Erstes Kapitel

Die anthropologische Geschichtstheorie

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iejenigen Historiker, die sich bisher mit den anthropologischen Ursachen des Untergangs der antiken Welt und der geistigen Wiedergeburt Italiens näher beschäftigt haben, O. Seeck und H. St. Chamberlain, haben mehr mit einer tiefen historischen Intuitionskraft die großen Zusammenhänge erkannt als exakt und einwandsfrei bewiesen. Dies zeigt sich namentlich in ihrer Auffassung des Rassebegriffs und der europäischen Menschenrassen. Freilich darf man diesen Forschern darum keine Vorwürfe machen, wenn man an den wenig erfreulichen Zustand denkt, in welchem sich die Rassenanthropologie und namentlich die Lehre von der Rassengeschichte Europas bei den meisten Schulanthropologen befindet. Denn diese sind mit wenigen Ausnahmen einseitig interessierte anatomische Anthropologen und hegen die größten Vorurteile gegen die Anwendung der Biologie und Anthropologie auf Geschichtswissenschaft, Soziologie und Politik.

Seeck hält es für gänzlich unbewiesen, daß Haarfarbe und Schädelform die Abzeichen verschiedener Rassen sein müßten. Diese Unterschiede seien so geringfügig und gingen so sehr ohne scharfe Abgrenzung ineinander über, daß zu ihrer Erklärung die natürliche, soll heißen, individuelle Variabilität vollkommen genüge. Die Veränderung des germanischen Typus seit den Zeiten der Reihengräber hält er für eine Wirkung der Kultur, und er fragt naiv genug: Warum sollten nicht braune Mittelschädel und schwarze Kurzschädel von blonden Langschädeln abstammen? — Kurz, er glaubt, daß Klima und Bodenbeschaffenheit, und nicht die Abstammung Körperbildung und Haarfarbe bestimmen.

Chamberlain hat schon eine viel schärfer umgrenzte Vorstellung von den körperlichen Unterschieden der europäischen Rassen, denn ihm sind die Untersuchungen von Retzius, Penka, Wilser, Lapouge, Ujfalvy, Ammon nicht unbekannt geblieben; doch in dem einen Punkte bleibt auch er unsicher und schwankend, ob gewisse körperliche Merkmale als Eigenvariationen der germanischen Rasse oder als Mischlingseigenschaften anzusehen sind.

Um in dem Wirrwarr der Rassenanthropologie Klarheit zu schaffen, ist es von grundlegender Wichtigkeit, die Begriffe von Volk und Rasse scharf voneinander zu unterscheiden. Volk ist ein historisch-soziologischer, Rasse ein naturwissenschaftlich-biologischer Begriff. Ein Volk kann aus zwei oder mehreren Rassen und ihren Mischlingen zusammengesetzt sein, die im Laufe der Jahrhunderte eine gemeinsame politische Geschichte und geistige Tradition hervorgebracht haben. In den ersten Zeiten bleibt bei solchen Völkern das Bewußtsein verschiedener Abstammung, sowie eine ungleiche soziale Lage mit ungleichen Rechten bestehen, während später diese Unterschiede sich ausgleichen und vergessen werden, namentlich wenn die Rassen sich näher stehen und die Zahl der Mischlinge das Übergewicht erhält. Bei diesen Völkern entsteht dann ein sekundäres Bewußtsein von Blutsverwandtschaft, das sich im „Nationalgefül“ äußert, und Volk und Rasse scheinen dann identisch geworden zu sein.

Vor einer wissenschaftlichen Untersuchung kann diese Selbsttäuschung über die Gleichheit von Rasse, Volk und Sprache nicht bestehen. Ein Volk kann eine Sprache reden, die einer längst ausgestorbenen, einst herrschenden Rasse angehört, und das gegenwärtige Geschlecht gibt sich dem Irrtum hin, mit der Sprache auch das Blut jener Rasse ererbt zu haben. So hielten sich die Renaissance-Menschen Italiens für Nachkömmlinge der alten Römer, und die heutigen Griechen sind stolz auf ihre antiken Vorfahren, obgleich kaum eine Spur der römischen und hellenischen Rasse sich erhalten hat.

