und Goten aufgehoben. Doch unterschied man, wie Dahn bemerkt, auch nach diesem Gesetz noch genau einseitige und zweiseitige gotische und römische Abstammung.

Schon früh bildete sich bei den spanischen Goten ein mächtiger Feudaladel aus, der schnell der Romanisierung anheimfiel. Die Vermischung mit den entarteten Römern und die immer mehr zunehmende Priesterherrschaft, Verweichlichung und Üppigkeit schwächten das Volk so sehr, daß es von den eindringenden Arabern besiegt wurde. Von Asturien und Kantabrien aus, wo die edelsten Familien hingeflüchtet waren, begann dann ein heldenhafter Kampf um die Freiheit und die Wiedereroberung des verlorenen Landes. In diesen Kämpfen zeichneten sich namentlich Pelayo, später der Cid Don Rodrigo und der Ritter Gonzales aus. Von dem alten westgotischen Reich bis zu der Neubegründung des spanischen Staates läßt sich deutlich eine anthropologische und historische Kontinuität feststellen. Die gotische Abstammung der spanischen Könige von Pelayo bis zu Ferdinand I. dem Großen ist deutlich nachweisbar. Pelayo war ein Verwandter, vielleicht ein Enkel des letzten Königs Roderich. Ihm folgte sein Sohn Favila. Dann begann eine neue Dynastie mit Alonso I., dem Sohn des Petrus von Kantabrien, der aus dem königlichen Geschlechte Reccareds stammte. Es folgten Fruela I., Aurelio, Silo, Alonso II., Ramiro, Ordoño I., Alfonso III., Garcias, der sich zuerst König von Leon nannte. Die Königreiche Asturien und Leon, sowie die von den Franken begründete Mark mit der Grafschaft Barcelona, deren erster Graf Bera ein Gote war, bildeten die Anfänge der kastilischen Herrschaft aus welcher später der spanische Staat hervorgewachsen ist. Der gotische Adel erfuhr in diesen Kämpfen gegen die Araber eine Verjüngung und behauptete sich als herrschende Schicht, nicht nur politisch sondern auch kulturell, bis in die neuere Zeit. Jedoch kann heute nur noch eine geringe Anzahl von Familien sich gotischer Abstammung rühmen.

In den spanischen Romanzen spiegeln sich die politischen Schicksale der Goten und ihre Kämpfe gegen die Mauren in poetischer Erinnerung wieder, die Heldentaten Roderichs, Pelayos, Gonzales’ und namentlich des großen Cid. Der Cid (arab. Seid = Herr) hieß Ruy Diaz aus dem alten edlen Haus der Laynn oder Lainez, eines kastilischen Rittergeschlechts aus der Nähe von Burgos. Er wird mit germanischer Bezeichnung auch „Campeador“ genannt, d. h. Kämpe, Kämpfer. Sein Familienname Laynn oder Lainez entspricht dem germ. Lan und seinen Ableitungen (Lanigais, Lanigild, Lanuald, Laneard, dsch. Lahn, Lehning, Lehner, Lanner, Leiner), und er würde demnach auf deutsch Roderich Dietrich Leinitz heißen.

Über sein Äußeres lesen wir in den Cid-Romanzen, daß er hochgewachsen war, helle Augen und rote Wangen hatte.

Hochgewachsen wie kein andrer.“
„Seine Wangen lieblich rot,
Wunderschön von Angesicht.“ —
„Balsamieret ward sein Leichnam,
Frisch und schön, als ob er lebte,
Saß er da mit hellen Augen,
Mit ehrwürdig weißem Bart.“

Seiner Gattin Ximenes aus dem edlen Hause Gomez (germ. Gomo, dsch. Gomm) werden blonde Haare zugeschrieben:

„Und die Haare, die dem Golde
Dämpften seiner Farbe Glanz.“

Da die mittelalterliche Poesie Spaniens so offenkundig in der altgotischen Kraft und Vergangenheit wurzelt, ist es nicht zu verwundern, wenn wir hier, wie in Italien und Frankreich, den germanischen Rassetypus, die goldenen Haare, die rosigen Wangen, die hellen Augen und die schneeweiße Haut als Kennzeichen des Adels und als Ideal der Schönheit wiederfinden, von den ältesten Romanzen bis zur Poesie der Minnesänger und zu Cervantes’ Don Quixote.

Aus diesem Werke möchte ich einige Porträtschilderungen wiedergeben, welche die hier ausgesprochene Ansicht bekräftigen. Die „unvergleichliche“ Dulcinea von Tobosa ist von „übermenschlicher Schönheit, ihre Locken sind Gold, ihre Stirn elysische Gefilde, ihre Brauen Regenbogen, ihre Augen Sonne, Rosen ihre Wangen, ihre Lippen Korallen, Perlen ihre Zähne, ihr Hals Alabaster, Marmor ihre Brust, Elfenbein ihre Hände, blendend wie Schnee ihre weiße Haut“. — Lucinde hat „schöne weiße Hände, herrlich glänzende goldene Locken“. — Dorothea hat „Füße wie weiße Kristallsäulen“, und lange Locken wallten ihr um die Schultern, „welche von den Strahlen der Sonne beneidet zu werden verdienten“. — Von Quiteria heißt es: „Ach die kleine Metze! Was für Haare sie hat! Wenn’s nicht falsche sind, so habe ich nie in meinem Leben so lange und goldene gesehen.“ — Die Herzogin hat ein „feines Gesicht“ und Wangen wie lauter Milch und Blut. — Der Sohn des Don Diego von la Llana hat ein Haar, das ihm in „krausen goldenen Ringen um den Nacken wallte“. — Chrysostomos, der Sohn eines reichen Edelmannes, ist „wie Milch und Blut“. — Die Schäferinnen haben ein Haar, das „an Goldglanz mit den Strahlen der Sonne wetteifern konnte“.

Don Quixote selbst ist von sehr langer und dürrer Gestalt, sein Gesicht ist hager und von blaßgelber Farbe. Sein Knappe Sancho Pansa ist dagegen klein und untersetzt, dessen Frau Therese hat eine braune Gesichtsfarbe. Cervantes nennt seinen Helden einen „Goten“, überhaupt kommt es in seinem Werk deutlich zum Ausdruck, daß der spanische Adel seine gotische Abstammung nie vergessen hat. Die Duenna Rodriguez rühmt sich, „aus Oviedo in Asturien gebürtig“ zu sein. Ihren Geliebten schildert sie als einen Mann von ansehnlicher Erscheinung und „vor allem ein Edelmann so gut wie der König, denn er stammte aus dem Gebirge“. Darunter ist das asturische und kantabrische Gebirge zu verstehen, wohin die bei Xeres de la Frontera besiegten Goten, namentlich die edlen Familien sich flüchteten, die sich nicht unterwerfen wollten.

