Ergebnisse und Betrachtungen

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D

ie anthropologische Geschichte Italiens seit Untergang des römischen Reichs und der Einwanderung der Germanen enthüllt einen tief eingreifenden Rassenwechsel im Organismus des italischen Volkes; sie eröffnet uns zugleich einen Einblick in die einheitliche ununterbrochene geistige Entwicklung der germanischen Rasse in Italien von ihren ersten kulturellen Regungen bis zu jenen herrlichen Schöpfungen der Kunst und Wissenschaft, die von den genialen Abkömmlingen der kriegerischen „Barbaren“ hervorgebracht wurden.

Als Roms Schicksal sich vollendet hatte, waren die Vertreter der blonden und großgewachsenen Rasse in Italien ausgestorben; wohl mögen einige Elemente sich erhalten haben oder hin und wieder Rückschläge aufgetreten sein, aber diese haben im späteren Leben der italischen Nation kaum eine bedeutsame Rolle gespielt. Daher sind wir zu dem Schluß berechtigt, daß die großgewachsenen und blonden Menschen, die wir in der Kulturgeschichte Italiens auftreten sehen, Nachkömmlinge der eingewanderten Germanen sind. Dieser Schluß wird bekräftigt durch die allgemeine historische Forschung, die eine anthropologische Kontinuität zwischen der Einwanderung der Germanen und der nachfolgenden geistigen Entwicklung Italiens feststellt; durch die zahlreichen altdeutschen Familiennamen, die auf germanische Herkunft um so sicherer hinweisen, je früher sie auftreten; und schließlich durch die genealogischen Forschungen, welche die Abstammung der bedeutendsten Familien von Langobarden, Franken, Normannen, direkt nachweisen oder in anderen Fällen sehr wahrscheinlich machen.

Auf Grund dieser Gesichtspunkte wurde die anthropologische Genealogie, d. h. der körperliche Typus und die Abstammung der 200 bedeutendsten Italiener möglichst genau und vollständig untersucht. Bei den meisten gelang es, die wichtigsten anthropologischen Merkmale ganz oder fast ganz festzustellen, bei anderen wenigstens so weit zu erforschen, daß ihre Rassenzugehörigkeit, namentlich unterstützt durch genealogische Gesichtspunkte, mit einiger Sicherheit bestimmt werden konnte. Nur bei einer geringen Zahl fehlt das Untersuchungsmaterial gänzlich oder war es bisher nicht zugänglich.

Der physische Typus wurde nach Körpergröße, Kopfbildung, Farbe von Haut, Augen und Haar untersucht. Ein zahlenmäßiger Vergleich in bezug auf die Körpergröße kann nur schätzungsweise angegeben werden. Die überwiegende Mehrzahl ist groß und mittelgroß, nur eine geringe Zahl von kleiner Statur. Die große Gestalt verrät bei den dunkelpigmentierten, hochgewachsenen Menschen eine Mischung mit der nordischen Rasse; oft deutet hellere Haut, braunes oder in der Jugend helleres Haar auf diese Mischung hin. Die meisten dieser Individuen müssen als germanische Mischlinge aufgefaßt werden, wenn es auch im Einzelfall nicht immer unzweifelhaft bewiesen werden kann.

Was die Kopfbildung betrifft, so ist eine Statistik der Schädelindices ohne diagnostischen Wert, da wir es in Italien mit zwei dolichocephalen Rassen zu tun haben, abgesehen davon, daß die Aufstellung einer solchen Statistik wegen mangelnden Untersuchungsmaterials nie möglich sein würde. Im einzelnen Falle hat es natürlich einen sehr großen Wert, die Kopfform festzustellen. So ist uns bekannt, daß Ghiberti, Dante, Raffael einen dolichocephalen Schädel hatten. Bei anderen, wie bei Tizian und Leonardo, konnte aus dem Vergleich der Profil- und Frontal-Bildnisse festgestellt werden, daß ihr Schädel lang und schmal gewesen ist. Nur bei zweien, Verrocchio und Perugino, fanden wir einen breiten Kopf und eine dem alpinen Typus sich nähernde Gesichtsbildung, während die überwiegende Mehrzahl eine der nordisch-germanischen Rasse angehörende Physiognomie aufweist.