Rassen bedeuten biologische Lebenseinheiten, die morphologisch und genealogisch scharf umgrenzt sind. Eine einheitliche konstante Summe von erblichen Merkmalen unterscheidet die eine Rasse von der anderen. Körpergröße, Proportionen, Kopf- und Gesichtsbildung, Farbe von Haut, Haaren und Augen sind die Merkmale, die den Rassenunterschieden zugrunde liegen. Alle diese Merkmale bewegen sich innerhalb einer bestimmten individuellen Schwankurigsbreite, die bei dem einen Merkmal größer, bei dem anderen geringer sein kann. Dadurch können sich Eigenschaften der einen Rasse denen der anderen nähern. Aber alle Merkmale gruppieren sich um einen Durchschnittstypus, dem die überwiegende Zahl der Varianten angehört und der den Rassetypus ausmacht. Überdies stellt die anthropologische Analyse, je mehr sie sich von der bloß anatomischen Methode frei macht und sich von historischen und sozialen Gesichtspunkten leiten läßt, als unzweifelhaft fest, daß eine ganze Reihe von Übergangsmerkmalen in Wirklichkeit Mischungseigenschaften sind, also nicht in den Bereich individueller Variabilität fallen. So wird es immer wahrscheinlicher, daß nur die nordeuropäische Rasse eine helle Komplexion, blonde Haare, blaue Augen, weiße Haut besitzt, und daß überall da, wo wir bei anderen „Rassen“ solche Merkmale mehr oder minder vereinzelt auftreten sehen, eine Beimischung der nordischen Rasse in historischer oder vorhistorischer Zeit stattgefunden hat. In den meisten Fällen können solche Beimischungen als Folge von Einwanderung, Sklavenverkauf, Frauenraub nachgewiesen werden; wo aber alle historischen Nachrichten fehlen, werden sie durch den Umstand erwiesen, daß zugleich mit der hellen Komplexion auch die korrelativen Merkmale der nordischen Rasse gefunden werden.

Zwischen weit abstehenden Rassen können Analogieen oder Konvergenzbildungen in den körperlichen Merkmalen auftreten, ohne daß eine direkte Blutsverwandtschaft zu bestehen braucht. Z. B. ist Langköpfigkeit das Merkmal der nordischen, der mittelländischen und der Negerrasse. Aber der Schädel der nordischen Rasse ist umfangreicher und gröber modelliert, zeigt meist eine fliehende, dabei hohe Stirn, starke Augenbrauenwülste und vorspringendes Kinn. Diese Merkmale können auch bei der mediterranen Rasse, wenn zwar viel seltener, auftreten, und es ist unmöglich, einen grazil gebauten nordischen Schädel von einem mediterranen zu unterscheiden, wenn nicht die Herkunft oder andere Körpermerkmale bekannt sind. Dagegen kann diese Verwechselung mit dem langen Negerschädel nicht eintreten, da die Prognathie und die ausgesprochene occipitaie Dolichocephalie ihn von den beiden ersteren ohne Übergänge unterscheiden.

Um den Rassenbegriff noch schärfer zu umgrenzen, muß demnach noch das Merkmal einheitlicher Abstammung hinzutreten: Erst die morphologische und genealogische Einheit zusammen machen den vollständigen Begriff der Rasse aus.

