Siebentes Kapitel

Die Architekten und Bildhauer

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er erste nachweisbare Einfluß der Germanen auf die Kunstgeschichte Italiens ging von Theoderich d. G. aus, während es eine geschichtlich merkwürdige Tatsache ist, daß Ricimer der erste Germane war, der in Italien eine arianische Kirche bauen ließ. In Theoderich offenbarte sich, wie später in den Fürsten der Langobarden, der starke Bautrieb seiner Rasse, der in den Kastellen, Palästen und Kirchen des Mittelalters und der Renaissance zur kraftvollsten Entwicklung gelangte, „Er liebte es, zu bauen und Städte wieder aufzurichten“, schreibt der Anonymus Valesianus (XII, 63). In Pavia führte er einen Palast, Bäder, ein Amphitheater und neue Stadtmauern auf, ferner Paläste in Ravenna, Verona und Spoleto. Für die Herstellung des Palastes in Rom und die Wiederaufrichtung der Stadtmauern wies er jährlich 200 Pfund Gold aus dem Ertrage der Weinsteuern an. Derselbe Anonymus schreibt: „Bei seinen Lebzeiten hatte er sich ein Denkmal aus Quadersteinen erbaut, ein Werk von wunderbarer Größe, und einen ungeheuren Block suchen lassen, um damit das Werk zu krönen.“ (XIV, 96.)

Es ist sein Grabmal in Ravenna, das zwar nach römischen Vorbildern erbaut, doch mit germanischen Gedanken erfüllt ist. Die riesige Kuppelwölbung aus einem Stein ist eine Erinnerung an nordische Hügelgräber, an „heimische Riesenleistungen“. Ferner findet man eine Verzierungsweise, die nordischen Ursprungs zu sein scheint. Schnaase rechnet dazu einen schmalen Streifen des Türgestells, dann besonders eine originelle Verzierung an dem Kranzgesimse unter der Kuppel.

Die Frage, wie weit hier nur ein ideeller Einfluß germanischer Geschmacksrichtung anzunehmen ist, oder germanische Künstler eigenhändig an den gotischen Bauten tätig gewesen sind, ist schwer zu entscheiden. Da es aber feststeht, daß die Germanen der Völkerwanderung einen eigenen Bau- und Zierstil gehabt haben, so dürften auch gotische Baumeister tätig gewesen sein. Ausdrücklich ist dies schon sehr früh von den Westgoten bezeugt, die sogar eine besondere Bauart gehabt haben müssen, da von einer „manu gotica“ die Rede ist. Unter den Ostgoten werden im Jahre 530 drei Architekten mit germanischen Namen genannt, Oelinth, Bulius und Aldo, Mönche aus Monte Cassino, die manche für sagenhaft halten, wofür nach meiner Meinung kein stichhaltiger Grund vorliegt.

Unter den Mosaikarbeitern in Ravenna werden im sechsten Jahrhundert Cuserius, Paulus, Janus und Stephanus angeführt, von welchen Namen Janus und Cuserius auf germanischen Ursprung hinweisen. Cuserius ist das ahd. Gozher, Gautser, Causarius (nhd. Kosser) und Janus scheint dem italienischen Jano, Giano, dem Kosewort von Johannes, zu entsprechen, da der römische Göttername Janus nie als Personenname gebraucht wurde.

Wie bei den Goten, so waren auch unter der Herrschaft der Langobarden die Handwerker, Künstler und Gelehrten in der ersten Zeit meist italischer Herkunft. Die Eroberung des Landes, die Aufrechterhaltung und Ausdehnung ihrer Macht, ließen ihnen selbst nur Zeit und Kraft für die altgewohnte Tätigkeit des Kriegs und Waffenspiels. Aber wenn sie auch die Kunst selbst nicht ausübten, so waren sie doch kunstliebend, erbauten Paläste, Kirchen und Klöster in großer Zahl, wie aus den Nachrichten des Paulus Diaconus hervorgeht.