Nur von sehr wenigen wird berichtet, daß ihre Hautfarbe bräunlich gewesen sei. Fast alle haben eine weiße oder rosig-weiße Haut und zeigen dadurch ihre Zugehörigkeit zur weißen Rasse an, d. h. sie sind Glieder der nordischen Rasse oder Mischlinge, welche die helle Haut von ihr ererbt haben.

Von 125 Individuen, deren Augenfarbe bekannt ist, haben 102 blaue, blaugraue oder blaugrüne Augen und 18 braune oder braungraue Augen; 5 haben ausgesprochene Mischaugen. Doch glaube ich, daß die Zahl der blauen Augen viel größer ist, da blonde Gestalten, wie Peri, Gioberti, Cardanus, Cimabue, Giotto, Dante, ferner Spallanzani, Beccaria, Monti, Balbo, Scarpa usw. höchstwahrscheinlich blaue Augen gehabt haben.

Hinsichtlich der Haarfarbe wurde festgestellt, daß 14 Personen schwarze, 26 Personen braune und 68 Personen blonde Haare haben. Dazu kommen noch einige Abstufungen der Haarfarbe, die in diese Kategorien nicht eingeordnet werden können. Es handelt sich um Individuen, die ich als halbbraune und halbblonde bezeichnen möchte, die z. B. schwarzes Haupthaar und braunen Bart, dunkles Haar und blonden Bart haben oder von denen berichtet wird, daß ihr Haar in der Jugend blond gewesen ist, aber im Alter dunkel wurde.

In bezug auf die Rassenabstammung sind die zweihundert Genies, die hier in Betracht kommen, in mehrere Gruppen zu gliedern.

1. Eine Anzahl von Genies, über deren Typus wir nichts oder zu wenig wissen, um ihre Rassenabstammung mit einiger Sicherheit feststellen zu können, ist von vorneherein aus der Gesamtzahl auszuscheiden. Hier gehören Marco Polo, Orcagna, Fra Bartolommeo, Filelfo, Pulci, Cabotto, J. B. Guarini und andere.

2. Der physische Typus der Genies des frühen Mittelalters ist nicht bekannt. Doch können Männer, wie Paul Warnefrit, Luitprand, Lanfranc, Auselmus und andere, deren langobardischer Ursprung berichtet wird, unbedenklich der germanischen Rasse zugeschrieben werden. Auch dürfen wir, von den Ergebnissen dieser Untersuchungen zurückblickend, die frühesten Dichter, wie Sordello, Guido Guinicelli, Sperone, den Musiker Guido von Arezzo, ferner bildende Künstler, wie Buschettus, Rainaldus, Hildebrand, Niccolà Pisano, Arnolfo di Cambio usw., mit großer Wahrscheinlichkeit als langobardische Abkömmlinge betrachten.

3. Von den übrigen 150 Genies sind etwa 130 ganz oder vorwiegend der germanischen Rasse zuzuschreiben. Die übergroße Mehrzahl unter ihnen hat alle Merkmale dieser Rasse unvermischt oder nahezu unvermischt. Die übrigen sind ihr nahestehende Mischlinge, bei denen eine leichte Verdunkelung des Pigments eingetreten ist. Diese sind in genealogisch-historischer Hinsicht zweifellos als Abkömmlinge der Germanen anzusehen, da die Grundorganisation ihres Typus sich erhalten hat und sie ohne die Einwanderung der Germanen in Italien überhaupt nicht existieren würden. Auch wenn keine echten blonden Haare mehr ihr Haupt zieren, werden sie in Italien selbst zum „tipo biondo“ gerechnet, da der Italiener mit feinem Instinkt ihre wesentliche Verschiedenheit von den brünetten Rassen und ihre Gleichheit mit der blonden Rasse herausfühlt.