Solche kunst- und literarhistorischen Untersuchungen bezeugen auch hier, einen wie bedeutsamen Einfluß die eingewanderten Germanen auf die geistige Entwicklung der romanischen Völker ausgeübt haben, und bestätigen damit die Auffassung, die aus anthropologischen und historischen Gründen schon ausgesprochen wurde.

Auch die philologischen Untersuchungen über die Orts- und Personennamen weisen deutlich auf tiefgehende germanische Einflüsse hin. Nach den Untersuchungen von Dr. Jungfer gibt es in Spanien eine Fülle von Ortsbezeichnungen, die von gotischen oder suevischen Personennamen herrühren, und zwar nicht nur am Nordrand der Halbinsel, sondern auch in allen übrigen Landschaften, einschließlich Andalusiens und der Balearen, deren Gehöfte und Weiler größtenteils germanische Namen führen. Durch Latinisierung, Einfluß baskischer und maurischer Aussprache wurden viele so sehr abgeändert, daß sie nur schwer wiederzuerkennen sind und von der Bevölkerung ihnen ein anderer Sinn untergelegt wurde. Angeführt mögen werden: Guitiriz = Wietrich, Sesnandes = Sisenand, Guioncho = Wigung, Coyunces = Kunigund, Arrual = Harald, Besomaño = Bazemann, Estubeny = Stübing, Quartango = Wertungen, Guillonge = Willungen. „Das Überwiegen kleiner und kleinster Ortschaften, Weiler und Gehöfte unter den deutsch benannten, nebst zahlreichen Flur- und Bachnamen, weist auf den bäuerlichen, anderseits der deutsche Name vieler, alter Schlösser und Warttürme auf den kriegerischen Charakter der germanischen Eroberer hin. Die mittelalterlichen germanischen Personennamen übertreffen nach Meyer-Lübke an Zahl alle übrigen; dasselbe gilt wahrscheinlich von den deutsch-spanischen Ortsnamen. Das offene Land ist in Kastilien, Aragonien usw. von den Mauren wenig beeinflußt, wie die deutschen Namen zeigen, entgegen der häufigen Überschätzung des arabischen Einflusses im mittelalterlichen Spanien, die so weit geht, daß der ritterliche Zug im spanischen Charakter als orientalisches Erbteil bezeichnet wird, während Cervantes seinen Helden im sechsten der einleitenden Sonette, um ihn zu ehren, Godo Quichote nennt. Wenn Justi als wesentliches Merkmal der spanischen Kunst einen Zug des Ernstes, der Wahrhaftigkeit hervorhebt, so sieht er darin schwerlich ein arabisches Erbe, und nirgends in der romanischen Dichtung fühlen wir den Pulsschlag germanischen Blutes so lebhaft, wie bei Calderon oder gar bei Cervantes“.3

Von den zahlreichen spanischen Personennamen germanischen Ursprungs seien einige bekanntere genannt, wie Gomez, Diaz, Guzman, Suero, Suarez, Sancho, Garcias, Gutierez, Moniz, Gelmirez, Ferdinando, Fernan, Hernan, Rodrigo, Gonzales, Pando, Egas, Ramon, Bermudo, Dominguez, Alfonso oder Alonso, Alvarez, Bermuy, Mundiz, Enriquez, Luiz, Manriquez, Tellez, Aleman, Guillen, Velez, Perez, Mendez, Ginez, Gil, Muñoz, Blanco, Pardo, Laso, Garcilaso, Franco, Simo, Moron usw.3 Unter den berühmten Spaniern tragen Namen germanischen Ursprungs: Velasquez, Murillo, Bartollomeo Diaz, Vasco de Gama, Luiz Vaz de Camoëns. Velasquez ist analog Gannascus, Bernasco, doch war des Malers eigentlicher Familienname Rodriguez (= Roderich), während jener der Name seine Mutter war. Murillo ist grm. Morilo, dsch. Morell, Mörle; Vaz ist grm. Vazzo, dsch. Watz, Wetz; Diaz = Dietz, Dietrich; Vasco entspricht nach Wilser dem nordischen waskr = Recke. Der im Spanischen so häufig vorkommende Name Lope und Lopez (latinisiert Lupus) ist die Übersetzung des grm. Vulfo, Wolf, ähnlich wie die Übersetzung von Pera, Bera (Bär) = Ursus und seine Ableitungen Orsini, Orseoli, Ursula. Lupus und Ursus wurden von den Römern nie als Namen gebraucht, sie treten im 3. und 4. Jahrhundert als Bischofsnamen auf und gehören offenbar früh romanisierten Germanen an. Auf deutschem Sprachgebiet waren diese Übersetzung ebenfalls im Gebrauch; heute noch finden wir Lupp (= Lupus) und Ursell (= Bärlein).

Die bei vielen spanischen Namen vorkommende Endung -ez entspricht der altgerm. Verkleinerungssilbe -izzo, dsch. -itz, wie in Döhnitz, Bonitz, Albitz, und soll ursprünglich den Sohn bezeichnen. Aus diesen Bildungen sind wesentlich die Familiennamen hervorgegangen.4

Nach all diesen Erörterungen kann es nicht als Zufall angesehen werden, daß die meisten großen Spanier aus dem Adel hervorgegangen sind, in welchem das gotische und suevische Blut sich am meisten erhalten hatte. Camoëns stammte aus einem altadeligen galizischen Geschlecht, das wohl suevischer Herkunft war. Cervantes gehörte ebenfalls dem galizischen Adel an, und die adeligen Familien Calderons, Lope di Vegas hatten, wie die des großen Cid, ihre Ursitze in einem Tale bei Burgos, einer Gründung der Goten und Mittelpunkt ihrer Kämpfe gegen die Mauren. Velasquez entstammte einem kastilischen Rittergeschlecht, das seinen Stammbaum bis ins 11. Jahrhundert zurückführte und sich eines Ahnherrn rühmte, in dessen Adern das Blut eines gotischen Königs von Leon floß. Auch waren die großen Seeunternehmer Vasco de Gama, Bartollomeo Diaz, Cabral aus edlen Familien, und Heinrich der Seefahrer, der zu den großen Entdeckungsreisen den ersten Anstoß gab, gehörte dem königlichen Geschlecht Portugals an, das burgundischer Herkunft war.