Zwei deutsche Forscher, Rumohr und Mothes,1) haben durch eingehende und sorgfältige Untersuchungen sehr zahlreiche Baudenkmäler aus der langobardischen Periode Italiens, die zum Teil nur noch in Resten vorhanden sind, nachgewiesen. Die langobardischen Bauten haben eine eigenartige Verzierungsweise, die in seltsamen und phantastischen Tiergestalten besteht, und die man bis nach Mittel- und Süditalien verfolgen kann, wo die lombardischen Werkleute und Baumeister bis ins späte Mittelalter berühmt waren. Dahin gehören auch die „Magistri comacini“, Baumeister und Steinmetzen aus der Gegend von Como, die anfänglich wohl Italiener gewesen sind, nachher aber durch Langobarden verdrängt wurden. Nach Mothes kommen im Jahre 615 als solche Maximus und Leotivus und ein Ursus mit seinen Schülern Joventinus und Jovianus vor, von denen Leotivus und Ursus auf germanischen Ursprung hinweisen.

Einer der ältesten germanischen Baumeister auf italienischem Boden ist der Magister Faulo oder Faulone, der 686—690 genannt wird. Der Name Faulo (ahd. auch Favilo) scheint langobardisch zu sein, da er in den Regesten von Farfa nach Förstemann zweimal vorkommt.

Im Jahre 739 wird ein Rodpertu (= Robert) als Magister Cumacinus genannt, im Jahre 990 ein Baumeister Wilhelm aus langobardischer Familie, der mit anderen Bauleuten nach Frankreich zog (Mothes, S. 366), im Jahre 1009 ein Magister Ermanricho (ahd. Ermanrich).

Berühmt sind die Baumeister des Doms zu Pisa im Anfang des elften Jahrhunderts: Buschetto (ahd. Buso, Busco), Rainaldus (= Reinwaid) und Hildebrand, ferner Uberto, Leone und Signoretto.

Aus der großen Schar mittelalterlicher Architekten Italiens mit altdeutschem Namen führe ich (nach Mothes) folgende an: Alfanus aus Termoli (1062), Raymundus Lombardus (1175), Nicolaus, Wilhelm und Brioloto in Verona (1122), Alemann oder Altmann in Trient (1124), Guglielmo, Leopardus in Ancona (1148), Biduinus (1180), Albertino von Taneto, Guido da Como (1250), Giroldo aus Lugano (1226), Marchione (1206), Arrigo von Campione (1287), Guglielmo d’Agnello (1240), aus späterer Zeit: Giacomo Lanfrani in Imola (1343), Ilario Ugoleti und Ilario Loschi in Parma, Undetualdo (= Uno-det-waldo), der Erbauer des Doms von Cesena (1350).

In Rom finden wir um dieselbe Zeit folgende Namen: Johannes und Guido von Corneto, die in langobardischem Stil arbeiteten, Magister Wilhelm (1124), Petrus Oderisius (1101), eine ganze Baumeisterfamilie Guido (1121), Antonio di Rabotto (1183), Gualterius (1210), Vasalellus (1234).

Was die Langobarden für Nord- und Mittelitalien, das bedeuteten die Normannen, mit denen auch Franken und Provençalen gekommen waren, für Süditalien und namentlich für Sizilien. Hier blühte schnell ein neuer, von der alten Heimat mitgebrachter Stil auf, der durch arabische und langobardische Einflüsse mannigfach abgeändert wurde. Daß in der Normandie schon sehr früh die Baukunst von Germanen ausgeübt wurde, beweist der Abt Ildebert, der schon im Jahre 552 als Baumeister genannt wird. Unter den süditalisch-normannischen Baumeistern zeichneten sich aus: Mainhard aus Ariano, Oderisius aus Rom, Magister Savolus (1197, Savolo ist wohl gotisch), Raymundus de Podio, Magister Leonardus aus Atri, Magister Petrus Cataldus Fusco in Ravello, Robert von Calabrien, Wilhelm de Gifono (1326), Landulf (1350).