Was die Entstehung der Rassen anbetrifft, so gehört dieselbe zur organischen Vorgeschichte des Menschengeschlechts. Innerhalb des für kulturhistorische Probleme begrenzten Zeitraums können wir die Rassen als Dauertypen betrachten, als gegebene Naturfaktoren, welche die geschichtliche Entwicklung beherrschen. Veränderungen des Typus entstehen in den meisten Fällen durch Rassenkreuzung, seltener durch Krankheit und Entartung. Hier sind besonders gewisse Knochenerkrankungen zu nennen, wie Rachitis und Hydrocephalus (Wasserkopf), die den Schädel breiter machen und dadurch eine „falsche Kurzköpfigkeit“ (Pseudobrachycephalie) verursachen. Infolge Rachitis und schlechter Ernährung kann die Körperstatur verkleinert werden, indem das Wachstum gehemmt wird. Aber umgekehrt ist es ausgeschlossen, daß gute Ernährung eine von Natur kleine oder mittelgroße Rasse zu einer großwüchsigen macht. Gute Ernährung und günstige Milieuverhältnisse können nur die angeborene Wachstumsenergie zur vollen Entfaltung bringen. Das beweist auch die oft gemachte Beobachtung, daß zu einer und derselben Familie kleine und große Personen gehören, obgleich sie den gleichen Ernährungsbedingungen ausgesetzt sind.

Nur in einem Punkte ist ein Einfluß der Kultur auf die Korpergröße zu konstatieren, wenn die Selektionsbedingungen höherer Kultur die Existenz und die Züchtung von kleineren und grazilen Personen möglich machen, die sich geistig auszeichnen und dadurch überleben. Aus diesem Grunde kann eine ursprünglich hochgewachsene Rasse, wenn sie vom Kriegs- und Jagdleben zu einem geistigen Typus der Gesellschaft übergegangen ist, körperlich kleinere und grazile „Kulturvarianten“, sogar feminine Typen, aus sich hervorgehen lassen.

Eine von solchen methodischen Gesichtspunkten geleitete anthropologische Analyse der Bevölkerungsgeschichte Italiens stellt hier, wie in den meisten Ländern Europas, im wesentlichen drei scharf voneinander abzugrenzende Rassen fest: den homo europaeus flavus, den homo brachycephalus und den homo mediterraneus, auch die nordische, die „alpine“ und die mittelländische Rasse genannt.

Der homo europaeus ist großgewachsen, langschädelig, schmalnasig, mit blonden Haaren, blauen Augen, rosig-weißer Haut. Sonst häufig vorkommende Merkmale sind gebogene Nase, markante Augenwülste und vorspringendes Kinn. Der Nasenrücken kann auch gerade, ja zuweilen rückwärts gebogen sein, wobei das Gerüst der Nase an sich lang und schmal bleibt. Entscheidend ist nur der niedrige Nasenindex, d. h. an der knöchernen Nasenöffnung muß die Breite im Verhältnis zur Nasenhöhe gering sein. Ob sich ursprünglich mit den schmalen Schädeln breite Gesichter verbinden können, halte ich für sehr zweifelhaft. Meist handelt es sich dabei um disharmonische Mischungen, oder das breite Gesicht wird durch etwas vorspringende Jochbeine vorgetäuscht, während der Oberkiefer selbst schmal ist.

Das Haar ist weich und lockig. Wie weit der Abänderungsspielraum der blonden Haarfarbe reicht, ist noch ein umstrittenes Problem. Der Grundton ist wohl gelblich, kann aber auch mehr dem Rötlichen sich nähern. Doch scheinen die dunkleren Grade des Blonden, die dem Braunen sich nähern, durch leichte Mischungen mit Schwarzhaarigen zu entstehen. Die blaue Farbe des Auges kann zwischen wasserblau und dunkelblau variieren; auch dürfte eine leichte Neigung ins Graue und Grüne noch eine unvermischte Nuance des Blauen sein.

Der homo mediterraneus hat im wesentlichen Proportionen wie die nordische Rasse; nur ist der Gesamtorganismus kleiner und das Pigment ist dunkel. Das Haar ist schlicht und schwarz, die Haut braun und ebenso das Auge.