Dieser Abstammung entspricht auch der physische Typus der großen spanischen Genies. Nach den Bildnissen und biographischen Beschreibungen hatten Cervantes und Camoëns blonde Haare, blaue Augen und einen weißen Teint, der durch ein rosiges Rot belebt wurde. Während Cervantes die Gesichtszüge und den Schädel der nordischen Rasse in ebenmäßiger und edler Ausbildung besaß, hatte Camoëns’ Kopf eine abnorme Gestalt, mit einer vorgewölbten Stirn, offenbar infolge hydrocephalischer Erkrankung. Über Lope di Vega und Calderon berichten die Biographen außer der Angabe über ihre Schönheit und vornehme Erscheinung auffallenderweise nichts. Ein Porträt des Lope befindet sich in der Eremitage zu Petersburg und zeigt edlen Gesichtsschnitt, schmale Stirn und lange Adlernase. Die Haare sind, wie mir der Oberkonservator Neustrojew mitteilte, ergraut weiß, und ihre ursprüngliche Farbe nicht sicher zu erkennen. Die Augen sind grau-bräunlich, die Gesichtsfarbe frisch-rot. Ein Porträt von Calderon kenne ich nur als Kupferstich; er hatte ebenfalls die Züge der nordischen Rasse, schmale Stirn und feingeschnittene Nase; das Pigment war vermutlich hell, zumal seine Mutter aus einem edlen flandrischen Geschlecht stammte. Velasquez war ein ähnlicher Mischtypus wie Ariosto und Goethe; er hatte eine hohe Gestalt, die Gesichtszüge und den frischroten Teint der nordischen Rasse, aber schwarze Haare, braunen Bart und braune Augen. Murillo war ebenfalls von hoher Gestalt, hatte einen hellblonden Bart, dunkelblonde oder lichtbraune Haare und vermutlich blaue Augen, da ein Biograph bemerkt, daß er Molière sehr ähnlich gewesen sei. Villegas, der größte spanische Maler der Gegenwart, ist blond und blauäugig, und in einem Reisebericht von Feldmann heißt es: „Merkwürdig, daß es so viele germanisch-blonde Maler in Spanien gibt! Ich habe bei meinen Atelierwanderungen reichlich ein Dutzend aufgezeichnet.“

Soweit bis jetzt der physische Typus der spanischen Genies erforscht werden konnte, finden wir unter ihnen Vertreter der germanischen Rasse und großgewachsene Mischlinge mit geringerer oder stärkerer Verdunkelung des Pigments. Bezeichnend ist, daß die mediterrane Rasse, wenigstens unter den Genies erster Ordnung, nicht vertreten ist, obgleich sie den eigentlichen Kern des Volkes ausmacht. Wahrscheinlich hatte der Maler Ribera, auch Spagnoletto genannt, diesen Typus, wie sein Porträt in den Florentiner Uffizien zeigt.

Es braucht nicht betont zu werden, daß die Bildnisse, die Velasquez, van Dyck und andere von dem spanischen Adel und den Gliedern der spanischen Königsfamilie hinterlassen haben, den blonden Typus darstellen, darauf muß aber besonders hingewiesen werden, daß Spaniens größter Herrscherin, Isabella von Kastilien, von den Biographen heller Teint und hellblaue Augen zugeschrieben werden.

Mit der anthropologischen Struktur des spanischen Volkes hängt auch die Erscheinung ursächlich zusammen, daß die Bildung des spanischen Staates von Norden her seinen Ursprung nahm, daß die Familien der großen Spanier aus Galizien, Leon und Kastilien stammen und heute noch die nördlichen Provinzen, in einer Zeit des allgemeinen Niederganges, am meisten Energie und Fortschritt erkennen lassen.

Seit zweiundeinhalb Jahrhunderten zeigt Spanien ein auffallendes Beispiel politischen und geistigen Stillstands und Verfalls. Man hat für diese Erscheinung die verschiedensten Ursachen geltend gemacht. Die Herrschaft des katholischen Priestertums, die schon dem alten Gotenreich so verderblich war, lastet hemmend auf dem Geist der Nation; die Vertreibung der Araber und Juden hat sicherlich dem Lande viele fleißige Köpfe und Hände entzogen; aber alle diese Vorgänge haben den Genius der Rasse nicht berührt. Die tiefer liegende Ursache ist vielmehr das Aussterben der germanischen Herrenschicht, welche die Erzeugerin und Trägerin der politischen und geistigen Wiedergeburt war. Diese Rassenerschöpfung ist denselben Ursachen zuzuschreiben, die bei allen Kulturvölkern die geistig produktive Schicht dahinraffen, und die ich an anderer Stelle behandelt habe.5 Ob der Rest aktiver blonder Rasse, der dem Lande verblieben ist, imstande sein wird, es einer neuen Blüte entgegenzuführen, muß die Zukunft lehren.

3. RASSE UND MILIEU

Unter den vielen Vorurteilen, die gegen die hier begründete Theorie von dem Einfluß der germanischen Rasse auf die Geschichte und Kultur der romanischen Völker entgegengebracht werden, kehren immer einige wieder, die einer besonderen Erörterung bedürfen, um ihnen ein für allemal die Spitze abzubrechen.

In bezug auf die Rassenabstammung der Genies werde ich von den meisten Kritikern darüber belehrt, daß der germanische Name keineswegs die germanische Herkunft verbürge. Nun habe ich niemals aus dem Namen allein auf die Rasse geschlossen; denn der Nachweis so zahlreicher germanischer Namen bezeugt im allgemeinen nur den starken Einfluß, den die germanische Herrschaft auf die gesellschaftlichen und geistigen Zustände der romanischen Völker ausgeübt hat. Indes hat auch der germanische Name eine bedingte Beweiskraft, nämlich für die älteren Zeiten und bei den Familiennamen adeliger Geschlechter. Aber entscheidend ist immer nur die Feststellung des physischen Typus.