Die beiden bedeutendsten Familien, die für die Entwicklung der Baukunst in Sizilien von der größten Wichtigkeit waren, sind deutschen Ursprungs gewesen: Die Chiaramonti (ahd. Clarmunt?), deren Vorfahren Vereland und Hugo von Karl dem Großen abstammten und mit Roger 1061 nach Sizilien kamen, und die Sclafani, die mit jenen in Kunstliebe und Aufwand für Kunst wetteiferten. (Mothes, S. 583—585.)

Wie für die Poesie, so bedeutete die schwäbisch-hohenstaufische Herrschaft auch für die Baukunst eine Periode der Blüte, deren schönstes Beispiel die Bauten in Bari und Bitonto sind. „Unter der Herrschaft der Normannen und Schwaben waren alle diese glänzenden Werke (in Süditalien) entstanden; aus späterer Zeit ist kaum ein einziges zu nennen. Der Glanz der apulischen Kunst erlosch mit dem Sturze der Staufen.“2)

Während die altrömische Baukunst in den christlichen Kirchen ein ununterbrochenes Dasein, wenn auch in umgewandelten Formen, aufzuweisen hat, war die Bildhauerkunst und der Erzguß im achten Jahrhundert fast vollständig untergegangen. Roh und steif ist das Relief an der Kathedrale von Monza aus dem Ende des sechsten Jahrhunderts, ebenso unerfreulich sind die Figuren in Cividale aus der Zeit des Herzogs Pemmo. Es ist schwer zu entscheiden, ob man es hier mit den letzten absterbenden Fähigkeiten einheimischer Künstler oder mit den ersten knabenhaften und ungeschickten Versuchen der eingewanderten Fremdlinge zu tun hat. Nur die Goldschmiedekunst blieb in diesen Zeiten des Verfalls erhalten. Es dürfte dies dem Umstande zuzuschreiben sein, daß die Germanen selbst Goldschmiede mit ins Land brachten. Diese Kunst war schon früh bei ihnen entwickelt, wie aus einer Nachricht im „Leben des Heiligen Severinus“ aus dem fünften Jahrhundert hervorgeht, daß die Königin der Rugier in Noricum einige Barbaren — Goldarbeiter — in strengem Gewahrsam hielt, damit sie ihr einen königlichen Schmuck anfertigten. Um 600 wird ein Goldschmied Abbo (wohl ein Franke) in Limoges erwähnt. In Italien finden wir in einer Urkunde von 769 einen langobardischen Goldschmied in Monza, im Jahre 820 einen anderen namens Martinus, Sohn des verstorbenen Edlen Andreas, 867 einen Goldschmied Leo deutschen Ursprungs, 850 einen Münzer namens Theodorus, Sohn des verstorbenen Edlen Richepert3). Im neunten Jahrhundert verfertigte Wolvinus, der auch als Deutscher angesehen wird, den Hochaltar in Sant’ Ambrogio in Mailand.

Von älteren Bildhauern sind zu nennen: Wiligelm, der im zwölften Jahrhundert die Skulpturen an der Fassade der Kathedrale von Modena verfertigte, ferner Nicolaus und Wiligelmus, die 1131 die Reliefs an der Fassade von San Zeno Maggiore in Verona herstellten; Rogerius (= Roger) von Amalfi, Oderisius Berardus aus Benevent sind aus dem Anfang des zwölften Jahrhunderts als Erzgießer bekannt; ferner Girardo aus Piacenza (1180), Anselm in Mailand (1167), der Glockengießer Guidotto in Parma (1287), Barisanus aus Trani (1173)4), Giacomo del Vasto Aimone (1160), Robert und Roger aus Teramo (1160), Tankred da Pentorna (1272), Guido Bigarelli aus Como (1246), Belenato und Aldibrando (1233).

Den Höhepunkt mittelalterlicher Bildhauerkunst bildet die Schule von Pisa im dreizehnten Jahrhundert: Niccolò Pisano und sein Mitarbeiter Guiglielmo, ferner Andrea Pisano, der Sohn des Ugolino Nino. Ugolino kommt von Hugo, Ugolo; Nino ist wohl eine Abkürzung von Giovannino.