Der homo brachycephalus ist wesentlich verschieden von den beiden langköpfigen Rassen. Klein von Gestalt, hat er einen runden Kopf, rundes Gesicht, breite Nase, schwarze Haare und braune Augen. Diese brachycephale Rasse wird „alpiner Typus“ genannt, weil er hauptsächlich den mitteleuropäischen Gebirgsstock bewohnt, wo er den Forschern zuerst auffiel. Sie erstreckt sich aber auch durch Osteuropa, durch ganz Mittelasien bis nach China und Japan. Pruner-Bey, der auf diesen Typus zuerst aufmerksam machte, nannte ihn den „mongoloiden“ Typus. Der echte Mongolentypus unterscheidet sich aber von jenem durch die gelbe Haut, das straffe Haar, die schiefstehenden Augen und die Mongolenfalte. Inwiefern beide Typen miteinander verwandt sind, ist eine noch ungelöste Frage.

Alle drei Rassen finden wir in Europa in reiner und in vermischter Form. Der homo europaeus hat sich am reinsten in Nordeuropa, in der norddeutschen Tiefebene und in Skandinavien erhalten; den homo mediterraneus findet man am zahlreichsten in Südeuropa, während nach Mitteleuropa hin die Mischungen mit dem alpinen Typus zunehmen. Alle Völker Europas sind im wesentlichen aus diesen drei Rassen zusammengesetzt, wobei bald die eine oder andere oder ein bestimmter Mischtypus überwiegt.

Was die Mischtypen anlangt, so können dieselben entweder aus je zwei dieser Rassen hervorgehen oder sogar Merkmale aller drei Rassen zeigen. Am genauesten sind die Mischprodukte der nordischen und alpinen Rassen erforscht. Hier erhält sich am besten die helle Haut, weniger gut das blaue Auge, während das blonde Haar am schnellsten und leichtesten untergeht. Auch kann eine mittlere Hautfarbe, eine Aufhellung der braunen Haut, entstehen, ferner graue und gesprenkelte Mischaugen, braune Haare, die in der Jugend meist heller sind. Was die Kopfform anbetrifft, so besteht höchstwahrscheinlich ein Überwiegen des alpinen Typus, namentlich scheint der Hinterkopf der nordischen Rasse zu verschwinden (Pseudobrachycephalen), während Stirn und Gesicht widerstandsfähiger sind. Oder es verbreitert sich der Schädel, während die ursprüngliche Länge erhalten bleibt (Eurydolichocephalen). Wenn bei den Völkern Europas im Laufe der Jahrhunderte der Schädelindex sich erhöht hat, so beruht das zum großen Teil darauf, daß die nordischen Langköpfe aussterben oder auswandern und der alpine Typus durch stärkere Vermehrung an seine Stelle tritt, zum Teil aber auch darauf, daß die falschen und breiten Langköpfe an ihre Stelle treten, was keineswegs mit einer Verschlechterung der Rasse identisch zu sein braucht. da solche Mischlinge sich nicht seiten ebenso leistungsfähig gezeigt haben wie reine Vertreter des nordischen Typus. Deshalb kann der Vergleich des bloßen Kopfindex einer Bevölkerung im Abstand der Jahrhunderte allein keinen genauen Einblick in den tatsächlichen Verlauf des Rassenwechsels gewähren.

Die ungleiche Vererbungskraft des Gesichts und Schädels bei der Mischung der beiden Rassen zeigt sich auch im Pigment, so daß bei solchen Mischlingen die Kopfhaare mehr oder minder dunkel sind, während Augen und Barthaare ihre helle Farbe behalten. Noch deutlicher ist dies bei Kindern zu beobachten, wenn die Haare der Stirn heller sind als die übrigen.

Bei den Mischungen zwischen der nordischen und mediterranen entstehen jene Typen, die man in Unteritalien nicht selten sieht: große Gestalten mit heller oder aufgehellter, seltener brauner Haut und mit dunklen Augen und Haaren, die in der Jugend häufig hell sind. Während die Kreuzungen zwischen der nordischen und alpinen Rasse viele Disharmonien in Proportionen und Pigment verursachen, werden solclie in diesen Mischungen viel seltener beobachtet, ja es können eigenartig schöne Formen entstehen, wenn sich mit dunklen Haaren und Augen und gutem Gliederbau eine Haut „wie Milch und Rosen“ verbindet.