Andere wenden ein, daß nach dem Untergang des römischen Reichs ein großes Rassenchaos entstanden und daß es daher ganz unmöglich sei, bei den Genies reine Rasse und anthropologische Kontinuitäten festzustellen. Indes ist die Lehre vom „Rassenchaos“ gänzlich unbegründet und ein Phantasieerzeugnis kindlicher Gemüter, die sich nie ernsthaft mit der Biologie der Rassen vom naturwissenschaftlichen Standpunkt beschäftigt haben. Die Vermischung der Rassen führt keineswegs zu einer unterschiedslosen Vermengung, sondern erfolgt nach einer strengen Gesetzlichkeit der Vererbung und Kreuzung der Merkmale. Überdies widerstehen die Rassen bis zu einem gewissen Grade der Verschmelzung, und es gibt eine physiologische Entmischung und Kontinuität der Typen, die reine Rasse vertreten. Das ist von den Tier- und Pflanzenzüchtern längst erkannt worden, und die historische Anthropologie stellt ein gleiches bei den Menschenrassen fest. Wer sich mit Familien-Anthropologie beschäftigt, kann diese Vorgänge selbst an lebenden Menschen deutlich beobachten.

Aus diesem Grunde sind auch die Einwendungen der Genealogen unzutreffend, denn sie entnehmen ihre Argumente der vorurteilsvollen Annahme, als ob bei jeder Zeugung die elterlichen Eigenschaften sich mischten. Sie meinen, daß für das Auftreten eines germanischen Genies von den ältesten Generationen her eine Kontinuität germanischen Keimplasmas nachgewiesen werden müsse. Abgesehen davon, daß eine solche Untersuchung von Generation zu Generation ganz unmöglich ist (auch für die Tierzüchter und Zoologen, die „reine Rasse“ annehmen, wenn das Individuum die sämtlichen Merkmale dieser Rasse hat), so ist ein derartiger Nachweis für den historischen Anthropologen auch keineswegs notwendig. Wehn z. B. Leonardo, Tizian, Galilei, Cervantes, Voltaire alle uns bekannten wesentlichen Merkmale der germanischen Rasse haben, kann man auch nicht daran zweifeln, daß sie Abkömmlinge dieser Rasse sind. Oder glaubt man etwa, daß diese Männer darum genial geworden, weil vielleicht einige verborgene Tröpfchen Blut einer anderen Rasse in ihren Adern fließen?

Ein letzter Einwand, und der ist der häufigste und scheinbar schlagendste, der immer und immer wiederholt wird, besteht in folgender Erwägung. Wenn die Annahme richtig wäre, daß die Germanen in Italien (oder Spanien und Frankreich) die Urheber einer so herrlichen und hervorragenden Kultur gewesen sind, dann müßten sie doch mindestens dieselben Werke in Skandinavien und Deutschland geschaffen haben, wo diese Rasse viel dichter und reiner sich erhalten hat. Man will durch diesen Einwand die Vorstellung erwecken, daß doch die Nachkommen der alten „Römer“ die eigentlichen Träger der Wiedergeburt waren, oder daß eine sogenannte „günstige Rassenmischung“ notwendig war, um die Germanen auf romanischem Boden erst genial zu machen. Aber dieser Einwand ist ganz unzulässig, er verschiebt die Beweisführung auf ein anderes Gebiet. Die Zweifler sollten bei der Fragestellung bleiben, ob die italienischen Genies von den Germanen oder der vorgermanischen Bevölkerung abstammen. Für die Beantwortung dieser Frage ist es ganz gleichgültig, was die Germanen in anderen Ländern geleistet oder nicht geleistet haben. Man könnte eine Menge ähnlicher Fragen in bezug auf die brünetten Rassen stellen. Warum haben die Etrusker, von denen einige behaupten, daß sie brünett waren und daß sie die Renaissance geschaffen, anderthalb Jahrtausende damit gewartet? Warum war der Sitz der italienischen Renaissance nicht in Süditalien oder auf Sardinien, wo die brünette Rasse am reinsten und dichtesten sitzt? Warum liegt Ägypten, wo nur mediterrane Rasse wohnt, seit 2000 Jahren im tiefsten Niedergang?

Doch abgesehen von der methodischen Unzulässigkeit solcher und ähnlicher Fragen, ist der Hinweis auf Deutschland und Skandinavien auch sachlich durchaus unbegründet. Die Kritiker scheinen mit der Kulturgeschichte dieser Völker sehr wenig vertraut zu sein. Es kann keinen begeisterteren Verehrer der italienischen Renaissance und der romanischen Kultur geben als ich, der manchmal herzlich bedauert, daß seine sugambrischen Vorfahren nicht mit Chlodwig nach Paris oder mit Karl dem Großen nach Rom gezogen sind, aber ich glaube dennoch, daß durch die einseitige Betrachtung und Verherrlichung italienischer Kunstwerke vielfach das Verständnis für die eigenartige Schönheit und Genialität der nordischen Kultur verdunkelt worden ist. Bis zum heutigen Tag erlebt man es häufig genug, daß für die Romanen Deutschland immer noch das Land hyperboreischer Barbaren ist, wie zu Zeiten Caesars und Strabos, während sie selbst als „figli di Roma“ sich brüsten. Dieser Eigendünkel ist zwar nicht zu entschuldigen, aber immerhin zu verstehen, denn nur selten schwingen sich romanische Gelehrte dazu auf, nordische Kultur zu erforschen. Doch ein widerwärtiges Ärgernis ist es, wenn man solche scheinbaren Gegengründe von deutschen Gelehrten zu hören bekommt. Immerhin sind diese Einwände bemerkenswert genug, um über die Bedeutung von Milieu und Tradition für die Rassenentfaltung einige prinzipielle Bemerkungen zu machen, denn hauptsächlich in diesen Faktoren, und nicht in der Art der Rassenmischung liegt es begründet, daß die Germanen im Norden und Süden eine im einzelnen verschiedene Entwicklung durchgemacht haben.

Was zunächst Deutschland anbetrifft, so hat dasselbe an Zahl und Art Genies hervorgebracht, die den italienischen auch nicht um das geringste nachstehen. Die zwölf größten deutschen Genies: Luther, Dürer, Holbein, Kepler, Bach, Beethoven, Kant, Goethe, Schiller, Hegel, Wagner, Mozart (um diese zu nennen) stehen an monumentaler Geistesgröße nicht nur ebenbürtig, sondern in mancher Hinsicht sogar höher als die zwölf größten Italiener: Giotto, Dante, Petrarca, Donatello, Leonardo, Raffael, Tizian, Galilei, Michelangelo, Bruno, Palestrina, Ariosto. Und die blonden blauäugigen Niederländer: van Eyck, Rembrandt, Hals, Rubens, van Dyck? Und Shakespeare, Hume, Cromwell, Newton, Byron, Milton, Darwin? Gelten sie nicht ebensoviel wie die Italiener?