Arnolfo di Cambio und Arnolfo di Lapo waren die Begründer der toscanischen Bildhauerkunst; ahd. Arnolfo = Arnulf; ahd. Cambio oder Camfio = Camp, Gamb, Kampff; ahd. Lapo oder Laiffo, Laffo = Lapp, Lappe.

Die epochemachende Entfaltung der Architektur und Bildhauerkunst in der Früh-Renaissance ist mit den berühmten Namen vier großer Florentiner Künstler verbunden: Ghiberti, Brunellesco, Donatello und Alberti.

Lorenzo Ghiberti (1378—1455). — Der Name der Ghiberti, die zuerst 1260 unter den guelfischen Familien in Florenz erwähnt werden, leitet sich vom ahd. Wiberto, Guiberto, nhd. Wilbert. Wie Vasari im Leben des Lorenzo Ghiberti berichtet, brachte er sein Bildnis an der Bronzetür des Baptisteriums in Florenz an. Er selbst gibt in seinem Werk ein Profilbildnis, das offenbar nach diesem Bronzekopf gezeichnet ist. An einem Gipsabguß habe ich die anthropologischen Merkmale dieses Kopfes genauer studieren können. Danach ist der Schädel sehr lang und schmal, mit einem Index von etwa 73, also ausgesprochen dolichocephal. Auch das Gesicht ist lang und schmal, die Nase leicht gebogen, das Haar gelockt. Obgleich über die Farbe der Haare und Augen nichts berichtet ist, können wir auf Grund des Familiennamens und der Kopf- und Gesichtsbildung mit großer Gewißheit annehmen, daß er ein Abkömmling der Germanen gewesen ist.

Philippo Brunelleschi (1379—1446) erhielt seinen Namen von seiner Großmutter, die dem altadeligen Hause der Brunelleschi angehörte. (Bruno, Brunilo, Brunello, nhd. Brünell.) Die väterliche Familie hieß Lapi (= Lappe), die nach Vasari manchmal auch Aldobrandini (= Aldrobrand) genannt wird. Nach Vasari war er hager von Gestalt und wenig einnehmenden Zügen. In der Opera del Duomo sieht man seine Totenmaske, nach welcher sein Schüler Andrea die lebenswahre Halbfigur des Künstlers im Dome verfertigte. Danach war sein Schädel lang, das Gesicht hager, die Nase lang, etwas gebogen und hängend, von nicht besonders edler Form. Paolo Ucello malte sein Bild auf der berühmten Tafel im Louvre, aber diese Bildnisse sind so vielfach übermalt und restauriert worden, daß namentlich dasjenige des Brunellesco kaum die ursprünglichen Farben erkennen läßt. Eine alte Kopie dieses Porträts befindet sich im Passaggio der Uffizien. Die Augen haben auf diesem Bilde eine unbestimmt graue Farbe, die höchstwahrscheinlich ursprünglich blau gewesen ist.

Donatello Bardi (1386—1466). — Die Bardi (nhd. = Barth) führen ihren Stammbaum auf einen Bardo von Rubalta zurück, der im Jahre 1040 genannt wird. In den älteren Generationen der Familie kommen ausschließlich deutsche Namen vor, wie Bardo, Berardo, Berlinghiero, so daß ihre germanische Herkunft höchst wahrscheinlich ist, worauf auch das hohe Alter dieser adeligen Familie hinweist. Über das körperliche Aussehen des Künstlers wird nichts berichtet, Das einzige ikonographische Zeugnis ist sein Bildnis auf der Tafel des Paolo Ucello. Da diese aber im Laufe der Zeit sehr gelitten hat, muß einer alten Kopie dieses Bildnisses im Passaggio der Uffizien größerer Wert beigelegt werden. Hier zeigt er die Züge der germanischen Rasse, langes Gesicht und edelgeformte, schmale, leicht gebogene Nase. Der Teint ist weiß, das Haar bedeckt und nicht zu sehen, der Bart ergraut-weiß, doch läßt er noch die ursprünglich blonde Farbe erkennen. Die Farbe der Augen ist schwer zu bestimmen, wohl dunkelgrau mit einem Stich ins Braune.