Die Kreuzungen zwischen der alpinen und mediterranen Rasse sind noch wenig erforscht. Doch scheint auch hier der Rundschädel den Langschädel zu verdrängen.

Mischtypen, die aus allen drei Rassenmerkmalen zusammengesetzt sind, findet man in Oberitalien und auf der Balkanhalbinsel zusammen. Sie zeigen z. B. die große Gestalt des Nordländers, den runden Schädel des Alpinen, das Gesicht und das Pigment des Mittelländers.

Die nordische, alpine und mittelländische Rasse haben in der politischen und kulturellen Geschichte Europas eine verschiedene Rolle gespielt. Im Licht der Geschichte tritt der homo europaeus als arische Rasse auf, als die eigentliche Kulturrasse Europas, die auch die orientalischen Civilisationen stark beeinflußt hat. Alle Völker, die eine arische Sprache reden oder einst besaßen, haben ursprünglich den physischen Typus der nordischen Rasse gehabt, die Inder, Perser, Hellenen, Italiker, Slaven, Gallier und Germanen. Zu den Italikern, die seit dem Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. aus der nordischen Urheimat in die apenninische Halbinsel einwanderten, gehörten die Umbrer, Sabeller, Latiner, Siculer, Etrusker, Veneter und Gallier. Sie standen teils dem keltischen, teils dem thrako-hellenischen Zweig der Arier nahe. Daß arische Rasse und homo europaeus ursprünglich identisch sind, ist durch die Untersuchungen von Penka, Wilser, Lapouge, Ujfalvy unwiderleglich erwiesen. Nur über die Etrusker herrscht noch ein scheinbar unlösbarer Streit zwischen den Anthropologen und den Sprach- und Kulturhistorikern. Was auch immer die fremdartigen Elemente sein mögen, die in der etruskischen Sprache sich finden, so kann über ihre anthropologische Stellung im System der europäischen Rassen nicht der geringste Zweifel aufkommen. Wie die bemalten Statuen und Sarkophage und die Wandmalereien beweisen, waren die Etrusker Menschen von hoher Gestalt, heller Haut, gelbblonden Haaren und blauen Augen. Schon Gobineau und Wilser haben darauf hingewiesen, und ich kann diesen Forschern auf Grund meiner eigenen Untersuchungen in den etruskischen Grabstätten nur beistimmen. Die Etrusker unterscheiden sich deutlich von der eingeborenen brünetten Bevölkerung, doch lassen sich auch Mischtypen feststellen, z. B. gelbes Haar in allen Ubergängen durch das braune bis zum schwarzen.

Was den psychologischen Kulturwert der drei Rassen betrifft, so liegen hinreichend soziale und geschichtliche Tatsachen vor, welche der nordischen Rasse eine entschiedene Überlegenheit über die beiden anderen Rassen zuerteilen. Die nordische Rasse hat die höchsten und besten Leistungen in der Kulturgeschichte des Menschengeschlechts hervorgebracht. Nicht ist es das natürliche oder wirtschaftliche Milieu gewesen, das die Völker arischen Ursprungs auf den Gipfel der Civilisation erhob, sondern ihre angeborene psychophysische Energie, ihre höhere Begabung. Bei dieser bloßen Tatsache dürfen wir aber nicht stehen bleiben; wir müssen in der morphologischen und physiologischen Ausstattung dieser Rasse ihre Leistungsfähigkeit begründen, gemäß jenem Naturgesetz, das Leuckart dahin formulierte, „daß die Leistungen eines jeden Geschöpfs mit dem Bau seines Körpers, seiner Größe, Form und Ausrüstung unzertrennbar verbunden sind“.