Italien hat weder mehr noch größere Genies hervorgebracht als die deutschen Länder. Dabei ist es bemerkenswert, daß nach meinen Untersuchungen die deutschen Genies denselben Grad der Rassenmischung zeigen wie die italienischen. Wie unter den größten Italienern einige Mischlinge waren (Michelangelo, Palestrina, Ariosto), so auch unter den größten Deutschen (Beethoven, Goethe, Luther). Also fällt die unmaßgebliche Meinung jener Kritiker, die für die besonders schöne Blüte der italienischen Renaissance eine Rassenmischung für erforderlich halten, in sich selbst zusammen. Und nun könnte man den Spieß umkehren und — im Sinne der Tadler — fragen: Warum hat denn dieselbe Rassenmischung (es kommen dabei dieselben Rassen in Betracht) in Deutschland nicht dieselbe künstlerische Kultur hervorgerufen wie in Italien?

Wer überdies den geistigen Zustand Italiens vom 3.—5. Jahrhundert n. Chr. genauer kennt, der muß es für gänzlich ausgeschlossen halten, daß die Mischung mit der „entarteten Brut“, wie Gibbon sie nannte, für die eingewanderten Germanen nach der Ansicht eines Kritikers „ein Mittel zur Steigerung körperlicher und seelischer Kräfte“ sein konnte. Und nicht mit Unrecht ist darauf hingewiesen worden, daß die griechisch-byzantinische Kultur keine Renaissance erlebte und zu derselben Zeit in Erstarrung und Entartung verharrte, als in Italien eine neue Bildung und Gesittung im Aufblühen begriffen war. Dies muß doch offenbar mit der germanischen Einwanderung ursächlich zusammenhängen.

Warum die Germanen in den nordischen Ländern und dieselben Germanen in romanisiertem Zustande in bezug auf Schnelligkeit und Art der Kulturentfaltung verschiedene Wege gewandelt sind, hat seine hauptsächlichste Ursache in den besonderen Bedingungen der historischen Entwicklung, die als Milieu, Konjunktur, Tradition, Entlehnung aufzufassen sind. Zum Teil mag auch die Eigenart der germanischen Stämme selbst mitgewirkt haben; z. B. werden die Goten als ein besonders hervorragend begabter Stamm gepriesen, und der Charakter der einzelnen Germanenstämme scheint in mancher Hinsicht auch verschieden gewesen zu sein.

Wie ein begabtes Individuum, sich selbst überlassen, verkümmern muß oder nicht zum Gebrauch seiner Kräfte gelangt, so bedarf auch die Rasse, und sei sie noch so sehr befähigt, zur Entfaltung ihrer angeborenen Anlagen der äußeren Anregungen und Reize, die ihr durch die gesamten Bedingungen des Milieus geboten werden. Die natürliche Umgebung, die geographische Lage, Witterung, Temperatur, Bodenschätze, Völkernachbarschaft usw. sind hier in erster Linie zu nennen. Die hellenische und Renaissancekultur war nur an den gesegneten Küsten des Mittelmeers möglich. „Hellas hat“, schreibt Herodot, „bei weitem die schönste Mischung der Jahreszeiten zu seinem Teil bekommen.“ Ähnliches gilt für Italien, wo gerade Toskana sich durch landschaftliche Gliederung und Schönheit, durch eine besonders „feine Luft“ auszeichnet, welcher Michelangelo und Aretino die Erzeugung so vieler feiner Köpfe zuschrieben; und man versteht, wie Tacitus Deutschland ein „wüstes Land“ nennen konnte, „unter rauhem Himmelsstrich, kulturlos, trübe, unheimlich einem jeden, dem es nicht eben das Vaterland ist“. Den Boden dieses Vaterlandes haben die Germanen in Jahrhunderte langer wirtschaftlicher Bearbeitung der Kultur gewonnen; sie haben Städte von Grund aus bauen müssen und damit zugleich das Milieu umgeschaffen und wohnlicher gemacht. In Italien fanden dagegen die Germanen ein altes Kulturland und zahlreiche Städte vor, in denen sich die edlen Geschlechter schon frühzeitig niederließen. Darin liegt wohl der Hauptgrund, warum die Entwicklung in Italien schneller und frühzeitiger sich vollzog, während die Germanen im Norden erst die wichtigsten materiellen Bedingungen höherer Kultur selbst hervorbringen mußten. Und man kann den Worten des Nationalökonomen Vanderlip zustimmen: „Wenn der endliche Sieg, den ein Volk über ungünstige Verhältnisse erringt, der Maßstab für die Größe desselben ist, so ist Deutschland die größte Nation der Welt.“

Außer diesen Unterschieden des natürlichen und wirtschaftlichen Milieus hat in Italien auch die unmittelbare Berührung mit den Resten der antiken Kultur als Entwicklungsreiz gewirkt. Was z. B. die Malerei betrifft, so schreibt Winckelmann, der sicher alles eher als ein Verächter der italienischen Renaissance war: „Holbein und Dürer, die Väter der Kunst in Deutschland, haben ein erstaunliches Talent in derselben gezeigt; und wenn sie, wie Raffael, Correggio und Tizian, die Werke der Alten hätten betrachten können, würden sie ebenso groß wie diese geworden sein, ja diese vielleicht übertroffen haben.“ Dabei ist es für alle Kunstkenner gewiß, daß die deutsche Malerei an innerem geistigem Gehalt und an Tiefe der Empfindung die italienische übertrifft, die ihrerseits durch die herrliche Vollendung formaler Schönheit sich auszeichnet. Und was die Architektur angeht, so offenbart sich in den gotischen Domen eine künstlerische Schöpferkraft, die den Renaissance-Kirchen und den griechischen Tempeln keineswegs nachsteht.