Luca della Robbia (1399—1482). — Die Della Robbia bildeten eine zahlreiche Bildhauerfamilie, die mehrere Generationen hindurch hervorragende Künstler hervorbrachte. Der älteste ist Simone di Marco, der 1343 geboren wurde. Die berühmtesten sind Luca, Andrea und Girolamo. Von Luca gibt Vasari in seinen Lebensbeschreibungen ein Profilbildnis, das wohl nach dem von ihm erwähnten, verloren gegangenen Selbstporträt gezeichnet ist und das er auch im Palazzo vecchio anbrachte, wo er Cosimo und die Künstler seiner Zeit darstellte. Danach muß Luca von hoher Gestalt gewesen sein, die Nase war groß, schmal und aquilin, das Kinn vorspringend, ein anthropologischer Typus, wie wir ihn bei den anderen Gliedern der Familie wieder finden. Andrea del Sarto hat die Bildnisse von Andrea della Robbia und seinen Söhnen Girolamo und Luca auf den Fresken im Kreuzgang von S. Annunziata in Florenz angebracht. Hier erscheinen sie als hohe Gestalten mit dem charakteristischen Profil der germanischen Rasse und rosig-hellem Teint, Andrea als Greis, Luca mit lang herabwallendem blonden Haar und einem „Schillerprofil“, Girolamo ebenfalls mit blonden Haaren.

Michelozzo Michelozzi (1396—1476). — Wie Vasari mitteilt, malte Fra Angelico das Bildnis des Michelozzo in einer Kreuzabnahme, die sich früher in der Sakristei von S. Trinità befand und jetzt in der Academia delle belle arti in Florenz ist, und zwar „in der Gestalt eines alten Nicodemus mit einer schwarzen Kapuze, der Christus vom Kreuze herabläßt“. — Offenbar bestand zu Vasaris Zeit die Tradition, daß Nicodemus den Michelozzo darstelle, aber welche Figur auf diesem Bilde der Heilige Nicodemus sein soll, ist von Vasari wohl falsch gedeutet worden. Es ist nicht die Person mit der schwarzen Kapuze, sondern mit dem roten Barett. Alle biblischen Gestalten, Johannes, Josef von Arimathia, Marie, Magdalene usw., haben einen Heiligenschein. Da der Heilige Nicodemus auch einen solchen haben muß, kann er nur die Figur mit dem roten Barett sein. Danach hatte Michelozzo einen Bart von mittelblonder Farbe, der damals weiß zu werden begann. Die Haare, die ein wenig unter dem Barett hervorkommen, sind rötlich-blond. Die Farbe der Augen ist nicht zu erkennen, da der Blick gesenkt und das Auge durch das obere Lid verdeckt ist.

Leon Battista Alberti (1405—1472). — Die Vorfahren der Alberti waren Feudalherren, Besitzer der Kastelle von Catenaia, Talla und Montegiovi und stammen sehr wahrscheinlich von dem Grafen Goffredo (= Gottfried), dem Sohn eines Hildebrand, der nach salischem Gesetz lebte und dem Otto I. im Jahre 967 große Landgüter übergab. Die Alberti sind demnach fränkischer Herkunft; den Familiennamen führen sie nach einem ihrer Vorfahren Alberto (= Albert), der in einem Dokument aus dem Jahre 1252 genannt wird.5) Das Profilbildnis des Künstlers zeigt die berühmte Alberti-Medaille, mit leicht gebogener Nase und hervortretenden Augenwülsten. Als Vasari sein Werk schrieb, sah er ein Selbstbildnis Albertis im Palazzo di Palla Rucellai. Er selbst gibt ein Bildnis, das mit demjenigen identisch ist, das sich im Passaggio der Uffizien befindet, wohl eine Kopie jenes Originals darstellt und mit dem Profilbildnis der Medaille übereinstimmende Gesichtszüge aufweist. Danach hatte er dunkelbraunes kurzlockiges Haar, blaue Augen, hellen Teint und eine ebenmäßig gebaute, schmale und leicht aquiline Nase.