Die nordische Rasse ist die durchschnittlich größte und kräftigste. Wohl findet man bei Negern und Indianern einzelne Individuen und Gruppen, die sich der nordischen nähern, aber im Durchschnitt ist jene die größte, auch heute noch, wo sie infolge von differenzierten geistigen Selektionswerten auch kleinere und schwächere Individuen hervorbringt. Mit kräftigem und großem Körperbau verbindet sie die schönste Proportion der Glieder, deren Gesetzmäßigkeit im goldenen Schnitt begründet ist und die zweckmäßigste Verteilung der organischen Massen darstellt. „Lamarcks Gesetz der Anpassung“, schreibt G. Fritsch, „kann sich recht gut mit dem goldenen Schnitt abfinden; denn das hierdurch gegebene Verhältnis ermöglicht eine gewisse Geschlossenheit der ganzen Bildung und darauf beruhende Kraft, während die Verschiedenheit der Teile mannigfache Beweglichkeit und Verwendung der Glieder vermittelt. Fin überschlanker Rumpf, allzu lange Gliedmaßen lassen Schwäche erkennen, zu dicker Rumpf und kurze Gliedmaßen machen den Eindruck von Ungeschicklichkeit.“1) Aus den Untersuchungen von Stratz geht hervor, daß die schönsten Proportionen bei den Blonden gefunden werden.2) Zwar hat die mittelländische Rasse einen ähnlichen Gliederbau, aber ihr fehlt die Größe und Kraft der nordischen Menschen; ihr fehlt die helle Haut und das blonde Haar, die in der griechischen und italienischen Kunst zum ästhetischen Ideal der Menschengestalt gehörten.

Die morphologische Überlegenheit zeigt sich auch darin, daß die beiden Geschlechter in ihrem Körperbau stärker differenziert, daß die sekundären Sexualcharaktere in ihrer Eigenart und Schönheit am stärksten ausgebildet sind.

Die nordische Rasse hat das durchschnittlich größte Gehirn, und wenn in manchen Listen den Brachycephalen das größte zugeschrieben wird, so liegt hier wieder jener Irrtum vor, die breiten Langköpfe mit den echten Kurzköpfen zu verwechseln. Namentlich ist es die starke Entwicklung des Vorderhirns, an das die höheren intellektuellen Funktionen gebunden sind, und das dem nordeuropäischen Menschen eine Überlegenheit seelischer Fähigkeiten verleiht. Mit der größeren Leistungsfähigkeit des Nervensystems scheint die helle Pigmentierung in ursächlicher Beziehung zu stehen. Dafür führt R. Weinberg den einleuchtenden Grund an, daß eine starke allgemeine Pigmentierung einen außerordentlichen Stoffverbrauch hervorrufe, während er bei den lichten Rassen der Anlage und Kraftentfaltung des Nervensystems in erster Linie zugute komme.3)

Außer diesem zweckmäßigeren physiologischen Krafteumsatz ist die späte Entwicklung der Pubertät hervorzuheben, die auf das Wachsturn der intellektuellen Energie günstig einwirkt. Es ist eine bekannte Erscheinung, daß der brünette Typus früher geschlechtsreif wird als der blonde und daß die Pubertät bei den farbigen Rassen sich noch früher einstellt. Wenn man nun bedenkt, daß die Geschlechtsreife mit der Entwicklung der geistigen Fähigkeiten aufs innigste verknüpft ist, daß eine physiologische Beziehung zwischen Gehirn und Sexualdrüsen besteht, so ist es leicht verständlich, daß das Wachstum der Intelligenz durch die frühe Reife organisch gehemmt wird. Damit hängt zusammen, daß das Geschlechtsleben in der Psyche schnell reifender Rassen eine viel größere Rolle spielt als bei den Nordländern; und Soziologen, wie Ferri, machen für den Niedergang der romanischen Völker, bei denen das brünette Element bei weitem das Übergewicht hat, nicht zum wenigsten die starke Konzentration der Affekte auf das Geschlechtsleben verantwortlich.

Das langsamere Wachstum und die spätere Reife ist die physiologische Ursache dafür, daß die Menschen der nordischen Rasse länger jugendlich bleiben. Die Brünetten und Farbigen werden früher alt und sind schneller erschöpft, während die Blonden bis ins höhere Alter körperliche Rüstigkeit und geistige Elastizität bewahren können. In der Jugend ist der Mensch empfänglich und schöpferisch, und weil der blonde Mensch mit einem ausgebildeteren Organismus ins tätige Leben tritt und weil seine Jugend länger dauert, ist seine Rasse an geistigen Taten und Schöpfungen allen anderen überlegen.