Dazu kommen Ursachen sozialer und politischer Art. Deutschland blieb auch nach der Völkerwanderung ein Auswanderungsherd für die benachbarten romanischen und slavischen Länder. Kaiser und Fürsten verlegten außerdem das Schwergewicht ihrer Macht und ihres Wirkens nach Italien oder Spanien. Man denke an die Hohenstaufen und Habsburger, die für jene Länder eine so große Bedeutung hatten. Alles dies führte dazu, daß in Deutschland nationale Sprache und nationales Bewußtsein viel langsamer sich entwickelten, während im frühen Mittelalter, zur Zeit Karls des Großen und der Sachsen-Kaiser in bezug auf Kunstübung und Pflege der Wissenschaft Deutschland selbst Italien überflügelte; und die Bildhauerkunst erreichte im Nor­den eine fast griechische doch eigenartige Schönheit zu einer Zeit, als die Italiener noch rohe und steife Figuren bildeten. Aber gerade in den entscheidenden Zeiten wurde Deutschland von einem langen verwüstenden Kriege heimgesucht. Und im allgemeinen gilt das Wort Schillers:

„Kein Augustisch’ Alter blühte,
Keines Medicäers Güte
Lächelte der deutschen Kunst.“

Noch viel ungünstiger als in Deutschland liegen die Entwicklungsbedingungen in Skandinavien. In Norwegen nimmt das bebaute und überhaupt urbar zu machende Land nur einen ganz unbedeutenden Teil des gesamten Areals ein. Die öden Gebirge, Moräste usw. umfassen 235 000 qkm, die Gletscher ungefähr 7000 qkm, während nur 2700 qkm angebaut sind. Nur im harten Kampf mit der Natur können Ackerbauer und Fischer ihre Existenz fristen. Etwas günstiger sind die Bedingungen in Schweden. Aber Klima, Temperatur, Himmel halten trotz der ästhetischen Eigenart nordischer Landschaft in bezug auf Entwicklungsreize und Entwicklungsmöglichkeiten nicht im entferntesten einen Vergleich mit den fruchtbaren und heiteren Ländern des Mittelmeeres aus. Und doch haben die Menschen in Skandinavien die wichtigsten prähistorischen Entwicklungsstadien als Ausgangspunkte höherer Kultur selbsttätig hervorgebracht: Ackerbau, Viehzucht, Sonnenkult, Zeitrechnung, Buchstabenschrift, eine reich gegliederte Sprache und einen eigenartigen Kunststil. Das Sonnenbild von Trundholm, aus der Zeit um das Jahr 1000 v. Chr. stammend, ist den gleichzeitigen plastischen Werken in Griechenland an Kunstwert überlegen, und die Edda steht an poetischem Gehalt anderen Volksepen nicht nach. Die Normannen brauchten nur nach Frankreich, England, Sizilien verpflanzt zu werden, um in kürzester Zeit eine höhere Kultur ins Leben zu rufen. In der Gegenwart stehen die skandinavischen Länder an Gesittung und Bildung den anderen europäischen Völkern nicht nach. Nirgends in der Welt ist die durchschnittliche Volksbildung höher als dort. Die nordische Wissenschaft genießt allgemeine Anerkennung und steht in edelstem Wetteifer mit der Gelehrsamkeit der zivilisiertesten Nationen. Man denke an Linné, Tycho de Brahe, Retzius, Nansen. Die nordische Literatur zeitigte die schönsten Blüten in den Werken von Tegnér, Andersen, Ibsen, Björnson, Jacobsen, und Thorwaldsen und Sinding stehen als Bildhauer neben den größten Künstlern ebenbürtig da. Alle Zweige der nordischen Rasse haben, selbst unter den ungünstigsten Bedingungen, sich zur Zivilisation erhoben. Und vergleicht man damit den sozialen und geistigen Zustand der mediterranen Rasse in Nordafrika oder der alpinen Rasse in Zentralasien, wo diese am dichtesten wohnen und sich am reinsten erhalten haben, so kann nicht der geringste Zweifel an der Überlegenheit der nordischen Menschen aufkommen.

Noch eine Reihe anderer Ursachen ist für den kulturellen Unterschied zwischen Norden und Süden, namentlich in bezug auf ihre Entwicklungsgeschwindigkeit, anzuführen. Im Süden traten die Arier als Eroberer auf, bauten Burgen, die den Ursprung der städtischen Entwicklung bildeten; sie unterwarfen eine zur Arbeiterklasse geeignete eingeborene Rasse, und so konnten sie als Herrenstand das soziale und geistige Milieu mit seinen hochdifferenzierten Bedürfnissen und Interessen schaffen, das für die Entfaltung höherer Kultur unumgänglich notwendig ist. Und dann darf nicht vergessen werden, daß in Italien und Griechenland zwei oder drei Wellen der arischen Rasse aufeinander folgten und die neue Epoche auf den Errungenschaften und Traditionen der vorhergehenden sich aufbaute. So wissen wir heute, daß die hoinerischen Epen das Abendrot einer versunkenen Kultur sind, die einem anderen Zweig der Hellenen angehörte als die Zeitgenossen des Perikles.

Diese Mannigfaltigkeit der äußeren Reize, diese Steigerung traditioneller Werte und diese günstigen klimatischen und sozialen Entwicklungsbedingungen fehlten im Norden vollständig. Deutschland und Mitteleuropa stehen in dieser Hinsicht in der Mitte zwischen Norden und Süden, und dementsprechend verhält sich auch ihre kulturelle Entfaltung.

In geistreicher Weise bemerkt Kant, daß das deutsche Genie in die Tiefe, das italienische in die Blüte treibe. Damit ist die Wirkung des Milieus treffend gekennzeichnet. Während dem Norden die heitere Lebensführung und die sinnlich-schöne Vollendung der bildenden Kunst versagt war, drang sein Genius mehr in die Tiefe und das Innere des Menschen, erzeugte das Gemüt, und aus ihm hervorquellend Poesie, Musik, Mythus und Philosophie.

Welchen Einfluß das Milieu immer haben mag, so viel ist sicher, daß die Rassen denselben äußeren Entwicklungsbedingungen gegenüber sich verschieden verhalten. Wie sie auf das Milieu reagieren, wie sie es umgestalten, wie sie günstigere Wohnplätze aufsuchen und erobern, das ist durch ihre angeborenen Anlagen bedingt. Die nordische Rasse hebt in fremden Ländern Boden- und Naturschätze, welche die schwarze, gelbe und brünette Rasse Jahrtausende lang unbeachtet gelassen hat. Ihre Wanderungen, Eroberungen und Kolonisationen umspannen den ganzen Erdball.

Seit der neueren Steinzeit ist der Norden, die unzweifelhafte Heimat der Arier, der Ausgangspunkt einer Rassenwanderung nach Südeuropa, Nordafrika und Asien gewesen. Diese Menschen brachten hoffnungsvolle Keime von Kulturfähigkeiten und Kulturelementen mit, um unter günstigeren Himmelsstrichen ihre im harten Daseinskampf erworbenen Anlagen zur Entfaltung zu bringen. Dies weist auf eine letzte, in der Lebensgeschichte der Rasse selbst gelegene Ursache für die verschieden hohen Grade der kulturellen Entfaltung einer und derselben Menschenfamilie im Norden und im Süden.