4. Etwa 20 Genies stellen ausgesprochene Mischlinge dar, von denen die einen mehr der nordischen, die anderen mehr der alpinen oder mediterranen Rasse nahestehen. Von einigen der ersteren bleibt es zweifelhaft, ob wir in ihnen germanische oder altitalische Mischlinge zu sehen haben. Dazu gehören z. B. Campanella, Ariosto, Bernini, Spontini. Ihre hohe Gestalt spricht aus schon erörterten Gründen für germanische Mischung, die bei Ariosto noch dadurch bekräftigt wird, daß er aus einer ursprünglich germanischen Familie stammt. Schwierig ist es, bei Michelangelo festzustellen, ob er ein altitalischer oder germanischer Mischling ist. Für letzteres spricht die langobardische Herkunft seiner Familie. Aber aus der Familienangehörigkeit allein kann über die Rassenabstammung nichts unbedingt Sicheres erschlossen werden. Entscheidendes ließe sich nur dann aussagen, wenn wir über den physischen Typus seiner Eltern unterrichtet wären. Leider ist das nicht der Fall. Ebenso zweifelhaft ist der germanische Bluteinschlag bei Perugino, Palestrina, Franciscus.

Ich unterlasse es vorläufig, genaue Prozentualzahlen über die einzelnen anthropologischen Merkmale anzugeben, da die Untersuchung nicht abgeschlossen ist und die Zahlen im einzelnen sich noch verschieben können. Soviel läßt sich aber schon auf Grund der vorliegenden Untersuchungen sagen, daß mindestens 85—90 Prozent der italienischen Genies ganz oder vorwiegend der germanischen Rasse zugeschrieben werden müssen.

Äußerst gering ist die Beteiligung des mediterranen Elements an der Produktion genialer Begabung, obgleich es den Grundstock der italienischen Bevölkerung bildet. Diese Tatsache ist für die Rassetheorie von nicht geringer Bedeutung, da sie die Frage herausfordert, ob die brünetten Rassen in unvermischtem Zustande überhaupt große geistige Genies, monumentale Geister, hervorbringen können. Immer mehr wird es wahrscheinlich, daß in den Kulturen, die man bisher für eigene Leistungen der Brünetten hielt, wie in Ägypten und Babylonien, die blonden Elemente eine große Rolle gespielt haben, die in prähistorischer oder fruhgeschichtlicher Zeit mit den Brünetten sich vermischten, aber heute fast gänzlich ausgestorben sind. Doch wäre es unwissenschaftlich, die Möglichkeit zu leugnen, daß auch den Brünetten ein großer Wurf gelingt, obgleich die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, daß die spezifische Beimischung der nordischen Rasse ihnen erst die höchste Kraft des Genies verleiht.

Damit ist auch die oft geäußerte Hypothese erschüttert, daß die Rassenmischung als solche einen besonders günstigen organischen Boden für die Entstehung des Genies schaffe. Die überwiegende Mehrzahl der monumentalen Genies Italiens gehörte der germanischen Rasse an, wie Giotto, Dante, Petrarca, Leonardo, Botticelli, Tizian, Raffael, Tasso, Galilei, Morgagni, Bruno, Columbus. Mischlinge sind Ariosto, Michelangelo, Franciscus, Palestrina. Wenn die Rassenmischung selbst der günstigste Boden für Genieproduktion wäre, müßte die Anzahl der Mischlinge bedeutend größer sein, während das Umgekehrte tatsächlich der Fall ist. Diese Auffassung wird dadurch bekräftigt, daß auch bei anderen Volkern zahlreiche rein germanische Genies gefunden werden, und ferner durch die allgemeine historische Erfahrung, daß mit der Abnahme der blonden Rasse, sei es in reinen oder Mischlingsexemplaren, der organische Quell der Genieproduktion versiegt. Daß nur die spezifische Beimischung der nordischen Rasse und nicht die Rassenmischung als solche die brünetten Stamme mit der Kraft des Genies befruchtet, beweist auch die immer wiederholte Klage der Forschungsreisenden, daß die mediterranen Stämme Nordafrikas durch Mischung mit den Negern moralisch und geistig verschlechtert werden.