Der Umstand, daß bei den Mischungen des homo europaeus mit den Brünetten die helle Haut eine stärkere Vererbungskraft zeigt, so daß noch nach Jahrhunderten dieser Einfluß zu erkennen ist, wenn die blonden Haare selbst längst geschwunden sind, — dieser Umstand hat dazu geführt, von einer einheitlichen weißen oder europäischen Rasse zu sprechen, die in Wirklichkeit nicht existiert. Dabei ist man inkonsequent genug, auch die echten Brünetten in Nordafrika und Vorderasien zu dieser „weißen Rasse“ zu rechnen, obgleich sie nichts mit ihr gemein haben. Der Name der weißen Rasse gebührt einzig und allein der nordischen, und nur durch Kreuzungen hat sie anderen Rassen mit der hellen Haut zugleich höhere Geistesfähigkeiten und den Adel ihres Namens verliehen.

Der Gehalt eines Volkes an blonder Rasse bestimmt seinen Kulturwert, und der Niedergang der höheren Kulturen bat seine anthropologische Ursache im Aussterben der Blonden. Das natürliche Milieu kann die angeborenen Anlagen in ihrer Entfaltung begünstigen oder hemmen, wohl spielen moralische und wirtschaftliche Faktoren eine wichtige Rolle, aber die entscheidende Ursache für den Sturz der Völker ist die Verschlechterung ihrer anthropologischen Struktur. Diese Veränderungen in der physischen Existenz der Völker entstehen durch Mischung mit weniger begabten Rassen und durch das Erlöschen der blonden Geschlechter. Bossuet und Gobineau haben die Mischung mit den „Barbaren“ für den Sturz des römischen Reichs verantwortlich gemacht, und sie mögen recht haben, wenn sie unter diesen Barbaren die Orientalen verstehen. Aber viel bedeutungsvoller war die Erschöpfung der arischen Rasse. Die ganze Entwicklung Roms war eine fortwährende Selbstverzehrung der arischen Familien, zuerst in Rom, dann in Latium und ganz Italien, bis Gallier und Spanier und schließlich Germanen die letzten „Stützen des Staates“ waren.

Wenn Schnaase sagt, daß Rom fiel, weil sein Schicksal vollendet war, weil die Seele, die den gewaltigen Körper belebt hatte, abstarb, so ist das im buchstäblichen Sinne des Wortes wahr. Die Seele des römischen Volkes starb ab, weil die römische Rasse dahingeschwunden war. Es gibt eine Reihe von Nachrichten, aus denen erwiesen werden kann, daß die blonden und großgewachsenen Menschen in den letzten Jahrhunderten des Reichs ausgestorben oder sehr selten gewesen sein müssen. Tacitus und andere italische Schriftsteller beschreiben das körperliche Aussehen der Germanen, ihre hohe Gestalt und die blonden Haare, mit dem Gefühl der Bewunderung und dem Eindruck des Fremdartigen, woraus hervorgeht, daß zu seiner Zeit die reinen und unvermischten Merkmale der nordischen Rasse fast unbekannt geworden waren. Wie in Italien, scheinen um dieselbe Zeit auch in Gallien die Blonden verschwunden zu sein, denn nach Sueton mußten die Gallier, die für den Triumphzug des Gajus als Germanen verkleidet wurden, sich die Haare gelb färben. Noch deutlicher geht dieses Bewußtsein, in den Germanen einen fremdartiger. Typus vor sich zu haben, aus den späteren Schriftstellern, wie Ammianus und Procop, hervor. Von einem der spätesten Kaiser, Majorianus (456—461), wird berichtet: „Sein Haupthaar, das bei allen Menschen berühmt war, weil es blond war, so daß man es mit dem reinsten Golde verglich, färbte er mit einer eigens dazu erfundenen Salbe, so daß er es in dunkles verwandelte.“ (Procop, Vandalenkrieg I, 7.) Des Kaisers Haar war berühmt, „weil es blond war“, ein Beweis, wie ungemein selten und auffallend das blonde Haar unter Römern und Italikern gewesen sein muß. Mit dem Schwinden des blonden Haares hing eine andere korrelative anthropologische Veränderung zusammen, das Schwinden der hochgewachsenen Menschen; denn im zweiten und dritten Jahrhundert war das Militärmaß auf 1,42 Meter herabgesunken.