Andrea Verrochio (1435—1488) wurde so benannt nach seinem Lehrer, dem Goldschmied Giulio de’ Verrochii (ahd. Waracco, Waracchio, Wericho), und hieß eigentlich Andrea de’ Cioni, was wohl eine Abkürzung von Uguccione ist. Das einzige, was wir über sein körperliches Aussehen wissen, entnehmen wir seinem Bildnis in den Uffizien, das von der Hand seines Schülers Lorenzo di Credi herrührt. Verrochio hatte schwarzes, leicht gelocktes Haar, grau-bräunliche Augen, eine hohe Stirn, leicht gebogene, aber etwas breite Nase und ein fettwangiges Gesicht. Von Gestalt scheint er mittelgroß, vielleicht unter mittelgroß gewesen zu sein: ein Mischling, der stark zur alpinen Rasse neigt. Germanisches Blut dürfte er kaum in seinen Adern gehabt haben.

Donato Bramante (1444—1514). — Sein Vater Angelo Bramante stammte aus Urbino. Sein Name ist, wie auch Bramieri, schwerlich vom italienischen bramare (ahd. breman) herzuleiten, vielmehr von dem ahd. Bramo (= Brahm, Brehm), und in eine Reihe mit ähnlichen Namen, wie Weilant, Milante, Timante, Durante, zu setzen. Seine Mutter war eine Tochter des Pascuccio Lombardelli in Monte Astrualdo, wo Donato geboren wurde, weshalb er auch Bramante Astrualdensis genannt wird. Monte Astrualdo lautet auf deutsch „Osterwalds-Berg“ (ahd. Austrowaldo = Astrualdo). Auch heißt es, daß Bramante mit Raffael Santi verwandt gewesen sei.6) Bramante wurde in St. Peter in Rom begraben, wo an seinem Grabmal sein Porträt in einfachen Umrissen angebracht war; doch findet sich heute keine Spur mehr davon. Eine ungefähre Vorstellung von seinem Aussehen können wir aus dem Profilbildnis der Medaille des Caradossa und aus den beiden Bildnissen gewinnen, die Raffael in den Stanzen des Vatikans dargestellt hat. Indes haben diese Köpfe eine für unsere Zwecke sehr unglückliche Haltung; überdies sind sie sehr übermalt, so daß die Farbe der Augen nicht mehr zu erkennen ist, während das Haar weiß-ergraut ist. Das einzige, was sich mit einiger Sicherheit sagen läßt, ist, daß er von großer Gestalt war, eine gerade Nase, vorspringendes Kinn und rosige Gesichtsfarbe hatte.

Andrea Sansovino (1460—1529), eigentlich Andrea Contucci (ahd. Gundo, Gonto?), war nach der Beschreibung Vasaris von etwas kleiner Statur, aber sonst sehr schön und kräftig gestaltet. Seine Haare waren schlicht und weich, die Augen hell glänzend, die Nase adlerförmig, der Teint weiß und rot. Vasari nennt seine Augen „occhi bianchi“, wie man von „arme bianche“ spricht. Es ist damit jene sehr hellblaue Augenfarbe gemeint, die man im Deutschen als „wasserblau“ zu bezeichnen pflegt.

Michelangelo Buonarotti (1475—1564) gehörte einer Familie an, deren Stammvater Bernardo (= Bernhard) um 1210 in Florenz lebte. Er hatte zwei Söhne, Berlinghieri und Buonarrota, von denen der erstere ebenfalls einen Buonarrota zum Sohn hatte. Nach diesem Namen, der auch in späteren Generationen noch häufig vorkommt, wurde die Familie später benannt. Der Name ist ein germanischer, aus Bono (= Bohn, Bonne) und Hrodo, Roto (= Rohde, Rothe) zusammengesetzt. Bona und Rotto werden als langobardische Namen angeführt, und Buonarotti ist vielleicht das altlangobardische Beonrad und entspricht dem nhd. Bonroth. Analoge Namen sind z. B. Mackrodt, Osterroth, Leonrod.

Nach Condivi sollen die Buonarroti aus der Familie der Grafen von Canossa stammen, einem edlen langobardischen Geschlecht im Gebiet von Reggio, das mit Kaiser Heinrich II. verwandt war. Tatsache ist, daß die Grafen von Canossa den Künstler immer als Verwandten betrachtet haben.