Einen weiteren Beweis findet die Lehre von der Überlegenheit der germanischen Rasse in einer statistischen Untersuchung über die regionäre Herkunft der Genies. Schon bei dem Studium der örtlichen Herkunft der Talente fällt es auf, wie ungemein gering die Zahl der Talente ist, die aus Süditalien und dem römischen Gebiet stammen. Eine systematische Zusammenstellung der örtlichen Herkunft der zweihundert Talente mit den Ergebnissen der anthropologischen Forschung der einzelnen Dipartimenti Italiens — man vergleiche die beistehende Tabelle — läßt mit großer Deutlichkeit erkennen, daß ein fast durchgängiger Parallelismus zwischen der Häufigkeit der germanischen Rassenmerkmale und der Produktion von Talenten besteht. Das kann kein bloßer Zufall sein, sondern ist der Ausdruck eines ursächlichen Verhältnisses zwischen Rasse und Genie, das schon durch die Ergebnisse der anderen Untersuchungsmethoden aufgedeckt wurde.

Besonders auffallend ist der ungemein große Abstand in der Produktion von Talenten zwischen Nord- und Süditalien. Aber auch bei den einzelnen Dipartimenti besteht eine gradweise Abstufung zwischen anthropologischer Struktur und Anzahl der Talente. Daß diese Abstufung nicht absolut parallel läuft, dürfte seine Ursache darin haben, daß die Zunahme der Bevölkerung in den einzelnen Provinzen nicht gleichmäßig geblieben und Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung eingetreten sind. So ist es sehr wahrscheinlich, daß Toscana im Mittelalter und in der Renaissance-Zeit relativ mehr blonde Elemente gehabt hat als in der Gegenwart. Piemont, das auch eine Unterbrechung in der Parallelität bildet, ist von allen Provinzen zuletzt in die Geschichte Italiens und damit in seine Produktion von Talenten eingetreten, die noch nicht abgeschlossen sein mag. Von ihm ging die Gründung des neuen Staates aus, und seine Talente sind vielleicht die größten des neueren Italiens: Cavour der größte Staatsmann, Alfieri der größte Dichter, Gioberti der größte Philosoph und Balbo der größte Historiker.

Talente
pr. 1 Mill.
Einw.
Körper-
größe
Rote
Haare
Blonde
Haare
Braune
Haare
Schwarze
Haare
Blaue
Augen
Graue
Augen
Braune
Augen
Schwarze
Augen
Toscana
24,9
164,64
0,7
  9,2
63,3
26,8
10,4
21,1
61,6
  6,9
Venetien
10,4
165,15
0,8
12,6
61,7
24,9
15,7
25,7
52,6
  6,0
Emilia
14,2
163,91
0,5
  7,2
60,8
31,5
  9,4
21,8
60,9
  7,9
Marken
  9,5
162,64
0,6
  7,5
62,7
29,2
10,1
21,2
62,4
  6,3
Lombardei
  7,1
163,15
0,7
10,1
63,1
26,1
13,4
23,8
56,0
  6,8
Ligurien
  7,0
163,00
0,5
10,5
64,0
25,0
10,5
19,3
61,9
  8,3
Latium
  6,6
162,45
0,8
  6,4
60,8
32,0
  8,3
17,9
64,8
  9,0
Umbrien
  5,3
163,03
0,5
  9,0
60,4
30,1
11,7
21,1
59,4
  7,8
Campanien
  4,1
161,30
0,5
  6,8
57,6
35,1
  8,4
17,2
63,2
11,2
Piemont
  2,6
163,20
0,7
12,4
63,9
23,0
13,6
26,4
53,9
  6,1
Calabrien
  1,6
159,36
0,2
  3,8
52,1
43,9
  5,5
14,1
66,2
14,2
Sizilien
  1,4
160,87
0,4
  5,0
56,3
38,3
  7,7
16,0
63,8
12,5
Apulien
  0,6
159,68
0,4
  5,7
57,2
36,7
  7,6
18,8
63,5
10,1
Abruzzen
160,21
0,5
  6,6
62,6
30,3
  8,5
20,0
64,0
  7,5
Basilicata
159,72
0,2
  1,7
43,5
54,6
  4,0
  9,9
66,4
19,7
Sardinien
159,85
0,5
  4,8
59,5
35,2
  6,7
16,4
68,9
  8,0

Anmerkung: Die anthropologischen Angaben entstammen den Listen der italienischen Militär-Sanitäts-Inspektion über die Jahrgänge 1859—1863. — Die Einwohnerzahl der einzelnen Dipartimenti wurde der Volkszählung von 1881 entnommen.