Zuerst starben die Blonden aus, dann die ihnen verwandten Mischlinge, bis schließlich fast allein die schwarzhaarigen kleinen Menschen übrig blieben und nur die aufgehellte Haut noch an den Adel des vergangenen Geschlechts erinnerte. Rom ging am Rassetod zugrunde. Alle anderen Schädigungen, wie Sittenverderbnis, Latifundienwirtschaft, Sklavenarbeit, selbst eine Vermischung mit Orientalen hätte Rom ertragen und überwinden können, wenn ein organischer Quell gesunden und unverbrauchten arischen Rasseblutes erhalten geblieben wäre. Aber erst das erneute Einströmen der „Riesen aus dem Norden“, das im Grunde nur die letzte Welle der arischen Einwanderungen bedeutete, konnte Italien einer neuen Kulturepoche entgegenführen.

Unsere überlieferte und heute noch übliche Geschichtsschreibung steht einer anthropologischen Betrachtung der Kulturentwicklung und der Blüte und des Verfalls der Nationen verständnislos gegenüber. Sie sieht nur die Formen der Staaten, Sprachen und Ideen und deren Veränderungen. Sie hat keine Ahnung von den Vorgängen, die sich hinter diesen Dingen abspielen, von den Naturgesetzen und Naturkräften, welche die Hervorbringung einer Kultur, ihren Verfall und Untergang beherrschen. Es wäre töricht, die Wirksamkeit von ideologischen und wirtschaftlichen Faktoren in der Geschichte zu leugnen; aber um in die Geheimnisse der Entwicklung unserer Gattung einzudringen, bedarf es einer naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise, der Beziehung aller ideellen und materiellen Mächte auf die Menschen als leibhaftige Gestaltungen der lebendigen Natur.

Ich leugne nicht, daß in der Geschichte Handlungen aus Freiheit geschehen, denn ohne Freiheit des Willens wäre die Geschichte nur mechanische Bewegung und Veränderung, aber keine Entwicklung. Die Erfahrung zeigt, daß die Freiheit des Entschließens und Handelns bei den Menschen in großer Ungleichheit auftritt und mit ihren psychischen Eigenschaften und Zuständen aufs innigste zusammenhängt. In der physischen Organisation ist uns ein sichtbares und meßbares Abbild ihrer geistigen Kräfte gegeben, nach einem psychophysischen Gesetz der gesamten organischen Schöpfung. Für die Menschengeschichte ist die kulturschöpferische Kraft der körperlich verschiedenen Rassen ungleichartig und ungleichwertig, und die Gesetze des Rasselebens sind entscheidend für die Entwicklung der Ideen und Einrichtungen, für die Blüte und den Verfall der Nationen. Wie es heute keine Psychologie ohne Physiologie gibt, so kann es von nun an keine Geschichtswissenschaft ohne Biologie und Anthropologie mehr geben.4)

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1) G. Fritsch, Die Gestalt des Menschen. 1899. S. 138.
2) C. H. Stratz, Die Rassenschönheit des Weibes. 1903.
3) R. Weinberg, Die Rassen des russischen Volkes. Politisch-anthropologische Revue. III. Jahrg., S. 505.
4) In großen Zügen habe ich hier die Grundgedanken der anthropologischen Geschichtstheorie dargestellt, wie sie sich mir aus dem gegenwärtigen Stand der Forschung ergibt. Hinsichtlich der allgemein-biologischen und der speziellen Gesichtspunkte muß ich auf meine „Politische Anthropologie“ (1903) verweisen, wo auch die einschlägige Literatur angegeben ist.

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