Über das körperliche Aussehen Michelangelos haben wir genaue Beschreibungen von Vasari und Condivi, die im wesentlichen übereinstimmen. A. Condivi schreibt in seinem „Leben des Michelangelo Buonarroti“: Michelangelo ist von guter Leibesbeschaffenheit, der Körper eher sehnig und knochig als fleischig und fett, vor allem gesund, sowohl von Natur als durch körperliche Übungen und durch seine Enthaltsamkeit, obwohl er als Kind kränklich und Zufällen unterworfen war. Er ist im Gesicht immer gut gefärbt gewesen, von mäßiger Leibesgröße, breit in den Schultern, im übrigen Körper eher schwach als stark. Die Schläfenteile des Kopfes ragen stark hervor, mehr als die Ohren. Die Nase ist ein wenig gequetscht, nicht von Natur, sondern weil ein gewisser Torrigiani in seiner Jugend ihm mit einem Faustschlag den Knorpel der Nase einschlug, so daß er wie tot nach Hause getragen wurde. Die Stirn ragt im Profil weiter vor als die Nase, die Augenbrauen haben wenig Haare; die Augen könnte man eher klein als groß nennen, von Hornfarbe, aber veränderlich mit gelblichen und blauen Flecken. Haare und Bart sind schwarz.

Diese Nachrichten werden durch die Porträte bestätigt. In erster Linie kommt hier das Bildnis von Bugiardini in Betracht, das im Museo Buonarroti sich befindet. Hier ist auch das gefleckte Aussehen der Iris zu erkennen, namentlich auf dem rechten Auge, während das linke fast ganz blau zu nennen ist. Das seitliche Vorspringen des Schädels über den Ohren ist durch ein abnormes Knochenwachstum zu erklären. Michelangelo scheint Rachitis und einen Wasserkopf (Hydrocephalus) gehabt zu haben, womit auch die Zufälle seiner Jugendkrankheit zusammenhängen. Aus der Bemerkung, daß sein Gesicht immer gut gefärbt gewesen, muß man schließen, daß die Wangen ein frisches Rot besessen haben. Auf den Bildnissen in den Uffizien und im Konservatorenpalast in Rom ist dies nicht zu erkennen, da diese Bilder ungemein dunkel geworden sind. Aber es gibt im Museo, civico zu Pavia ein Fresko-Bildnis von unbekannter Hand, auf dem diese frische Röte seines Gesichtes deutlich zu erkennen ist.

Prüft man die körperlichen Merkmale Michelangelos von anthropologischen Gesichtspunkten, so muß man sagen, daß er, obgleich einer ursprünglich germanischen Familie angehörend, ein Mischling zwischen der nordischen und brünetten Rasse gewesen ist.

Jacopo Sansovino (1477—1570) hieß mit seinem wahren Namen Tatti, der als langobardischer Königsname häufig vorkommt. Vasari beschreibt ihn als einen Mann von gewöhnlicher Statur, der sich sehr gerade hielt, dessen Hautfarbe weiß und dessen Bart rötlich war. Mir sind zwei Bildnisse von ihm bekannt, beide von der hand Tintorettos, das eine in Florenz, das andere in Weimar, die außerdem blaue Augen und germanische Gesichtsbildung erkennen lassen.

Baldassare Peruzzi (1481—1536) wurde von Raffael in den Stanzen des Vatikans auf dem Fresko von der Vertreibung des Helidor dargestellt. Er ist eine hohe Gestalt, wie der neben ihm stehende A. Raimundi, mit länglichem Gesicht, schmaler Nase, braun-blonden Haaren und hellerem spärlichen Bart. Die Farbe der Augen ist wegen der großen Distanz nicht zu erkennen.