J. Burckhardt führt den Umstand, daß Rom auf allen geistigen Gebieten keine einheimischen Celebritaten aufzuweisen hat, auf die Malaria und die starken Schwankungen der Bevölkerung gerade in den entscheidenden Kunstzeiten zurück, zum größten Teil aber auf den von Jugend an gewohnten Anblick des häufigen Parvenierens durch Protektion. Florenz hätte dagegen eine gesunde, nicht einschläfernde Luft und eine große Stetigkeit gerade in denjenigen Familien gehabt, welche die großen Künstler erzeugten; auch wäre man dort von Jugend an gewohnt gewesen, den Genius und die Tüchtigkeit siegen zu sehen.1) Gewiß haben dergleichen äußere Umstände mitgewirkt, namentlich ist die „Stetigkeit in den Familien“ eine physiologische und soziale Voraussetzung höherer Kultur, aber ausschlaggebend sind immer die angeborenen Rassenanlagen. Nach Rom sind nur relativ wenig Germanen gekommen; am meisten lassen sie sich, wie wir gesehen haben, in den frühmittelalterlichen Adelsfamilien nachweisen. Aber die blutigen Parteifehden und das städtische Leben haben diese Familien schnell erschöpft. Die germanische Einwanderung war eine plötzliche und kurze, es fehlte der langsame und selektorisch wirkende Einwanderungsstrom vom Lande in die Stadt, der die Lücken immer wieder ausfüllt, der bei Florenz sich deutlich nachweisen laßt und ihm die Talente aus den Tälern und von den Hügeln Toscanas zuführte, wo Nachkömmlinge der edlen Goten sich erhalten hatten.

Dazu kommt, daß eine Anzahl von Talenten Roms und Süditaliens nur bedingter Weise in diesen Dipartimenti aufgeführt werden dürfen. Metastasio und Valla werden als „Römer“ bezeichnet, während die Eltern des ersteren aus Umbrien, die des letzteren aus der Lombardei stammten. Aus Norditalien waren ferner die Vorfahren Sannazaros nach Neapel, die Eltern Tassos nach Salerno, die des Becadelli nach Palermo eingewandert.

Auch das Klima kann nicht verantwortlich gemacht werden. Denn zur Zeit der blonden Griechen, Normannen und Schwaben herrschte in Süditalien und Sizilien eine hohe Kultur. Überdies zeigen die Talente Süditaliens mit wenigen Ausnahmen den „tipo biondo“, wie Scarlatti, Bellini, Antonello, Filangieri, Durante, Jomelli, Tasso, Telesio, Troya, Sannazaro usw.

Man könnte einwenden, daß die Germanen in Italien darum mehr und größere Genies als die anderen Rassen hervorbrachten, weil sie als herrschende Schicht die wirtschaftlich und intellektuell günstigsten Entwicklungsbedingungen gehabt haben. Diesem Einwurf gegenüber ist zu betonen, daß die Germanen in Italien ein neues soziales Milieu aus eigener Kraft hervorbringen mußten, und daß die antike Tradition in ihrem Verfall eher eine Hemmung als eine Förderung der angeborenen Anlagen bedeutete. Ferner haben in Italien der Entwickelung des Genies nie Standesvorurteile entgegengestanden; nie hat es eine Epoche in der Geschichte gegeben, wo dem Genie so leichte und freie Bahn der Entfaltung und Ausbildung geboten war, wie in der Renaissance-Zeit. Überdies ist eine nicht geringe Zahl von Talenten aus niederen und einfachsten Lebensverhältnissen hervorgegangen, wie Giotto, Fra Angelico, Fra Bartolommeo, Dovizi, Caravaggio, Vico, Metastasio, Gioberti, Verdi, Donizetti, Monti, Spontini, Rossini.