Man kann diesen Unterschied am besten verstehen, wenn man ihn mit dem Gegensatz der städtischen und ländlichen Kultur vergleicht: in der Stadt auf allen Gebieten des Lebens Veränderung und Fortschritt, auf dem Lande Stetigkeit und Stillstand. Innerhalb derselben Provinz, innerhalb derselben Rasse finden wir diese Differenzierung des sozialen Milieus, derart, daß in der Stadt ein reicheres, feineres und geistigeres Milieu erblüht, während auf dem Lande einfache, mittelalterliche Zustände fortdauern, ja manche Werkzeuge, Sitten und Gebräuche aus der Urzeit her sich erhalten haben. Durand de Gros, Lapouge, Hansen, Ammon usw. haben aber gezeigt, daß die städtische Bevölkerung vom Lande herstammt, daß dieser Einwanderungsstrom eine psychologische Auslese darstellt, indem die Regsameren, die Bedürfnisreicheren und die Mutigeren einer jeden Generation in die Städte wandern.

In ähnlicher Weise war der Norden das Hinterland für die südlichen Kulturländer, der organische Quell, aus dem die reizsameren, wanderungslustigeren und kühneren Stämme und Individuen ausgezogen sind, daher finden wir im Norden langsame Entwicklung und Beharren im Alten und Überlieferten, daher im Süden mit jeder neuen Rassenwelle aus dem Norden das Aufblühen einer neuen Kultur. Und diese Wanderungen waren selbst wieder ein Züchtungs- und Erziehungsmittel für die Rasse: neue Landschaften, neue Völkerumgebungen, neue Erwerbsquellen dienten als Entwicklungsreize, die den in der Urheimat Verharrenden versagt blieben.6

Vielleicht liegt diesen Unterschieden noch ein letzter merkwürdiger Vorgang biologischer Art zugrunde. Es ist eine Erfahrung der Pflanzenzüchter, daß nordisches Getreide, in südliche bessere Bedingungen gebracht, in wundersamer Weise aüfsprießt, während ein umgekehrtes Verfahren versagt. Ähnliche Erscheinungen werden auch bei Obstbäumen und Wild beobachtet. Der rauhere Norden läßt kümmerliche Existenzen nicht aufkommen, die Natur folgt dort den Prinzipien spartanischer Zucht, und was übrig bleibt, ist wetterfest, stark und fruchtbar. Da liegt der Schluß doch allzunahe, daß dieselbe Regel, die für Pflanzen- und Tierwelt gilt, auch im Menschenleben eine biologische Macht ist, und mit Recht hat Wilser in bezug auf die nach Süden verpflanzte nordische Rasse das Gleichnis gebraucht, „daß ein edles, im mageren Boden erwachsenes Reis herrliche Blüten und Früchte treibt, wenn man es in günstigere Ernährungsbedingungen versetzt“.

Diese große Bedeutung des Milieus für die Entfaltung der Rassenanlagen, sowie die Feststellung des physischen Typus der genialen Männer Italiens, Frankreichs und Spaniens, und die Tatsache endlich, daß die nordischen Genies an Zahl und Schöpferkraft den romanischen auch nicht im entferntesten nachstehen, widerlegt jene immer wieder vorgebrachte Behauptung, daß Rassenmischung eine Voraussetzung oder eine besonders günstige Bedingung für Entstehung von Genie und Kultur sei. Dabei verwechselt man meist die soziale Vermengung oder gruppenmäßige Schichtung der Rassen mit einer wirklichen physiologischen Mischung ihrer Anlagen und Kräfte durch die elterliche Zeugung. Insofern das Genie durch eine günstige Steigerung und Mischung der Eigenschaften seiner Vorfahren entsteht, ist dazu eine Kreuzung mit einer fremden Rasse nicht erforderlich. Wenn Rassenmischung ein günstiger Boden für die Erzeugung des Genies wäre, dann müßte Südamerika eine wahre Zuchtstätte von genialen Menschen sein, denn dort mischen sich seit mehreren Jahrhunderten die schwarze, gelbe, rote Rasse und die verschiedenen Varietäten der „weißen Völker“. Davon kann jedoch nicht die Rede sein; man denkt vielmehr nur an die Mischung der nordischen mit der alpinen und mediterranen Rasse. Aber die Germanen hatten es wahrlich nicht nötig, durch die „entartete Brut“ der Römerwelt verbessert und veredelt zu werden. Die brünette Rasse konnte ihrerseits physisch und psychisch durch die Kreuzung mit den Blonden nur gewinnen, und der Umstand, daß so zahlreiche Genies, trotz des geringen Anteils der blonden Rasse an der Zusammensetzung der romanischen Bevölkerungen, den blonden und nur wenige den brünetten Typus haben, macht es sehr wahrscheinlich, daß die Mischlinge unter den bedeutenden Personen in den meisten Fällen nicht der Rassenmischung als solcher, sondern vielmehr der spezifischen Beimischung der nordischen Rasse ihre Genialität verdanken. Gewiß sind auch die Brünetten imstande, geniale Naturen hervorzubringen, denn Verrocchio, Balzac, Larochefoucauld, Delacroix, Bernini, Rousseau, Staël und andere sind Vertreter der alpinen und mediterranen Rasse oder stehen ihnen wenigstens sehr nahe, aber die Genieerzeugung dieser Rassen ist eine viel geringere als die der Blonden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, sogar sehr wahrscheinlich, daß in einzelnen und besonderen Fällen ein Genie das Produkt der Mischung günstiger Anlagen von Individuen beider Rassen ist. Aber diese Fälle haben nur den Wert individueller Mischungen, treten selten auf und sind nicht entscheidend genug, um darauf eine physiologische Theorie der Genieerzeugung und der Kulturgeschichte aufzubauen.

Von einer günstigen Rassenmischung als Ursache genialer Begabung könnte nur dann mit Berechtigung gesprochen werden, wenn besonders hervorragende Eigenschaften der einen Rasse mit ebenso hervorragenden Eigenschaften einer zweiten Rasse zu vollkommeneren seelischen Bildungen sich vereinigten. Aber weder Anthropologie noch Geschichte und Psychologie bieten für eine solche Auffassung auch nur entfernte Vermutungen dar.