Antonio da Sangallo (1485—1546). — Die Künstlerfamilie Sangallo, nach der Porta Sangallo in Florenz benannt, hießen eigentlich Giamberti, ein Name, der aus Giano (= Giovanni) und Berto zusammengesetzt ist und in der Form Janibert im ahd. vorkommt. Antonio hatte blaue Augen und dunkles Haar, wie aus seinem Porträt in der Brera hervorgeht. Im Museum im Haag befindet sich ein Profilbildnis von Francesco mit blauen Augen und ergrauten Haaren. Das Porträt des Giuliano, von der Hand des Piero di Cosimo, ist neuerdings in demselben Museum gefunden worden. Es zeigt ein bartloses Gesicht mit schönen und regelmäßigen Zügen, graublauen Augen und hellblondem Haar, das in Locken auf die Schultern fällt.7)

Baccio Bandinelli (1487—1559) entstammte der Familie der Viviani, legte sich aber den Namen Bandinelli (ahd. Bando, Bandino) bei, weil er glaubte, aus dem Geschlecht der Bandinelli in Siena zu stammen. Von ihm gibt es mehrere Porträts, darunter zwei in den Uffizien, die erkennen lassen, daß er blaue Augen, einen hellblonden Bart, dunkelblond-rötliche Haare und germanische Gesichtszüge hatte.

Benvenuto Cellini (1500—1571). — Vasari hat sein Bildnis im Palazzio vecchio in jenem Gemälde angebracht, das Cosimo I. im Kreise der Künstler seiner Zeit darstellt. Es ist der Kopf, der zwischen Cosimo und dem zu seiner Linken sitzenden Tribolo sich befindet.8) Das Haupthaar ist braun und leicht gelockt, der Bart blond mit einer Neigung ins Rötliche. Nach der Photographie zu urteilen, ist die Farbe der Augen hell, vermutlich blau, da nur blaue Augen einen derartig hellen Reflex in der Photographie hervorzurufen pflegen.

Bartolomeo Ammanati (1511—1592) wurde von A. Allori in einem Altarbild in S. Giovannino degli Scolopi als St. Bartolomäus dargestellt. Er ist ein stattlicher hoher Greis.9) Leider ist das Bild sehr verdunkelt, und außerdem sind die Augenlider gesenkt, so daß das Bildnis nicht genügt, um den Typus genau festzustellen. Ammanadi = ahd. Amman-had.

Andrea Palladio (1518—1580) hatte, nach seinem Bildnis im Museo civico zu Vicenza, die Gesichtszüge der nordischen Rasse und blaue Augen. Eine Notiz, die aber erst dreißig Jahre nach seinem Tode auftritt, besagt, daß er klein von Gestalt gewesen sei. Magrini hält diese Nachricht indes für wenig verbürgt.10)

Pellegrino Tibaldi (1532—1598) hatte, wie sein Bildnis in den Uffizien zeigt, germanische Gesichtszüge, dunkelblonde Haare, blonden Bart und blaue Augen. Tibaldi = Theobald, Thiebald.

Gianlorenzo Bernini (1599—1680) hatte schwarze Haare, braune Augen und dunklen Teint, aber seine hohe Gestalt und seine Gesichtszüge verraten ihn als Mischling der nordischen und brünetten Rasse. (Bernini, ahd. Berno, Bernin.)

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1) E. F. von Rumohr, Italienische Forschungen. 1827—1831. — O. Mothes, Die Baukunst des Mittelalters in Italien. 1884.
2) Aus dem klassischen Süden. 1896. S. 20.
3) H. Leo, Entwicklung der Verfassung der lombardischen Städte. 1824. S. 32 ff.
4) Von Barisanus rühren die berühmten Türflügel an den Kathedralen von Trani und Ravello her. Barisanus halte ich für einen germanischen Namen, analog Trabesan, Gomessanus und Morisani.
5) L Passerini, Gli Alberti di Firenze. Genealogio, storia e documenti. 1809.
6) L. Pungileone, Memorie intomo allo vita ed alle opere di Donato Bramante. 1836. S. 53.
7) G. Clausse, Les San Gollo. 1900. S. 287.
8) Vita di B. Cellini. Herausgegeben von O. Bacci. Vorwort S. 87.
9) G. Patti, Guida di Firenze. 9. Aufl. S. 80.
10) A. Magrini, Vita di Palladio. 1845. S. 336.

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