Die reiche Genie-Produktion der germanischen Rasse kann auch nicht in einer zahlenmäßigen Überlegenheit begründet sein. Denn was die quantitativen Verhältnisse angeht, mit denen sie sich in den verschiedenen Epochen an der Gesamtbevölkerung, Italiens beteiligte, so dürfte sie bis zum elften und zwölften Jahrhundert eine starke Vermehrung erfahren haben. Indes wird sie schwerlich jemals mehr als 20 Prozent des gesamten Volkes ausgemacht haben; doch mochten in Oberitalien und Toscana einige Bezirke 50 Prozent und mehr Germanen aufweisen, während in Süditalien ganze Strecken von ihnen fast freigeblieben waren.

Mit dem Beginn der städtischen Kultur, dem Einwanderungsstrom und dem Auslese-Prozeß in den Städten fängt die Abnahme der Blonden an. Die Ursache liegt viel weniger in der Mischung mit den Brünetten, als in dem Aussterben der Familien, die politisch oder geistig sich auszeichneten. Schon Dante war diese Tatsache nicht unbekannt. Im sechzehnten Gesang des „Paradies“ nennt er eine Reihe edler Geschlechter von Florenz, die im zwölften Jahrhundert in ihren betürmten Häusern sicher wohnten, im dreizehnten Jahrhundert aber schon erloschen waren: Die Ravignani, Pigli, Chiaramontesi, Uberti, Lamberti, Visdomini, Tosinghi, Aliotti, Adimari, Gualterotti, Rusticelli, Amidei, Valori, Donati.

„So staunest Du wohl nicht, noch klagst darum,
Zu hören, daß Geschlechter sich verzehren,
Denn, wie Du siehst, auch Städte kommen um.“

Das Erlöschen der Geschlechter geht auch aus den Forschungen der italienischen Genealogen, wie Litta und Passerini, deutlich hervor, und schon in der Renaissance-Zeit muß das blonde Haar selbst in den vornehmen Kreisen zurückgegangen sein, da vielfach künstliche Mittel angewandt wurden, den Haaren blonde Farbe zu geben.

Krieg und Zölibat haben die germanischen Geschlechter dezimiert. Außerdem zeigt die Familiengeschichte der bedeutenden Männer Italiens, wie das Genie die Blüte, aber in den meisten Fällen auch das Ende der Familie ist. Individualismus und Intellektualismus sind die psychologischen Quellen aller höheren Kulturentwicklung, sie zerstören aber den organischen Bestand der Rasse und leiten schließlich jenen unabwendbaren Prozeß ein, den man die geistige Selbstverzehrung der Völker genannt hat.

Fassen wir die Ergebnisse zusammen:

1. Die nachrömische Kulturgeschichte Italiens ist keine Renaissance des Altertums, wenn auch antike Überlieferung und Zurückgreifen auf antike Vorbilder eine Rolle gespielt haben. Sie ist vielmehr im wesentlichen eine eigenartige Leistung der eingewanderten germanischen Rasse, die in einheitlichem Zusammenhang mit der germanischen Kultur in ganz Europa steht. Von Norden her, namentlich von Frankreich und Flandern, hat Italien wichtige Anregungen und Beeinflussungen erfahren, besonders in Architektur, Musik und Dichtkunst, weniger in Plastik, Malerei und Wissenschaft.

2. Die Germanen haben in Italien die meisten und größten Genies hervorgebracht, abgesehen von einer geringen Zahl von Mischlingen, die teils mehr der nordisch-germanischen, teils mehr den brünetten Rassen sich nähern.

3. Diese Leistung der Germanen ist nicht die Folge günstiger wirtschaftlicher Bedingungen oder einer zahlenmäßigen Überlegenheit, sondern der Ausfluß ihrer höheren natürlichen Begabung.

4. Die Kulturentwicklung Italiens vollzieht sich auf Kosten der blonden Rasse, die von Jahrhundert zu Jahrhundert an Zahl abnimmt. Das Schicksal Roms wiederholt sich.

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1) J. Burckhardt, Geschichte der Renaissance in Italien. 1891. S. 35.

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