Daß die Kreuzungen der nordischen mit der brünetten Rasse sich viel besser bewähren als die mit der schwarzen und gelben Rasse, hat seine Ursache einmal darin, daß jene in ihren physischen und psychischen Eigenschaften einander viel näher stehen, dann aber auch in dem Umstand, daß diese Mischungen zum Teil schon sehr alte sind und bis in vorhistorische Zeiten zurückreichen. Dadurch hat ein Ausgleich und eine Durchdringung der Eigenschaften stattgefunden, und die natürliche Auslese hat im Laufe der Jahrhunderte unter diesen Mischungen manche gut veranlagte Familien und Individuen herangezüchtet.

4. SCHLUSSBETRACHTUNG

Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seitdem Klemm und Gobineau die Bedeutung der ungleich gearteten und ungleich begabten Menschenrassen für die Kulturgeschichte in grundlegenden Werken nachgewiesen haben. Neue Stützen empfing diese Theorie durch die Untersuchungen von Penka, Uifalvy, Wilser, Kraitschek, Much, Lapouge, Collignon, Ammon, Röse; namentlich haben die letzteren in ihren Forschungen über die Anthropologie der Klassen das gesellschaftliche Wachstum der Völker bis auf seine rassenhaften Wurzeln aufgedeckt. Meine Bemühungen gehen dahin, der Anthropologie der Völker und Klassen die Anthropologie der Genies hinzuzufügen. Damit wird die Geschichtswissenschaft auf ihre natürliche Basis, auf die Menschen selbst zurückgeführt, und indem die Völker, Klassen und Individuen festgestellt werden, von denen die entscheidenden Ideen und Taten ausgegangen sind, offenbart das entdeckte Lebensgesetz der Rasse die politischen und geistigen Schicksale der Staaten.

Die Rassetheorie zerstört nicht nur eine Menge von gelehrten und volkstümlichen Vorurteilen, sie wälzt die Geschichtswissenschaft von Grund aus um. Die Frage: Was ist aus den Germanen der Völkerwanderung geworden? eine Frage, die von den Historikern bisher weder aufgeworfen noch viel weniger beantwortet wurde, hat dahin geführt, der Rassetheorie unüberwindbare Stützen zu geben. Denn auf Grund der vorliegenden Untersuchungen über den physischen Typus und die Abstammung der romanischen Genies kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß nach dem Verfall des römischen Reichs in erster Linie die Germanen die Träger der politischen und geistigen Geschichte Europas geworden sind.

Trotz mancher Verschiedenheiten lassen die romanischen und nordischen Kulturen einen einheitlichen Grundzug der geistigen Entfaltung deutlich erkennen, sowohl im Mittelalter als in der Renaissance und neueren Geschichte. Eine ganze Reihe von Kulturerscheinungen treten bei diesen Völkern in gleicher Weise hervor, andere verbreiten sich leicht von einem Volke zum anderen, ohne große Wandlungen zu erfahren, und die Abfolge der Entwicklungsperioden, wenn auch im einzelnen in bezug auf Beginn, Dauer und Ende voneinander abweichend, bietet im wesentlichen ein übereinstimmendes Gemälde. Die nachrömische Kultur Europas macht durchaus den Eindruck, daß sie einer einheitlichen Wurzel entsprungen ist. Sie kann daher nicht als eine „Renaissance“ d. h. als eine Wiedergeburt des Altertums aufgefaßt werden, geschweige daß die Nachkommen der antiken Völker, aus sich selbst heraus verjüngt, diese Kultur geschaffen hätten. Denn seit der Niederlassung der Germanen in den romanischen Ländern und ihrem „Eintritt in die Weltgeschichte“ kann eine anthropologische und historische Kontinuität ihrer Rasse bis zur Renaissance und Gegenwart festgestellt werden.

Die Antike hat zweifellos durch Überlieferung und durch bewußtes Zurückgreifen auf ihre Bildungsschätze ihren Einfluß nie verloren. Aber in Wirklichkeit wurde unter diesen Einflüssen etwas ganz Neues geschaffen; eine neue Seele trat in die historische Erscheinung, deren Kraft und Eigenart in einer anderen Rasse wurzelte. Es war ein anderer Zweig der nordischen Menschenfamilie, der Schwert und Griffel aus der sinkenden Hand des Römers empfing; ein verwandter Geist, der den Germanen aus Hellas und Rom entgegenkam, und eine kongeniale Rasse, die diesen Geist innerlich ergriff und zu neuen Lebensformen der Freiheit und Schönheit führte.

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1 Die Germanen und die Renaissance in Italien. Mit über 100 Bildnissen berühmter Italiener. Leipzig 1905.
2 Der Name Buonarroti findet sich im Französischen in der Form von Bonirote und hat natürlich nichts mit einem „guten Rad“ zu tun, wie vielfach angenommen wird und Michelangelo selbst glaubte. — Tasso hat mit ital. tasso, lat. taxus nichts gemein. — Auch Dante ist ein altgermanischer Name; nhd. lautet er als Familienname Tent, Tente. Nach J. Jungfer gibt es in Aragonien einen ähnlichen Ortsnamen Dende = Dante. Davon abgeleitet ist der Name des berühmten venezianischen Dogen Enrico Dandolo (dsch. Dentel) und die deutschen Familiennamen Dender, Denter. — In Italien findet man nicht selten ganz gewöhnliche deutsche Namen, wie Smedi (Schmidt), Suardi (Schwarz), Steni (Stein), Lutero (Luther), Schiffi (Schiff), Scherillo (Scherl), Dorna (Dorn), Lippomanno (Lippmann), Alemanni (Ahlemann) usw. — Die italienischen Gelehrten haben kaum eine Ahnung davon, daß die meisten ihrer Namen „barbarischen“ Ursprungs sind.
3 Deutsche Erde, 1905, No. 2.
4 Altdeutsche Namen in spanischer Abänderung sind durch die Eroberung Amerikas auch in die neue Welt gebracht worden, so daß wir heute das sonderbare Schauspiel erleben, daß Indianer und Neger Namen tragen, die einst in den Wäldern Germaniens erklangen.
5 Politische Anthropologie, S. 266—279.
6 Daß diese psychologische Deutung der Wanderungsauslese richtig ist, wird durch die in den letzten Jahren so häufig gehörten Klagen vonseiten norwegischer Politiker bestätigt. Sie weisen auf die noch immer fortdauernde Entvölkerung des Landes hin und bemerken, daß es die kräftigeren und tüchtigeren Individuen sind, die das Land verlassen. Sie wenden sich meist nach Nordamerika, wo sie im Gegensatz zu den aus Südeuropa Stammenden ein besonders willkommenes Einwanderungselement darstellen.

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